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„Deutsch wird bei uns g’redt“: der alltägliche Hass auf Wiens Straßen

(FOTO: iStockphoto)

Viele von euch haben das wahrscheinlich auch schon erlebt. Man spricht in einer Fremdsprache auf der Straße und die Leute schauen doof, schieben einen blöden Kommentar, oder reagieren anderweitig abweisend bzw. aggressiv.

Dass einige Wiener allergisch auf einige Fremdsprachen reagieren stellte ich oftmals in den Öffis fest. Ich stehe und telefoniere mit meinen Jugo-Freunden „na našem“, wie ich es gerne bezeichne. Weder schreie ich beim telefonieren noch bin ich in irgendeiner anderen Art den anderen Fahrgästen gegenüber lästig. Viele aber stören sich daran, dass ich Serbisch in der Öffentlichkeit spreche: „Oje, immer die sch**** Ausländer mit ihrem ’Ausländisch!’“, oder „Deutsch wird bei uns gesprochen!“.

Man kommt sich nach solchen ekelhaften Aussagen ziemlich zweitklassig vor und das nur weil ich nicht auf Deutsch telefoniere? – Schon etwas merkwürdig. Zumeist ignoriere ich diese Anfeindungen einfach, aber in einigen Situationen kann ich es mir dann doch nicht verkneifen und fauche im tiefsten Wienerisch zurück: „I waß ned, wos mit eich Deppen is… i kaun a Deitsch redn!“.

„Sie vergewaltigen die deutsche Sprache“
Noch mehr auf die Palme brachte mich ein angeblicher Englischlehrer, Österreicher wohlgemerkt. Samstagabend, ich sitze ganz ruhig in der Straßenbahn und telefoniere mit Freunden. Zwei Reihen vor mir der besagte Lehrer, welcher sich alle paar Sekunden zu mir umdreht, den Kopf schüttelt und irgendwas Negatives in seinen Bart murmelt. Unsere Telefonate verlaufen zumeist halb Deutsch-halb Serbisch. Plötzlich dreht sich der besagte Lehrer zu mir um und schrie mich fast an: „Sie vergewaltigen die deutsche Sprache und sollten sich genieren!“.

Ich, nicht eins nicht zwei, antwortete ihm, dass es ihn einen feuchten Dreck angeht in welcher/n Sprache/n ich meine Telefonate führe und er sich lieber um seinen eigenen Sch*** kümmern sollte. In mir brodelte es, warum muss ich mir so einen unnötigen Dreck anhören, wenn es ja eigentlich ein Zeichen von guten Sprachkenntnissen ist, zwischen zwei Sprachen problemlos zu wechseln?

„Ausländisch“ ist nicht „Ausländisch“
Diese Situationen sind mit Sicherheit nur ein minimaler Ausschnitt dessen womit sich einige der mehrsprachigen Wiener herumschlagen müssen. Ich sehe oft genug Menschen, die auf Englisch, Französisch oder einer anderen „schönen Sprache höherer Klasse“ telefonieren. Allerdings habe ich niemals das Gefühl, dass diese auch so ekelhaft angemacht werden. Muss ich mich also genieren die „zweitrangige“ serbische Sprache zu sprechen, oder bin ich gar deswegen menschlich zweitrangig, da ich in der Öffentlichkeit so behandelt werde? Was für eine Idiotie, meine lieben Österreicher und –innen! Man bedenke, dass in Wien mehr als nur Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch und andere „höherwertige Sprachen“ gesprochen werden, insgesamt nämlich mehr als 250 an der Zahl, wovon ja dann mehr als 90% weniger wert wären.

Wie viele verschiedene Sprachen das sind, merkt die Mehrheit der Wiener wahrscheinlich auch gar nicht, da ja alles böses „Ausländisch“ ist und gleich in die „Minderwertig-Schublade“ gesteckt wird. Einiger meiner Österreicher sollten vielleicht mal aufwachen. Mehrsprachigkeit ist ein Segen und kein Fluch.