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Cäsium-137

Atombehörde warnt: AKW Saporischschja ist Atomunfall „gefährlich nahe“

(FOTO: iStock/OlyaSolodenko/EPA-EFE/MAX SLOVENCIK)
(FOTO: iStock/OlyaSolodenko/EPA-EFE/MAX SLOVENCIK)

Alarmierende Warnungen seitens der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) legen nahe: Die Gefahr eines Atomunfalls im von russischen Truppen besetzten Kernkraftwerk Saporischschja ist nicht zu unterschätzen. Experten befürchten, dass bei einer Freisetzung von 20 Prozent des radioaktiven Cäsium-137 aus einem der sechs Reaktoren eine Sperrzone unvermeidlich wäre. Laut Nikolaus Müllner, dem Leiter des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften der BOKU, könnte eine solche Katastrophe nicht nur die unmittelbare Umgebung des Kraftwerks, sondern auch angrenzende Länder betreffen.

Cäsium-137: Unsichtbare Gefahr

Während Österreich mit einer 0,04-prozentigen wetterbedingte Wahrscheinlichkeit von einer Verstrahlung durch Cäsium-137 verschont bleiben dürfte. Für Österreichs Nachbarländer sieht die Prognose allerdings düsterer aus. Müllners Berechnungen suggerieren, dass eine Verstrahlung mit geringerer Intensität, die dennoch schwerwiegende Folgen für Landwirtschaft, Wildtiere und Pilze nach sich ziehen würde, in einer wesentlich größeren Region und auch außerhalb der Ukraine wesentlich wahrscheinlicher ist. Diese Bedrohung hängt wie ein Damoklesschwert über Staaten wie Russland, die Republik Moldau, und mit geringerer Wahrscheinlichkeit auch über Polen, der Slowakei, Rumänien, Ungarn und der Tschechischen Republik.

Die Risiken von Kriegshandlungen

Müllner geht davon aus, dass eine unfreiwillige Beschädigung des Kernkraftwerks durch den Konflikt realistischer ist als eine vorsätzliche Zerstörung durch Raketenbeschuss. Das österreichische Bundesheer teilt diese Einschätzung und sieht in der Zerstörung eines Kernkraftwerks keinen taktischen Vorteil für die Kriegsparteien. Trotz der Kaltabschaltung der Reaktoren, die bei einem versuchten Eingriff einen Zeitpuffer von 10 bis 20 Tagen bieten könnte, bleibt die Gefahr einer Kernschmelze bei ausbleibendem Krisenmanagement durch anhaltende Kampfhandlungen bestehen.

Internationale Besorgnis um Saporischschja

Rafael Grossi, Generaldirektor der IAEO, hob die Dringlichkeit der Lage hervor, als er von „sehr realen“ Gefahren eines schweren nuklearen Unfalls sprach – eine Gefahr, die nach Angriffen auf das Kraftwerk am 7. April 2023 wieder in greifbare Nähe gerückt ist. Beide Seiten, die Ukraine sowie Russland, weisen sich gegenseitig die Schuld zu. Grossis Appell an die Stoppung der „rücksichtslosen Angriffe“ und der Forderung nach freiem Zugang für IAEO-Teams zur Beurteilung des Kraftwerkzustands.