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FORSCHER DECKEN AUF

Corona: Warum stecken sich manche Menschen trotz nahem Kontakt nicht an?

(FOTOS: iStockphotos)

Britische Wissenschaftler haben herausgefunden, warum manche Personen als einzige in der ganzen Familie oder Partnerschaft nicht krank werden.

Das Phänomen, dass sich die gesamte Familie ansteckt, bis auf ein Mitglied, oder nur ein Partner an Corona erkrankt, tritt immer wieder auf. Britische Wissenschaftler haben jetzt den Laborbeweis für die wahrscheinlichste Ursache dafür gefunden: Eine Kreuzimmunität von Gesundbleibenden mit den Covid-19-Erregern durch eine zuvor durchgestandene Infektion mit „normalen“ Coronaviren. Gemeint ist damit nicht Sars-Cov-2, sondern eine der seit langer Zeit kursierenden vier Coronavirus-Arten als Erreger saisonaler banaler Erkältungen. Die Forschungsergebnisse könnten auch Auswirkungen für die künftige Impfstoffentwicklung haben.

Kreuzimmunität dank T-Zellen
Man muss sich das so vorstellen: Eine Person erkrankt an einer bestimmten Form von Erkältung, mit humanen Corona-Erkältungsviren (huCoVs). Diese sind jedoch etwas anderes als Sars-Cov-2 (das Coronavirus, das die Pandemie verursacht hat).  Trotzdem bilden sich nach der Corona-Erkältung T-Zellen, die scheinbar auch dafür sorgen, dass das Immunsystem anspringt, wenn es mit Covid-19-Erregern in Kontakt kommt. Diese Hypothese ist nicht neu, doch die Wissenschaftler rund um Rhia Kundu vom Imperial College London lieferten erstmals Beweise dafür:

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass kreuzreaktive Gedächtnis-T-Zellen Personen ohne vorherigen Kontakt mit SARS-CoV-2 vor einer solchen Infektion schützen“, schrieben die Experten in ihrer Studie.

Experiment
Die Wissenschaftler untersuchten seit September 2020, als in England noch sehr wenig Menschen an Covid-19 erkrankt waren, 52 Personen. Ihnen allen war gemein, dass sie nachweislich Kontakt zu SARS-CoV-2-infizierten Personen gehabt hatten. Allerdings hatte sich die Hälfte der Probanden selbst nicht infiziert, was mittels PCR-Test nachgewiesen wurde.

Bei den Probanden, die sich selbst trotz Kontakt zu Infizierten nicht angesteckt hatten, wurde eine Blutprobe entnommen. Die Forscher stellten fest, dass diese Personen T-Zellen hatten, die durch einen früheren Kontakt mit einem harmlosen Corona-Erkältungsvirus gebildet worden waren. Die kreuzreaktiven T-Zellen reagierten spezifisch vor allem auf Proteine aus dem Inneren der SARS-CoV-2.

Bedeutung für künftige Corona-Impfstoffe
Die Forscher stellten ebenfalls fest, dass die T-Zellen NICHT spezifisch auf das Spike-Protein reagierten. Genau DIESES wird jedoch derzeit als Antigen für die meisten Covid-19-Impfstoffe verwendet. „Unsere Studie liefert den bisher deutlichsten Beweis dafür, dass T-Zellen, die durch Erkältungs-Coronaviren hervorgerufen werden, eine schützende Funktion gegen eine SARS-CoV-2-Infektion besitzen. Diese T-Zellen bieten Schutz, indem sie Proteine im Inneren des Virus angreifen und nicht das Spike-Protein auf der Virusoberfläche.“

Für künftige Corona-Impfungen bedeutet das: Sie sollten nicht nur Antikörper und eine T-Zell-Antwort gegen das Spike-Protein auslösen, sondern auch zu einer Immunantwort mit Antikörpern und T-Zellen gegen die anderen SARS-CoV-2-Proteine führen.

Laut den Forschern würde das Spike-Protein nämlich recht stark mutieren. Im Gegensatz dazu würden die internen Proteine, gegen welche die identifizierten T-Zellen gerichtet sind, viel weniger mutieren. Daraus folgt: „Neue Impfstoffe, die diese konservierten Proteine aus dem Inneren des Virus enthalten, würden daher eine breit angelegte schützende T-Zell-Antwort auslösen, die vor aktuellen und zukünftigen SARS-CoV-2-Varianten [Anm. einschließlich Omikron] schützen sollte.“