Eine Reise nach Paris. Das ist der Lebenstraum von Florin Beqiri, Buchstandbetreiber in Prishtina.Bislang ist die Reise am Visaregime der EU gescheitert. Und an der Politik seiner Heimatstadt.
Eine Traube Menschen hat sich Florin Beqiris Bücherstand gewidmet. Der besteht aus drei Gartentischen, die Florin nebeneinander gestellt hat. Bemerkenswerterweise bilden die Tischflächen eine gerade Ebene.

Auf diesem Platz, der zugleich sein Ende ist, ist der leicht abschüssige Bulevardi Nënë Tereza im Zentrum Prishtinas eben. Rund um den Platz haben vier Buchhändler ihre Stände aufgestellt.
Es sind ein paar Touristen und die Eltern von Studenten, die Florins Buchstand belagern.
Die Touristen gehen bald wieder. Für die Studenten-Eltern fischt Florin nach gebrauchten Uni-Büchern.
Es ist Anfang September, Hochsaison für die Buchhändler. „Jetzt verkaufen wir vor allem Bücher für die Universität“, sagt Florin.
Seit heuer führen einige Kollegen auch gebrauchte Schulbücher. Die waren bis zum Vorjahr gratis, seit diesem Schuljahr müssen Eltern im Kosovo dafür bezahlen, sagt Florin. Für gebrauchte Exemplare ist ein ziemlicher Markt entstanden, ähnlich wie Bosnien.
„Ich selber hab aber keine Schulbücher“, sagt er und verschwindet in Richtung Bücherlager in seinem in der Nähe abgestellten Auto.
„Bücher sind hier sehr teuer“
Ein Kunde, ein Bekannter, hat mehrere Romane von Gabriel Garcia Marquez bei ihm bestellt. Florin kehrt mit einem Packen Bücher zurück. Es sind Übersetzungen in die Sprache ohne Namen.
„Meine Mutter ist Bosnierin, daher kann ich die Sprache“, sagt Florins Bekannter und lächelt. Er ist unter 40. In seiner Generation sind viele Kosovaren stolz darauf, die Sprache nicht mehr zu können. Die Älteren haben selten ein Problem, sie zu verwenden.

Es sind ein paar Touristen und die Eltern von Studenten, die Florins Buchstand belagern.
Die Touristen gehen bald wieder. Für die Studenten-Eltern fischt Florin nach gebrauchten Uni-Büchern.
Es ist Anfang September, Hochsaison für die Buchhändler. „Jetzt verkaufen wir vor allem Bücher für die Universität“, sagt Florin.
Seit heuer führen einige Kollegen auch gebrauchte Schulbücher. Die waren bis zum Vorjahr gratis, seit diesem Schuljahr müssen Eltern im Kosovo dafür bezahlen, sagt Florin. Für gebrauchte Exemplare ist ein ziemlicher Markt entstanden, ähnlich wie Bosnien.
„Ich selber hab aber keine Schulbücher“, sagt er und verschwindet in Richtung Bücherlager in seinem in der Nähe abgestellten Auto.
„Bücher sind hier sehr teuer“
Ein Kunde, ein Bekannter, hat mehrere Romane von Gabriel Garcia Marquez bei ihm bestellt. Florin kehrt mit einem Packen Bücher zurück. Es sind Übersetzungen in die Sprache ohne Namen.
„Meine Mutter ist Bosnierin, daher kann ich die Sprache“, sagt Florins Bekannter und lächelt. Er ist unter 40. In seiner Generation sind viele Kosovaren stolz darauf, die Sprache nicht mehr zu können. Die Älteren haben selten ein Problem, sie zu verwenden.
„Manchmal stellen Leute auch Bücher einfach auf die Straße. Hier stellt man alles einfach auf die Straße.“
Florin Beqiri, Buchhändler
Bücher, so viel wie ein Bus zu fassen vermag
Den Rest besorgt er in den Nachbarländern. Mit dem Bus geht’s nach Albanien, Serbien oder nach Montenegro. Und gerne ins nur zwei Stunden entfernte Skopje. Die Fahrt kostet 9,20 Euro.
„Bücher sind im Kosovo leider viel zu teuer. Das sage ich nicht nur als Buchhändler sondern auch als Leser. In den Nachbarländern bekommt man sie viel billiger“, sagt Florin. Vor allem auf Büchermärkten und seltener auf Buchmessen. „Dort kosten gebrauchte Bücher oder Mängelexemplare ein bis fünf Euro. Hier sind es acht bis zehn.“
Neudrucke von Klassikern auf Englisch kriegt man in Skopje um 2,50 Euro, schildert der Händler.
Neudrucke auf Albanisch kosten in Prishtina bis zu 15 Euro. Der Markt für albanischsprachige Bücher ist klein. Und Zölle sind eine der Haupteinnahmequellen des Kosovo.
In den Nachbarländern kauft Florin, was er eben tragen oder auf eine Rodel laden kann. Busfahrer am Balkan sind gewohnt, größere Lasten zu befördern.
Florin war noch nie in der EU
Weiter als Bosnien ist der diplomierte Montanist Florin in seinen 18 Jahren als Buchhändler auf seinen Einkaufreisen nicht gekommen. Nicht einmal ins nahe gelegene Griechenland.
„Wir brauchen ein Visum für die EU und das ist aufwändig und teuer“, sagt er und zündet sich eine Zigarette an.
Das Visum brauchen auch Kosovaren, die einen serbischen Pass haben. Den stellt Serbien nach wie vor aus. Es betrachtet den Kosovo unverändert als serbische Provinz und seine Bewohner als Staatsbürger.

