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INTERVIEW

„Hausmeister kommen zurück in die Gemeindebauten „

(FOTO: David Bohmann)

Die Wiener Stadträtin für Wohnen und Frauen, Kathrin Gaál im KOSMO-Interview über geförderten Wohnbau, die Rückkehr der Hausbesorger und die Sichtbarkeit von Frauen im Stadtbild.

Laut offizieller Prognosen wird Wien 2027 die Marke von 2 Millionen Bewohnern knacken. Wie plant die Stadt genügend leistbaren Wohnraum zu schaffen?
Kathrin Gaál: In Wien werden pro Jahr im Schnitt 7.000 geförderte Wohnungen geschaffen. Bis ins Jahr 2020 bringen wir 14.000 geförderte Wohnungen auf den Weg. Fast zwei Drittel der Wienerinnen und Wiener leben heute im geförderten Wohnbau. Aber auch Wien ist keine Insel, an der globale Trends spurlos vorbeiziehen. Hohe Grundkosten führen zu erhöhten Wohnkosten. Um diese Herausforderung zu bewältigen, hat die Stadt die Widmung „Gefördeter Wohnbau“ beschlossen. Überall, wo künftig Flächen in Wohngebiet umgewandelt werden, sind nun grundsätzlich zwei Drittel für den sozialen Wohnbau vorgesehen.

In einigen, vor allem peripheren, Teilen Wiens kommt es immer wieder zur Umwidmung von Ackerflächen in Baugrund. Was sind die Vorteile, wenn dies durch die Stadt selbst und nicht durch Privatunternehmen geschieht?
Ich bin in die Politik gegangen, um konkrete Verbesserungen für die Wienerinnen und Wiener zu erreichen. Leistbares Wohnen ist bei uns kein Privileg für Besserverdiener. Sondern ein Grundrecht für alle. Und die Widmungskategorie „Gefördeter Wohnbau“ sorgt dafür, dass das so bleibt: Für gemeinnützige Wohnbauträger wird es dadurch einfacher, leistbaren Boden zum Bauen zu finden.

In der Seestadt sieht man eine schöne Verbindung zwei ihrer Ressorts: des Wohnens und Frauen. Wie und warum kam es zur Entscheidung, dort alle Straßen nach Frauen zu benennen?
Ich denke, dass es ein wichtiges und auch schönes Symbol ist. Die Verbindung meiner beiden Ressorts ist mir ein großes Anliegen. So orientieren wir uns beim Bauen von Wohnungen etwa auch an den konkreten Bedürfnissen von Frauen und bauen für Alleinerziehende, die sehr oft Frauen sind. Das gelingt zum Beispiel durch spezielle Gemeinschaftsräume, die als erweitertes Wohnzimmer und Treffpunkt für mehrere Alleinerziehende dienen. Alle, die Kinder haben, wissen, wie wichtig ein entsprechendes soziales Netz ist.

„Bis ins Jahr 2020 bringen wir 14.000 geförderte Wohnungen auf den Weg.“

Bereits im Mai wurde angekündigt, dass die Hausbesorger zurück in den Gemeindebau kommen und mobilen Hausbetreuungsteams ersetzen werden. Wird es Unterschiede zwischen dem neuen und den alten Hausmeisterkonzept geben?
Ja, die Umstellung ist voll im Laufen. Die klassischen Hausbesorger können nach einem entsprechenden Gesetz der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000 nicht mehr angestellt werden. Die neuen Einzelbetreuer sind fix für „ihre“ Stiegen bzw. „ihren“ Gemeindebau zuständig. Sie haben damit ihren fixen Betreuungsbereich und sind durch ihre Kontaktdaten am Schwarzen Brett – samt Foto und Handynummer – direkt für die Bewohner erreichbar. Sie wohnen aber nicht mehr vor Ort.

Immer wieder liest man von „smarter Sanierung“ von älteren Gemeindebauten. Was kann man sich darunter vorstellen und welche Vorteile hat diese „smarte“ Version gegenüber „klassischen“ Sanierungsarbeiten?
Unter dem Begriff „smarte Sanierung“ läuft aktuell gerade ein Pilotprojekt in Simmering. Im Rahmen dieses Projekts werden etwa Photovoltaik-Anlagen auf Dächern installiert, um umweltfreundlich Energie zu gewinnen, und Bewohner erhalten Einkaufstrolleys, um ihre Mobilität zu erhöhen. Außerdem fließen die Anregungen und Wünsche der Bewohner noch stärker in die Sanierung ein.

In den vergangenen Jahren erfreute sich das Urban Gardening immer größerer Beliebtheit. Wie unterstützt die Stadt solche Projekte?
Wiener Wohnen setzt viele Maßnahmen, um Urban Gardening im Gemeindebau zu fördern. Sei es mit Gemeinschaftsgärten, mobilen Beeten, begrünten Innenhöfen oder Baumscheiben. Ich begrüße diesen Trend sehr, auch weil er die Menschen beim Garteln zusammenbringt. Die Stadt veranstaltet auch jährlich den Fotowettbewerb „Blühendes Zuhause“. Dabei gewinnen die schönsten Fotos von Blumen und Gartenpracht tolle Preise.

Die neuen Einzelbetreuer sind fix für „ihre“ Stiegen bzw. „ihren“ Gemeindebau zuständig. Sie haben damit ihren fixen Betreuungsbereich und sind durch ihre Kontaktdaten am Schwarzen Brett – samt Foto und Handynummer – direkt für die Bewohner erreichbar. Sie wohnen aber nicht mehr vor Ort. (FOTO: David Bohmann)

Am 29.7. war der „Equal Pension Day“, der zeigt, dass Frauen 42,35 Prozent weniger Pension als Männer bekommen. Worin sehen Sie die Gründe dafür und welche Maßnahmen möchten Sie dagegen setzen?
Wien schneidet im Vergleich mit allen anderen Bundesländern am besten ab: Der Equal Pension Day ist in Wien erst am 30. August. Das ist mir aber natürlich noch immer zu wenig. Denn Altersarmut betrifft noch immer vor allem Frauen. Unser klares Ziel ist es, die Einkommensschere und die Pensionslücke zu schließen. Neben der Lohnschere wirken sich auch Unterbrechungen der Erwerbsarbeit – etwa wegen der Betreuung von Kindern oder Angehörigen – auf die Pension aus. Wien setzt Anreize, wo das auf Landesebene möglich ist: Zum Beispiel mit dem Gratis-Kindergarten, der vor allem auch Müttern Berufstätigkeit und einen rascheren Wiedereinstieg in die Arbeit ermöglicht.

Über der 70 Prozent der Frauen in Frauenhäusern haben Migrationshintergrund. Sehen Sie hier (Nachhol-)Bedarf für gezielte Arbeit in den Communitys? Haben Sie diesbezüglich Schwerpunkt geplant?
Häusliche Gewalt kommt leider in allen Gesellschaftsschichten vor. Die Stadt ist laufend aktiv, um Betroffenen zu helfen und sie zu unterstützen – und mit Präventionsarbeit. Etwa um Kampagnen wie den 24h Frauennotruf (01 71 71 9) noch bekannter zu machen. Darüber hinaus errichtet Wien gerade ein fünftes Frauenhaus. Um nachhaltig etwas zu verbessern, müssen wir früh ansetzen. Deshalb haben wir gerade erst das Präventionsprogramm „Respekt, gemeinsam stärker“ an Wiener Schulen auf den Weg gebracht. Dieses Thema ist mir ein größtes Anliegen und keine einzige Frau in Wien soll mit Angst vor Gewalt leben müssen.