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CORONAVIRUS

Anschober kündigt Phase 4 an: was uns in den nächsten Monaten erwartet

(FOTO: BKA/Andy Wenzel)

Nachdem Kanzler Kurz am Montag eine Rede zur Lage der Nation im Hinblick auf den Herbst und Winter hielt, trat Gesundheitsminister Anschober heute vor die Öffentlichkeit, um die Phase 4 im Kampf gegen das Coronavirus einzuläuten.

Laut Anschober handle es sich bei der Corona-Pandemie um eine Pandemie, die die Welt seit hundert Jahren nicht gesehen hatte. Gleiches gelte für den Wirtschaftseinbruch. Ferner betonte der Gesundheitsminister, dass Österreich im Vergleich sehr gut durch die Krise gekommen sei, gestand jedoch Fehler zu Beginn der Pandemie (Stichwort: Ischgl) ein. Mit Mitte März habe man dann die richtigen Maßnahmen gesetzt, die dank der Beteiligung der Bevölkerung zum Erfolg im Kampf gegen das Coronavirus geführt.

„Alle Bewohner im Land haben es verstanden und haben es gelebt. Das ist großartig“, lobt Anschober die Bürgerinnen und Bürger. Diese Säulen des Erfolgs, die uns durch die Krise im Frühjahr brachte, müssen wir uns wieder ins Gedächtnis rufen, um gut durch den Herbst und Winter zu kommen, fügte er hinzu. Auch wenn die letzten Monate große Belastungen, Entbehrungen und zahlreiche Corona-Verordnungen mit sich brachten, wovon „drei davon in Kritik kamen“, so hofft Anschober auf ein Medikament bzw. eine Impfung, die schnell Abhilfe bringen sollen.

„Weitgehend unvorbereitet getroffen“
Der Gesundheitsminister erklärte, dass uns die Corona-Pandemie „weitgehend unvorbereitet getroffen“ habe. Nach den ersten Fällen habe man jedoch rasch Regierung und den Lock-Down rechtzeitig ausgerufen. Laut dem Simulationsexperten Niki Popper hätte eine Woche längeres Zuwarten mit dem Lock-Down eine Vervierfachung der Infektionen mit sich gebracht, zitierte Anschober.

Reiserückkehrer nicht der primäre Grund
Nach einem Tiefstand der Infektionen vor dem Sommer, so habe die Urlaubszeit, die Phase 3, zu einem starken Anstieg geführt. Allerdings sei bereits jetzt ein Rückgang der Infektionen zu sehen. Die derzeitige Situation sei laut Anschober jedoch nicht beunruhigend, da man die Ansteckungen nachvollziehen könne. Es gebe viele kleinere Cluster im Familienbereich bzw. bei privaten Veranstaltungen, die jedoch aller unter Kontrolle seien.

In weiterer Folge gab es auch viele Fälle, die auf Reiserückkehrer zurückzuführen seien. „Das ist nicht der prioritäre Grund für erhöhte Zahlen“, fügte Anschober jedoch hinzu. Man habe trotzdem eine auf eine erhöhte Kontrolle und Reisewarnungen gesetzt, um Einschleppungen zu verhindern. Seit April hat sich eine drastische Veränderung des Durchschnittsalters der positiv Getesteten abgezeichnet. Während es im Frühjahr noch 59 Jahre belief, so liegt es in den letzten Wochen bei rund 30 Jahren.

Höhere Zahlen auch durch mehr Tests
Insgesamt wurden in Österreich bereits mehr als 1,2 Millionen Tests durchgeführt. „Logisch, dass Zahlen steigen, eine Mitursache… nicht der einzige Grund“, so Anschober. Auch wenn man seit Beginn der Pandemie viel über das Coronavirus lernen konnte und sich die Behandlungsmethoden verbesserten, so würden die „zentralen Gegenmittel“ jedoch unverändert bleiben: soziale Kontakte reduzieren, Abstand halten, Handhygiene und der Mund-Nasen-Schutz, wo notwendig.

