In den Ländern Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Montenegro und Serbien feiern viele Menschen Weihnachten in doppelter Ausführung. Diese einzigartige Tradition ist ein Ausdruck der religiösen Vielfalt und resultiert aus der Verwendung zweier unterschiedlicher Kalender.
Unterschiedliche Termine
Die Mehrzahl der Christen in diesen Ländern gehört entweder der römisch-katholischen oder der serbisch-orthodoxen Kirche an. Diese Unterscheidung hat direkte Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Weihnachtsfeiern. Während die katholischen Gläubigen dem gregorianischen Kalender folgen und Weihnachten traditionell am 25. Dezember begehen, feiern die serbisch-orthodoxen Gläubigen Weihnachten laut dem julianischen Kalender am 7. Januar.
Zwei Kalender
Der Wechsel vom julianischen zum gregorianischen Kalender liegt über 400 Jahre zurück. Der julianische Kalender wurde 45 v. Chr. von Julius Cäsar eingeführt und nach ihm benannt. Er hatte eine Jahreslänge von 365 Tagen und 6 Stunden, wodurch er das Sonnenjahr um 11 Minuten und 14 Sekunden übertraf. Diese Abweichung führte im Laufe der Jahrhunderte zu einer Verschiebung im Kalender.
Papst Gregor XIII. reformierte ihn deshalb 1582. Dabei sprang der Kalender vom 4. Oktober direkt auf den 15. Oktober, während alle Sonntage erhalten blieben. Der gregorianische Kalender setzte sich nur langsam durch: Protestantische Länder übernahmen ihn erst um 1700, orthodox geprägte Regionen noch später. Russland führte ihn erst am 14. Februar 1918 ein, und Griechenland folgte 1924 als letztes europäisches Land.
Kalender eines serbischen Geophysikers
In vielen orthodox geprägten Ländern beschränkt sich die Nutzung des gregorianischen Kalenders auf weltliche Bereiche. Im religiösen Kontext bleibt der julianische Kalender mit einem Unterschied von 13 Tagen weiterhin in Gebrauch. Daher feiern Kirchen wie die russische, serbische, ukrainische, armenische, syrische und georgische sowie das Patriarchat von Jerusalem, der Heilige Berg Athos, die koptische und äthiopische Kirche Weihnachten am 7. Januar.
1923 beschloss der orthodoxe Kongress in Istanbul die Einführung des neujulianischen Kalenders, der vom serbischen Geophysiker Milutin Milanković entwickelt wurde und fast dem gregorianischen entspricht. Dennoch blieb seine vollständige Einführung aus. Vorbehalte, insbesondere der russisch-orthodoxen Kirche, führten dazu, dass andere Kirchen wie die serbisch-orthodoxe den Wechsel hinauszögerten.
In einigen Ländern, etwa in Griechenland, gibt es bis heute Gläubige, die trotz der Einführung des neujulianischen Kalenders am alten julianischen Kalender festhalten.
Einheitlicher Kalender als Traditionsbruch
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es mehrere Versuche, den Kalender in der gesamten orthodoxen Welt zu vereinheitlichen, etwa 1961 bei der Ersten Gesamtorthodoxen Konferenz auf Rhodos. Diese Bemühungen blieben jedoch erfolglos, da sie oft als Traditionsbruch oder zu starke Annäherung an die katholische Kirche gesehen wurden.
Einheit besteht jedoch bei der Osterfeier: Alle orthodoxen Kirchen folgen dem Beschluss des Ersten Konzils von Nicäa (325), wonach Ostern am ersten Sonntag nach dem jüdischen Pessachfest gefeiert wird.
Durch die wechselseitigen Einflüsse der verschiedenen religiösen und kulturellen Gepflogenheiten wird die Weihnachtszeit in diesen Ländern zu einem bunten Mosaik der Traditionen, das sowohl für Einheimische als auch für Besucher einen besonderen Reiz darstellt.
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