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Yilmaz über Balkanroute: „Österreich hat Bosnien im Stich gelassen“ (VIDEO)

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Nurten Yilmaz war als einzige Nationalratsabgeordnete in Bosnien, um sich selbst ein Bild der Lage zu machen. Foto: Ben Owen-Browne (SOS Balkanroute)

Am Donnerstag wird die Balkanroute und Situation von Geflüchteten entlang der bosnisch-kroatischen Grenze ein Thema im Menschenrechtsausschuss des Nationalrates sein.

Grund ist ein Antrag der SPÖ und deren Abgeordneter Nurten Yilmaz, die letztes Jahr gemeinsam mit SOS Balkanroute vor Ort war und sich selbst ein Bild der Lage gemacht hat. Damals war sie nicht nur im Horror-Camp Vučjak, gelegen auf einer alten Müllhalde neben einem Minenfeld, sondern traf auch die lokalen Politiker wie den Bürgermeister von Bihać Šuhret Fazlić.

Gewalt der kroatischen Polizei
In ihrem Entschließungsantrag verlangt Yilmaz ein verstärktes Engagement Österreichs, um die überforderte bosnische Politik zu entlasten, aber auch gegen die Gewalt der kroatischen Polizei gegenüber Geflüchteten vorzugehen. Ihr Antrag stützt sich vor allem auf die Dokumentation des Border Violence Monitoring Networks, einem Zusammenschluss von NGOs die über 500 Fälle von „systematischer Gewalt“ gegen Geflüchtete ausführlich dokumentiert haben. Seit einigen Jahren machen diese immer wieder auf die Verletzung von Menschenrechten entlang der kroatischen EU-Außengrenze aufmerksam.

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„Menschenrechte sind unteilbar. Wenn in Österreich so etwas passieren würde und die Polizei so mit Menschen umgehen würde, dann wäre ich Kroatien genauso dankbar, wenn die uns sagen würden: ‚Hey, so geht das nicht!'“, sagt Nurten Yilmaz im Video-Interview für SOS Balkanroute.

Forderung auch an Zadić
Obwohl alle Parlamentsparteien bis auf die FPÖ die gleiche Dokumentation wie Yilmaz erhalten haben, ist Yilmaz die erste Nationalratsabgeordnete, die das Thema ins Parlament bringt. „Es ist wichtig, dass wir darüber sprechen was dort passiert. Und es ist wichtig, dass man diese Bilder auch hier sieht“, so die SPÖ-Abgeordnete.

Hier das Interview mit Nurten Yilmaz:

Im Antrag verlangt Yilmaz vor allem ein stärkeres Engagement des Innenministers, des Außenministers und der Justizministerin Alma Zadić, die als einziges Regierungsmitglied bisher offiziell die Dokumentation überreicht bekommen hat. Diese wurde ihr von zahlreichen AktivistInnen aus dem Umfeld von SOS Balkanroute sowie von der bekannten bosnischen Flüchtlingshelferin Zehida Bihorac übergeben. Dabei schilderte Bihorac Zadić zahlreiche Fälle von Gewalt, unter anderem auch den eines 16-jährigen jungen Afghanen, dem von Polizeihunden das Ohr abgebissen wurde.

Das Ergebnis der Gespräche mit Justizministerin Alma Zadić: 👉 Die Justizministerin hat von uns über 500 Fälle von…

Gepostet von SOS Balkanroute am Samstag, 20. Juni 2020

SOS Balkanroute: „Wichtiges Zeichen“
Die NGO SOS Balkanroute, die dieses Jahr auch den Ute-Bock-Preis für Zivilcourage bekommen hat, begrüßt den Antrag von Yilmaz und erinnert daran, dass diese „die erste Nationalratsabgeordnete war, die dem Ruf nach Bosnien gefolgt ist“. „Sie ist bisher die einzige Abgeordnete, die mit uns unten vor Ort war und sich selbst ein Bild gemacht hat in den Horrorlagern von Bosnien. Ihr Antrag ist ein wichtiges Zeichen und ein wichtiger Schritt, damit niemand mehr sagen kann, dass man im höchsten Haus Österreichs nichts davon gewusst hat, was sich im Namen von uns allen für schreckliche Bilder abspielen“, so Petar Rosandić, Obmann von SOS Balkanroute.

Demo vor der kroatischen Botschaft
Am Samstag wird es einen Großprotest der Plattform für menschliche Asylpolitik geben, der um 14 Uhr am Wiener Karlsplatz beginnt. Dabei wird die Demo mit einem „Walk of shame“ beginnen, der nicht nur zur griechischen und afghanischen, sondern auch zur Botschaft der Republik Kroatien führt.