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Alle gemeinsam gegen Rassismus, Hetze, Nationalismus & Gewalt

FOTO: KOSMO

Gestern Abend versammelten sich die SPÖ-Vertreter, Kristina Radosavljević, Martin Jurić, Ahmed Husagić und Zlatko Barić auf der Ottakringer Straße um auf die Missstände in der Wiener Balkan-Community aufmerksam zu machen, die im Zuge der WM-Ausschreitungen auf der beliebten Fanmeile ihren Höhepunkt erreichten.

Ziel ist es, die Gesellschaft ein für allemal für dieses Thema zu sensibilisieren, und dagegen anzukämpfen. Das Problem daran ist vor allem, dass all jene, die nichts mit derartigen Hassparolen zu tun haben wollen, nicht zu Wort kommen…

KOSMO: Auf seiner Facebookseite hat Herr Husagić geschrieben, dass es nicht nur um Verherrlichung des Massenmordes von Srebrenica ginge, sondern auch um den Aufruf zu weiteren Morden. Viele Jugendliche wissen aber nicht, was das Ganze überhaupt zu bedeuten hat. Können wir dann überhaupt von einem Aufruf zum Mord sprechen?
Kristina Radosavljević: Unwissenheit ist keine Ausrede. Natürlich wissen manche nicht, wofür diese Worte stehen, aber eben deswegen soll man sie darauf aufmerksam machen, sobald solche Exzesse passieren, damit sie nie wieder Dinge, wie diese sagen. Das Ziel ist es nicht, solche Fälle schweigend zu beobachten, sondern sofort zu reagieren und klare Botschaften zu schicken, dass das nicht in Ordnung ist.
Martin Jurić: Deswegen müssen wir uns aktivieren und solches Verhalten strengst verurteilen. Und nicht nur wir, sondern auch die Polizei. Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Fälle wieder vorkommen. Wir wohnen alle zusammen hier – Serben, Kroaten, Bosniaken und das ist eben der Grund, dass Dinge wie diese hier nicht stattfinden dürfen. Zudem gibt es keinen vernünftigen Grund für die Verherrlichung eines Massenmordes. Und nicht nur hier, sondern auch in der restlichen Welt. Denn das ist schrecklich und darf nirgends unterstützt werden. Egal, ob Jugendliche wissen, was die Worte bedeuten, ob sie zehn Jahren nach dem Krieg geboren wurden und ihn nie erlebt haben, dürfen sie sich nicht so verhalten. Auch wenn Rapid gegen Austria spielt und ihre Fans randalieren, werden sie verhaftet und bestraft. So soll bei jedem Verbrechen sein, egal wer randaliert.
Ahmed Husagić: Sie können ein Verbrechen nicht verherrlichen ohne neue heraufzubeschwören. Da sie eben gegen Menschen skandieren, die neben und mit ihnen wohnen, arbeiten etc. Daher ist es wichtig, dass nicht nur die Polizei, sondern die ganze Gemeinschaft reagiert. Außerdem wissen alle, was das Wort „töten“ bedeutet und Aufruf zum Mord ist laut österreichischem Gesetz eine Straftat.

Herr Husagić hat auf seiner Facebookseite ebenfalls geschrieben, dass die Änderungen bezüglich der Bestrafungsmaßnahmen auf dem parlamentarischen Niveau unternommen werden sollen. Inwiefern?
Martin Jurić: Es gibt sehr wohl Gesetze, die Strafen für solche Verbrechen vorschreiben. Die Polizei muss sich aber mit der Vollstreckung dieser Gesetze auskennen und auf Vandalismus, Hetze und Mordaufrufe sofort reagieren. Denn die Bilder von diesen Geschehnissen kursierten nicht nur in den lokalen sondern auch in den Medien über unsere Landesgrenzen hinaus.

Was das Bewusstsein derartiger Hassparolen betrifft – sollen dafür eventuell bestimmte Änderungen an Schulen unternommen werden?
Ahmed Husagić: Das ist eben der wichtigste Punkt. An Wiener Schulen gibt es viele Jugendliche mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien. Sie alle lernen Geschichte, aber die Geschichte von Jugoslawien, vor allem vom Krieg in Jugoslawien, der nach dem Zweiten Weltkrieg der größte und blutigste in Europa war, lernen sie kaum. Aus diesem Grund entwickelt sich ein sehr großer Spielraum für Eigeninterpretation, ohne dass diesen Kinder irgendjemand erklärt, was wirklich passiert ist. Ich denke, es wäre äußerst wichtig, über den Krieg in Jugoslawien in den Schulen zu sprechen, denn der Krieg passierte direkt vor den österreichischen Türen und ist dadurch nicht zu ignorieren. Er hat sehr wohl auch seine Spuren an der österreichischen Gesellschaft hinterlassen.

