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Alkoholismus

„Alleine hätte ich es nicht geschafft“: Alkoholprogramm feiert 10-jähriges

People at group therapy session indoors, closeup
FOTO: iStock/Liudmila Chernetska

Das Programm „Alkohol. Leben können“, welches ursprünglich 2014 unter dem Namen „Alkohol 2020“ gestartet wurde, hat sich in Wien zu einem festen Bestandteil der Gesundheitsversorgung entwickelt. Seit 2017 trägt es seinen aktuellen Namen und wurde 2019 endgültig in den Regelbetrieb integriert. In diesem Zeitraum wurden über 13.600 Personen im Alter von 18 bis 88 Jahren beraten, versorgt und behandelt.

Kooperation als Schlüssel zum Erfolg

Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg des Programms ist die enge Zusammenarbeit verschiedener Institutionen. Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen in Wien, hebt hervor, dass der erleichterte Zugang zu Gesundheitsleistungen maßgeblich durch die Kooperation zwischen Stadt Wien, Österreichischer Gesundheitskasse (ÖGK) und Pensionsversicherungsanstalt (PVA) ermöglicht wurde: „In Zeiten multipler Herausforderungen stellen wir einen erhöhten Bedarf an unterstützenden Angeboten fest.“

Ewald Lochner, MA, Kaufmännischer Leiter der Psychosozialen Dienste in Wien, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien
Ewald Lochner, MA, Kaufmännischer Leiter der Psychosozialen Dienste in Wien, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien – FOTO: Wirlphoto

Alkohol bleibt eine Herausforderung

Österreich zählt trotz eines Rückgangs des Alkoholkonsums in den letzten Jahren weiterhin zu den Ländern mit hohem Alkoholkonsum. Laut Regina Walter-Philipp, der ärztlichen Leiterin der Suchthilfe Wien, sind etwa fünf Prozent der Bevölkerung alkoholkrank, während weitere 14 Prozent gefährdet sind, eine Abhängigkeit zu entwickeln. Walter-Philipp betont: „Eine frühzeitige Abklärung und Behandlung sind entscheidend. Das Programm „Alkohol. Leben können“ bietet umfassende Unterstützung und individuelle Behandlungspläne.“ Die maßgeschneiderten Behandlungspläne für die Betroffenen werden in regionalen Kompetenzzentren erstellt. Diese Zentren übernehmen auch notwendige bürokratische Aufgaben und erleichtern so den Zugang zur Behandlung.

Erfolg und wirtschaftliche Auswirkungen

Die Österreichische Gesundheitskasse, Mitinitiatorin des Projekts, zeigt sich zufrieden mit dem Erfolg des Programms. Martin Heimhilcher von der ÖGK in Wien erklärt: „Dank des Fokus auf ambulante Betreuung können Betroffene leichter wieder in die Erwerbstätigkeit integriert werden, und das Programm ist für die Patienten in der Regel kostenlos.“

Das Institut für Höhere Studien (IHS) hat das Programm evaluiert und kommt zu positiven Ergebnissen. Siegfried Eisenberg von der Forschungsgruppe Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik des IHS fasst zusammen: „Etwa 40 Prozent der Patienten zeigen eine Verbesserung des somatischen Gesundheitszustandes und 53 Prozent eine Änderung im Konsumverhalten. Die Teilnehmer des Programms treten im Schnitt drei Jahre später in den Ruhestand als Vergleichsgruppen.“ Dies bestćtigt auch eine anonyme 24-jährige Klientin: „Alleine hätte ich es nicht geschafft.“

Sad caucasian millennial female sits on sofa suffering from stress and troubles, focus on bottle and glass of wine in home interior. Alcoholism, drinking alone, depressed, addicted to alcohol at home
FOTO: iStock/Prostock

Aktuelle Zahlen

  • 5% der österreichischen Bevölkerung sind alkoholkrank, weitere 14% sind gefährdet, abhängig zu werden
  • Problematischer Konsum: insgesamt 15% der erwachsenen Bevölkerung (19% der Männer, 11% der Frauen)
  • für Wien bedeutet das: 280.000 Personen mit problematischen Konsum, 100.000 Personen mit Alkoholabhängigkeit
  • Lebenszeitprävalenz Alkoholerkrankung: 14% Männer, 6% Frauen
  • größte Gruppe mit Alkoholerkrankung ist zwischen 45 und 55 Jahre alt
  • Alkoholkonsum in Österreich nimmt mit dem Alter zu
  • sowohl Alkoholkonsum als auch Rauscherfahrungen sind bei Schüler*innen seit Beginn der 2000er rückläufig
  • 6% der 16- bis 20-Jährigen problematischer Alkoholkonsum, 45 % (fast) abstinent

Zukunftspläne: Digitale Unterstützung

Ab dem vierten Quartal 2024 soll das Programm um digitale Anwendungen erweitert werden, um die Kommunikation zwischen Behandlern und Patienten zu vereinfachen. „Die App unterstützt bei Terminverwaltung, Medikamentenerinnerungen und der Selbsteinschätzung des Wohlbefindens der Patienten“, erläutert Lochner.

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1980 in Wien geboren, bin ich seit 2005 im Medienbereich tätig. Aufgewachsen in drei Sprachen (deutsch, serbo-kroatisch, wallachisch) sind Interkulturalität, Integration und Diversität nicht nur Fremdwörter sondern, genauso wie Medien, große Teile meines Lebens.