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GESCHICHTE

Balkan Stories: Kosovarische Grenzabenteuer

(Foto: zVg.)

Die serbische Regierung macht Reisen in und aus dem Kosovo für ausländische Besucher zum Abenteuer. Auch, wenn man sich an die etwas absurden Regeln halten will. Vielleicht liegt’s auch an mir.

Preševo.

Preševo, kurz vor sechs Uhr morgens.

Preševo, kurz vor sechs Uhr morgens und ich hab noch keinen Kaffee getrunken.

Mein Vranjer Taxifahrer und ich suchen den Busbahnhof.

Erstaunlicherweise sind um die Uhrzeit Menschen auf der Straße. Sie geben uns pauschale Richtungsangaben.

„Gerade weiter, vielleicht noch einen Kilometer. Da muss er sein.“

Nicht, dass der Busbahnhof irgendwo angeschrieben wäre. Das würde es einfach machen.

Und nicht, dass diese südserbische Kleinstadt einen Busbahnhof haben würde, den man auch als solchen erkennen würde.

Das sind gerade einmal zwei Busparkplätze bei einer Tankstelle, irgendwo im Zentrum Preševos. Geschottert, nicht geteert. Selbstredend ohne Straßenschilder.

Auch, wenn ich in den vergangenen vier Tagen zweimal auf dem Weg nach Skopje und von Skopje nach Vranje an diesem unscheinbaren Verkehrsknotenpunkt vorbeigekommen bin, ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn zu dieser frühen Stunde wiedererkennen würde.

Mein Taxifahrer aus Vranje hat natürlich keine Ahnung, wo der Busbahnhof in Preševo ist.

Wie ich nach Vranje kam

Andererseits: Was war bisher schon einfach auf dieser Kosovo-Reise?

Eine Freundin ist nach längerer Zeit nach Prishtina zurückgekehrt. Ich will sie während meiner Balkanreise besuchen.

Ich bin ja für eine Woche in der Gegend. Niš und Skopje. Da wird sich Prishtina irgendwie einrichten lassen.

Damit das alles nach dem Buch abläuft, buche ich kurzfristig um.

Laut serbischem Gesetz darf ich als Ausländer nur von serbischem Territorium aus in den Kosovo einreisen – zumindest, wenn ich danach nach Serbien zurück will.

Kurz nach sechs in der Früh an der serbisch-kosovarischen Grenze und ein Albaner, den ich gerade getroffen habe, bietet mir an, mich über die Grenze zu bringen. Was soll schon schiefgehen.

Will ich. Ein paar Tage Beograd stehen am Programm.

Ich reise einen Tag früher aus Skopje ab und plane eine Übernachtung in Vranje. Von dort aus gibt es, besagen meine Online-Recherchen, regelmäßige Busverbindungen nach Prishtina.

Von Niš, der drittgrößten Stadt Serbiens, wären es vielleicht drei Stunden mit dem Bus. Nur fährt von dort keiner.

So komme ich eine Kleinstadt, aus der Freunde von mir kommen, und ich kriege auch wieder meinen serbischen Einreisestempel in den Pass.

Ich hatte mir auch überlegt, per Pass in Serbien einzureisen und auf der Reise nach Skopje nur meinen Personalausweis zu benutzen. So hätte ich keinen serbischen Ausreisestempel und könnte theoretisch direkt von Skopje aus nach Prishtina fahren und es würde wahrscheinlich niemandem auffallen.

Aber wahrscheinlich ist nicht sicher. Zumal, wenn du weißt, dass der serbische Geheimdienst von dir Bilder auf einer Demo gegen den serbischen Präsidenten und die serbische Regierung in Wien hat.

Ein- und Ausreisegeschichten bei der kosovarisch-serbischen Grenze, die nach serbischer Lesart Demkarationslinie ist zwischen serbischem Rechtsstaat und von Terroristen besetztem Gebiet, würden sich ja fast anbieten für kleinere Schikanen.

Will ich nicht riskieren.

Also Vranje.

(Foto: Balkan Stories)

Es gibt keinen Morgenbus

Wo das Apartment, das ich bei booking.com gefunden habe, wegen eines Schadens nicht benützbar ist.

Was mir mein Zimmerwirt sagt, als ich aus dem Taxi aussteige.

Zu dem Zeitpunkt weiß ich schon, dass es keinen Vormittagsbus aus Vranje nach Prishtina gibt.

Als erfahrener Balkanreisender weiß ich, dass Online-Busfahrpläne nur eingeschränkt zuverlässig sind. In Serbien zwar mehr als anderswo. Trotzdem fragt man lieber am Busbahnhof nach.

„Es gibt keinen Frühbus nach Prishtina“, hat mir der Busbahnhofsangestellte am Schalter gesagt. „Nur einen am Nachmittag.“

Mein Zimmerwirt bringt mich bei strömendem Regen in eine nahegelegene Pension. „Dort hab ich dir schon ein Ersatzzimmer organisiert“, sagt er.

Es kostet sogar weniger als die – an sich schon niedrige – Miete, die ich für das Apartment gezahlt hätte.

Es regnet noch immer. Ich stelle mein Gepäck ab und beschließe, dass ich Hunger habe.

Als ich durch die Vranjer Nebenstraßen wandere, finde ich, zwischen allerlei Postern mit Werbung für Sprach- und vor allem Deutschkurse, ein nettes Lokal.

Witzigerweise mazedonisch.

Es ist nicht so, dass es in Vranje nichts zu sehen gebe.

Eine nette, wenn auch kleine, Altstadt mit Park und Heimatmuseum.

Eine osmanische Festung. Eine alte Brücke.

Einen Trg Maršala Tita.

Eine Tabakfabrik.

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