Phase 4: eine Herausforderung
Laut Anschober wird die nächste Phase der Corona-Pandemie eine Monate lang dauern und uns vor große Herausforderungen stellen. Vor allem da in den Herbst- und Wintermonaten auch andere Erkrankungen dazukommen, die den Symptomen einer Covid-19-Erkrankung ähneln und die Unterscheidung schwierig machen wird. Allerdings würden die 4 „zentralen Basismaßnahmen“: Hygiene, Abstand, MSN und Social Distancing auch gegen andere Infektionskrankheiten schützen. Man müsse eine zweite Welle mit aller Kraft vermeiden, da die Geschichte anderer Pandemien, wie jene der Spanischen Grippe, zeigte, dass die zweite Welle viel schwerwiegender gewesen als die erste sei.

Corona-Ampel: „Rot bedeutet nicht Lock-Down
In Zukunft wird man in Österreich nicht nur Zahlen beobachten, sondern auch andere wichtige Faktoren mit einfließen lassen. Alles zusammen wird schlussendlich für die Ampelfarbe ausschlaggebend sein. Neben den Neuinfektionen stellen auch die Anzahl der Testungen, eine Cluster-Analyse und die Kapazitäten des Gesundheitsministerium wichtige Indikatoren für die Bewertung der Situation dar. Für alle Punkte gibt es Schwellenwerte, die bei Überschreitung zur Folge haben, dass die Corona-Kommission tagt. Dabei wird dann über das weitere Vorgehen in der jeweiligen Region entschieden und die Ampelfarbe angepasst.

Anschober sieht im Ampelsystem einen „Schub an Transparenz“, „weil am Freitag öffentlich gemacht wird, was sind Empfehlungen, wie soll Ampel geschaltet werden und was die Konsequenzen und die Kriterien dafür waren.“ Der Gesundheitsminister fügte außerdem hinzu, dass eine rote Ampelfarbe keinem sofortigen Lock-Down gleichkomme, da bei allen Einschränkungen von Grundrechten der das Parlament eingebunden werde. Weitere Details zur Ampel werden am Freitag präsentiert.

Wintertourismus, Schule & Veranstaltungen
Nachdem man negative Erfahrungen mit dem Wintertourismus gemacht habe, arbeite man derzeit mit Hochdruck an Konzepten, um größtmögliche Sicherheit gewährleisten zu können. Außerdem kündigte Anschober über Österreich hinausgehende Pläne für Zusammenarbeit an. Bis Ende September sollte das Gesamtkonzept für den Tourismus stehen.

Bezüglich des Schulbeginns zeigt sich der Gesundheitsminister einer Meinung mit Bildungsminister Faßmann: „Es wird keine großen Schulschließungen mehr geben. Wir sind jetzt gut vorbereitet und wissen, wir wir reagieren.“ Mit 1. September sind in Österreich auch wieder große Veranstaltungen erlaubt. Hier wird man in den kommenden Wochen und Monaten genau hinsehen und die jeweiligen Entwicklungen evaluieren und bei Bedarf eingreifen. Man wolle dem Ganzen „jedoch eine Chance geben“, so Anschober.

Impfstoff ab Jänner, Februar?
Insofern die Zusagen der Produzenten der Impfstoffe eingehalten und die Zulassungen bis dahin abgeschlossen seien, so könnte man bereits im Jänner mit den ersten Impfungen gegen Corona starten. Hierfür müssen jedoch diese beiden Voraussetzungen auf jeden Fall erfüllt werden.

Zwischen Dezember und März wäre die Grippesaison auch auf ihrem Höhepunkt, weshalb eine Impfung eine große Entlastung darstellen könne. Laut Anschober sehe es „derzeit ganz gut aus“, dass Österreich zum Jahreswechsel 600.000 Impfdosen für 300.000 Menschen erhalten werde. Plan ist es, mit Impfung des medizinischen Personal und im Pflegebereich zu beginnen. Privatpersonen soll eine Impfung ab Sommer 2021 möglich gemacht werden.