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Kommentar

Die Konsequenz von „Dann wäre Wien noch Wien“

(FOTO: Screenshot/Puld4)
(FOTO: Screenshot/Puld4)

KOMMENTAR

Landesrat Gottfried Waldhäusl äußerte sich mit unangemessenen Aussagen bei Pro und Contra auf Puls4. Seither hagelt es Kritik. Auch KOSMO findet die Aussagen des Politikers unangebracht. Ein Kommentar zur Situation.

Schon öfter erregte der Niederösterreichische Landesrat (für Tierschutz und Asyl!) Gottfried Waldhäusl Aufmerksamkeit mit seinem Verhalten. Im September 2022 erhielt der FPÖler zu den Vorwürfen des Amtsmissbrauches und der Verletzung der Grundversorgung von jugendlichen Flüchtlingen im Quartier in Drasenhofen (Niederösterreich) einen Freispruch. Somit war seine Weste wieder rein gewaschen. Aber es dauerte nicht lange, da stütze sich Waldhäusl in die nächste Schlammgrube.

Bei Corinna Milborn auf Puls4 im Sendeformat „Pro und Contra“ sollte Waldhäusl zu einer Publikumsfrage Stellung beziehen. Im Publikum saß eine Wiener Schulklasse, die hauptsächlich aus Schülern mit Migrationshintergrund besteht. Eine der Schülerinnen fragte den Landesrat: „Ich wollte Sie fragen, wie Sie es schaffen wollen die EU-Außengrenzen zu schließen. Und was Sie dazu sagen, wenn Sie Ihre Maßnahmen schon vor Jahren durchgeführt hätten, dass die Hälfte dieser Klasse oder eigentlich die ganze Klasse das Gymnasium in Wien heute nicht besuchen würde, weil alle aus dieser Klasse einen Migrationshintergrund haben.

Waldhäusl antwortete schnell und unverblümt: „Das ist relativ einfach zu beantworten. So wie es andere Kontinente schaffen ihre Außengrenze tatsächlich zu sichern, ist es auch EU-weit möglich die Grenze zu sichern. Das kann man machen, wenn man es möchte. Auf die Frage, wenn das geschehen wäre, dass hier sehr viele nicht in dieser Schule wären… jo, wenn das schon lange geschehen wäre, dann wäre Wien noch Wien.“ Boom.

Blödsinn von Politikern

Menschen, die in Österreich leben, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, müssen sich ja mittlerweile schon viel Blödsinn von Politikern anhören. Die FPÖ ist dabei sicher eine der Parteien, die dabei den größten Unsinn verzapft. Aber SO eine Aussage live im Fernsehen zu tätigen, auf die Frage einer Minderjährigen. Das hat wohl den politischen Vogel abgeschossen. Seine Bekräftigungen zur Aussage, im Nachhinein, machen die Sache jetzt auch nicht besser.

Eins muss jedoch gesagt sein: der Mann steht hinter seinem Wort. Wie Josef Schellhorn treffend meinte: „Man tue Waldhäusl unrecht, ihn als Kellernazi zu bezeichnen. Nein, er ist ein aufrechter Nazi.“ Und so scheint Waldhäusl seine Worte weiter in die Welt tragen zu wollen. Selbst von Seiten der FPÖ gibt es noch kein Statement zu Waldhäusls TV-Aussetzer.

Kellernazi

Aber was kann man dem Mann vorwerfen? Dummheit wäre zu weit gegriffen. Vielleicht formulieren wir es ein wenig um: er ist definitiv uninformiert. Vielleicht auch ein wenig gleichgültig gegenüber dem Thema Migration. Wie passend für einen Landesrat für Asyl [Ironie off]. Offensichtlich hat Waldhäusl die letzten paar Jahrzehnte doch im Keller verbracht und somit wichtige Ereignisse in der Geschichte Österreichs verpasst? Beispielsweise die Gastarbeiterbewegung beginnend in den 60er Jahren. Gut, da wurde Waldhäusl gerade mal geboren. Das wirft ihm keiner vor.

Aber selbst einem FPÖ-Politiker dürfte im Zuge seines Lebens aufgefallen sein, dass ziemlich viele Servicestellen (egal ob im Bereich der Pflege, Gastronomie, Reinigung usw.) von Migranten belegt sind. Noch vor zwanzig Jahren – also vor unserem herrschenden Fachkräftemangel – stellten gebürtige Österreicher klar, bestimmte Jobs nicht übernehmen zu wollen. Frei nach dem Motto: wieso soll ich putzen gehen, wenn es dafür eh die Ausländer gibt?!

Tja, hat Waldhäusl mal an die Konsequenzen seiner offenkundigen Nazi-Phantasien gedacht? Offenbar nicht. Denn wenn es die Migranten nicht gäbe, wäre Wien eben nicht Wien. Wien wäre wahrscheinlich eine Lost City. Ausgestorben und aufgegeben. Pensionisten würden sich im Müll und Schmutz versinken sehen. Rettung gäbe es wieder nur durch… Sie dürfen raten… Gastarbeiter.

SO wäre Wien ohne Migranten

Die Frage, wie Wien denn nun tatsächlich aussehen würde, wenn es plötzlich keine Migranten mehr gäbe, hat die Universität Wien schon vor rund sieben Jahren beantwortet. Schlagartig wären rund 52 Prozent der in Wien lebenden Menschen verschwunden. Die Ergebnisse der Studie sind ernüchternd. Auf einmal würden beispielsweise 508 China Restaurants verschwinden. Die Altersschwelle würde von durchschnittlich 35,5 Jahren auf 45,5 Jahre klettern. Wiener verlieren in diesem Szenario schlagartig rund zehn Jahre ihrer Lebenszeit.

2015 hatten rund 25 Prozent der in Wien lebenden Türken einen akademischen Abschluss. Die Jobs die damit einher gehen kann man gleich aus seinen Gedanken streichen – denn in unserem Beispiel fehlen diese Menschen jetzt. Mit dem aktuellen Fachkräftemangel keine gute Idee.

Spinnen wir unser Beispiel mal weiter: zählt man alle Mitarbeiter mit Migrationshintergrund der in Wien ansässigen Reinigungsfirmen zusammen, kommt man auf 93,6 Prozent. Wien würde ohne Migranten also im Schmutz versinken. Soziale Berufe müssten mit 65 Prozent weniger Arbeitskraft auskommen. Selbst die Polizei hätte weniger Personal: rund 61 Prozent. Erschreckend, oder?

Wien ohne Migranten. (Bild: univie.ac.at)
Wien ohne Migranten. (Bild: univie.ac.at)