Die Geschehnisse während der WM-Übertragung waren wirklich extrem. Aber die Diskriminierung findet auch im alltäglichen Leben statt. Zwar nicht so offensichtlich, aber dennoch…Welche Maßnahmen können hier ergriffen werden?
Ahmed Husagić: Migranten in ihrer Gesamtheit haben das Problem der Diskriminierung. Unlängst haben wir das am Beispiel von Alma Zadić gesehen. Dasselbe würde auch einem Serben oder Kroaten passieren. Und anstatt, dass wir alle gemeinsam und vereint gegen dieses Problem kämpfen, streiten wir dazu noch untereinander. Wegen solcher Einzelpersonen in unserer Community, die ständig Hasspredigen verbreiten, vergeuden wir wertvolle Kraft und Zeit im Kampf gegen Diskriminierung. Wir sollten uns vereint für unsere Rechte hier stark machen. Es ist äußerst wichtig, dass Menschen mit Migrationshintergrund im Parlament vertreten sind. Und das derzeitige Eisbrechen ist natürlich schwierig, aber sehr wichtig, bis man sich an „ić“-Nachnamen gewöhnt hat. Natürlich lieben wir unsere Herkunftsländer, ganz normal sowie wir auch andere Länder mögen können, aber das Wohl der österreichischen Gesellschaft steht bei uns an der ersten Stelle. Österreich ist eine bunte Gesellschaft, die nur funktionieren kann, wenn wir alle untereinander friedlich koexistieren.
Martin Jurić: In Parlament jedes Landes herrscht ein gewisses Bild über eine Gesellschaft. Das Problem mit unserer Gemeinschaft im Parlament ist es, dass es zu wenige Menschen mit Wurzeln in Jugoslawien im Parlament gibt. Alleine in Wien gibt es 330.000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien und nur einen Vertreter im Parlament. Das ist bei weitem nicht genug, um unsere Rechte und Gleichheit zu verlangen. Auf der anderen Seite ist es die österreichische Gesellschaft auch nicht gewohnt, dass wir im Parlament vertreten sind und somit aktive Mitglieder der österreichischen Gesellschaft sind. Wenn es mehrere von uns im Parlament gäbe, hätte Alma so einen bösartigen Kommentar nicht einstecken müssen.

Was können Sie in ihrer Partei unternehmen, damit solche Fälle nicht mehr passieren? 
Ahmed Husagić: Wir haben eine parlamentarische Anfrage geschickt, anhand welcher wir sehen wollen, ob die verantwortlichen Randalierer verhaftet und verurteilt wurden. Wir wollen Aktionen, wie diese heute organisieren, damit wir jeden von uns dazu bewegen, solche Geschehnisse zu reflektieren und über ihr eigenes Verhalten nachzudenken. Außerdem sollen die Jugendlichen, die die Bedeutung von „Messer, Draht, Srebrenica“ und anderen Mordaufrufen nicht kennen, darauf aufmerksam gemacht werden, was dies zu bedeuten hat. Diejenigen, die aber wissentlich derart vorgehen, sollen strengst bestraft werden. Beim ersten Mal sollte man eine Geldstrafe verhängen, genauso wie im Verkehr. Wir, in der SPÖ Ottakring, haben mit den Besitzern der Lokale gesprochen, weil sie solche Skandale auch stören. Wir wollen demnächst ein Plakat erstellen, das verschiedene Punkte für eing utes Verhalten enthält – quasi als Maßstab. Auf der Ottakringerstraße leben Menschen, die in einer normalen, ruhigen Umgebung wohnen wollen. Daher werden die Besitzer in Zukunft drei Mal das Ende des Abends in Form einer Durchsage bekanntgeben und Musik letztendlich abdrehen. Es muss jedem klar sein, dass die Straße mitten in der Stadt ist, wo Ordnung herrschen muss. Ein Treffen sollte nächste Woche stattfinden, im Zuge dessen das Konzept der Plakate entworfen werden soll sowie eine Art von Emblem, das das gute Verhalten unterstützen sollte.
Zlatko Barić: Es ist äußerst wichtig, dass wir der gesamten Gesellschaft zeigen, dass Hooligans nur ein kleiner Teil unserer Gemeinschaft sind und nicht der Großteil. Dieser unterstützt solch ein verbrecherisches Verhalten nicht und verurteilt es gar. Außerdem ist es Zeit, dass dieser Großteil nicht mehr bei solchen Ereignissen schweigt, sondern immer laut gegen sie reagiert. Und das ist der erste und allerwichtigste Schritt! Die Abläufe nicht mehr schweigend zu beobachten, sondern sofort und streng gegen sie zu agieren.