Nur stellen serbische Behörden Kosovaren auf EU-Druck eigene Pässe aus. Die sind ausgenommen von der Visumsfreiheit für serbische Staatsbürger. Einen regulären serbischen Pass bekommen Kosovaren erst, wenn sie mindestens drei Monate lang in Serbien leben.
Im November geht’s für Florin vielleicht nach Zagreb auf eine Buchmesse, gemeinsam mit seinem Bekannten, der die Marquez-Werke gekauft hat. Wenn die beiden die je 80 Euro für das fünf Tage lang gültige Visum zusammenkratzen können. Für Reise und Quartier veranschlagt Florin weitere 180 Euro.
Macht in Summe etwa 260 Euro pro Person aus. So viel verdient er durchschnittlich pro Monat.
Eine Spende, die nicht gratis
Für das Geld steht er sieben Tage die Woche von 10 bis 20 Uhr hier. Wenn er Nachschub besorgt, bleibt der Stand unbesetzt.
Fürs Lesen bleibt kaum Zeit, sieht man von den Busfahrten ab. „Trotzdem, wenn ich kann, les ich zumindest Fachliteratur, also Psychologie und Philosophie.“
Die Einnahmen könnten weitaus höher sein. „Wenn es stark regnet oder schneit, werden jedes Mal Bücher im Wert von 100 Euro und mehr kaputt“, sagt er. Nur, Regale, die die Bücher zumindest etwas besser schützen würden, darf er hier nicht aufstellen.
Der gläserne Kiosk voller Regale hinter ihm steht bis auf weiteres leer. Acht dieser Kioske hat die Schweiz der Stadt Prishtina gespendet, das Stück a 2.000 Euro. Auf dass zumindest einige der Buchstandler es besser haben mögen.
„Jetzt verlangt die Stadt 40 Euro Miete pro Monat von uns“, seufzt Florin. „Wie soll ich mir das leisten können? Mir bleibt so schon kaum was übrig.“

Für die Betroffenen ist die Schweizer Spende offenbar nicht kostenlos.
Zwei Kinder hat er mit seiner Frau und die Wohnung kostet 230 Euro im Monat. „Wenn meine Frau nicht auch 200 Euro verdienen würde, habe ich keine Ahnung, wie wir das schaffen würden.“
Der Protest der Buchhändler
Die Prishtiner Buchstandbetreiber verhandeln gerade mit der Stadt um einen Preisnachlass. „Acht oder zehn Euro im Monat könnten wir uns leisten“, sagt Florin. „Alles andere ist doch verrückt.“
Falls die Stadt nicht nachlässt, werden die Buchhändler eine Protestkundgebung im Rathaus veranstalten. Das habe es schon ein paar Mal gegeben, schildert Florin. Freilich mit bescheidenem Erfolg. „Leider ist die Solidarität in diesem Land nicht sehr ausgeprägt. Wenn wir Buchhändler protestieren, schließen sich uns höchstens 15 bis 20 Leute an. Dabei geht’s uns doch nicht anders als den normalen Leuten in diesem Land. Unsere Steuern nimmt die Regierung gern. Dafür tun will sie nichts. Mir hat sie bisher noch nie geholfen. Ich hab mir meinen Arbeitsplatz selbst geschaffen.“
„Einmal will ich Bücher nach Kilogramm kaufen können“
Dennoch zeigt sich Florin optimistisch, dass diese Diskussion mit der Stadt prinzipiell zu gewinnen wäre. Das würde ihm ein besseres Einkommen sichern. Und helfen, seinen großen Traum zu verwirklichen.
„Einmal“, sagt Florin, „will ich auf eine Buchmesse in Paris. In Paris, da liebt man Bücher. Die ganze Stadt ist voll davon. Und dort verkaufen sie Bücher pro Kilo. Einmal will ich Bücher nach Kilo kaufen können“.
Ein seliges Lächeln huscht über sein Gesicht.