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MENSCHENRECHTE

„Alarm Phone Austria“: Neue Helpline gegen widerrechtliche Rückweisungen an der Grenze

"Alarm Phone Austria": Neue Helpline gegen widerrechtliche Rückweisungen an der Grenze (FOTO: iStock/Symbolfoto)

Mit 8.2.2021 geht eine von Aktivisten und Aktivistinnen organisierte Helpline in Betrieb, die Schutzsuchende unmittelbar nach dem Überqueren der Grenze in Österreich dabei unterstützen will, den Kontakt zu der nächstgelegenen Polizeistelle herzustellen, bei der ein Asylantrag gestellt werden kann.

Seit Monaten berichten internationale Menschenrechtsorganisationen, dass die Polizei im südsteirischen Grenzgebiet Personen nach Slowenien widerrechtlich zurückweist, obwohl diese klar um Asyl gebeten haben und damit vorübergehend aufenthaltsberechtigt sind. Laut diesen Berichten folgt darauf unmittelbar eine Kettenabschiebung über Kroatien bis nach Bosnien binnen 48 Stunden. „Die katastrophale Situation in bosnischen Geflüchtetenlagern und wilden Camps ist allgemein seit langem bekannt“, sagt die Politikwissenschaftlerin Monika Mokre, Aktivistin bei Push-Back Alarm Austria. „Dass sich dort auch Menschen wiederfinden, deren Recht auf einen Asylantrag in Österreich missachtet wurde, ist unerträglich.“

Push-Backs – sofortige Zurückweisungen an der Grenze ohne die Möglichkeit einen Asylantrag zu stellen – sind gesetzeswidrig. Daher möchte der Push-Back Alarm Austria als Alarmtelefon agieren und zugleich eine Beobachter*innenrolle einnehmen, um Menschenrechtsverletzungen und rechtswidrige Push-Backs zu verhindern und zu dokumentieren.

So fuktioniert „Alarm Phone Austria“
“Menschen, die internationalen Schutz benötigen und auf österreichischem Staatsgebiet ankommen, können die Hotline anrufen und ihren Standort durchgeben. Diese informiert danach die nächstgelegenen Polizeistation, dass sich Personen auf österreichischem Boden befinden, die um Asyl ansuchen wollen. Falls sich Personen gerade jetzt im Winter in einer Notsituation befinden, kann auch die Rettung verständigt werden”, sagt Klaudia Wieser Aktivistin bei Push-Back Alarm Austria.

Alarm Phone Austria (FOTO: zVg.)

Jeder hat das Recht auf Verfahren
Jeder Mensch, der in Österreich Asyl beantragen wolle, habe das Recht auf ein Verfahren, „in dem zumindest geklärt wird, ob Österreich zuständig ist oder nicht“, betonte der Anwalt Clemens Lahner. Nicht zulässig sei, wenn jemand, der Asyl benötigt, ohne Prüfung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurückgeschickt werde.

„Die rechtliche Lage ist hier ganz klar“, erläutert der Anwalt, „Wenn für Polizeibedienstete der Eindruck entsteht, dass eine Person beabsichtigt um internationalen Schutz anzusuchen, dann muss dazu auch formal die Möglichkeit geboten werden. Wer um internationalen Schutz ersucht, hat von Gesetzes wegen ein sofortiges Aufenthaltsrecht bis zum Abschluss des Verfahrens vor der Asylbehörde“.

Doch auch wenn jemand nach Slowenien zurückgewiesen wird, ist ein rechtsstaatliches Verfahren einzuhalten und die betroffene Person über ihre Rechte aufzuklären.

Hohe Anzahl an Rückweisungen
In der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage am 20.1.2021 spricht das Innenministerium von 494 Rückweisungen nach Slowenien, 421 davon an der steirischen Grenze. Innenminister Nehammer bestätigt, dass auch unbegleitete Minderjährige an der Grenze zurückgewiesen wurden. 547 Rückweisungen erfolgten nach Ungarn. Ein hoher Anteil der österreichweit zurückgewiesenen Personen stammt aus Diktaturen, Krisen- und Kriegsgebieten wie Syrien, Irak, Iran und Afghanistan. Wie viele dieser Personen ohne die Einhaltung der vorgeschriebenen Verfahren zurückgewiesen wurden, ist derzeit noch nicht bekannt.

Die Initiatoren und Initiatorinnen von Alarm Phone Austria erhoffen sich auch, dass die österreichische Rolle im Zusammenhang mit Kettenabschiebungen bis Bosnien genauer beleuchtet und dokumentiert wird.