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UMWIDMUNG

Hagia Sophia wird Moschee: „Beleidigung der christlichen Welt“

(FOTO: iStockphoto)

Am Freitag entschied das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei, dass der Status der Hagia Sophia als Museum aufgehoben wird. Präsident Recep Tayyip Erdoğan ein Dekret zur Nutzung des Gebäudes als Moschee.

Nur einen Tag nach der gerichtlichen Entscheidung, wurden erste Vorbereitungen für die Umwidmung getroffen. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, wurden die Kuppel und die Minarette bereits vom Tourismusministerium inspiziert. Der Vorsitzende der Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas bestätigte: „Wir haben mit der erforderlichen Arbeit begonnen.“ Laut ihm wolle man bis zum 24. Juli fertig sein und das Museum in eine Moschee umgewandelt haben.

„Beleidigung der christlichen Welt“
Die EU, Russland und die USA bezeichneten die Entscheidung als bedauerlich, während die russisch-orthodoxe Kirche ihr Entsetzen ausdrückte. Der griechische Regierungssprecher Stelios Petsa bezeichnete die Entscheidung des türkischen Präsidenten als „historischen Fehler“ und als „Beleidigung der christlichen Welt“, auf welche es eine entsprechende Antwort geben müssen.

Auch Papst Franziskus kommentierte die Geschehnisse in der Türkei im Rahmen des Angelus-Gebets am Sonntag. Bezüglich der Umwidmung der Hagia Sophia in eine Moschee empfinde der Papst „großen Schmerz“, so die Kathpress.

Reaktion aus Österreich
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Türkei Worte der Kritik: „Als Museum stand die Hagia Sophia Millionen Menschen aller Kulturen und Religionen offen. Die heutige Entscheidung, diesen Status aufzuheben, ist ein weiterer Schritt der Türkei weg von Europa, den wir zutiefst bedauern und nicht nachvollziehen können.“ Ferner werfe das Urteil laut Schallenberg Fragen nach der Unabhängigkeit des Verwaltungsgerichtes auf.

„Sich von der Offenheit eines historischen Bauwerkes für alle Religionen in einer derartigen Form zu verabschieden, sehen wir sehr kritisch. Als essenzieller Bestandteil der UNESCO-Welterbestätte des historischen Istanbuls hat sie großen Symbolwert und versinnbildlicht die geschichtlichen Entwicklungen der Bosporusregion, der für die Symbiose orientalischer und europäischer Kultur steht“, so der Außenminister in einer Aussendung.

Historischer Überblick
Die im 6. Jahrhundert erbaute Hagia Sophia (griechisch: Heilige Weisheit), auch Sophienkirche genannt, war die Hauptkirche des Byzantinischen Reiches. Nachdem Konstantinopel durch die Osmanen erobert wurde, wandelte Sultan Mehmet II. die Hagia Sophia 1453 in eine Moschee um und ließ vier Minarette erbauen.

Mustafa Kemal Atatürk, der Gründer der modernen Republik Türkei, setzte sich dafür ein, dass die Hagia Sophia in ein Museum umgewandelt wird. Dies wurde im Ministerrat im Jahr 1934 schlussendlich beschlossen.

Am 10. Juli 2020 entschied der Oberste Verfassungsgerichtshof, dass die Kabinettentscheidung von vor mehr als 85 Jahren „keine rechtliche Grundlage gehabt habe und deswegen ungültig sei“. Kurz darauf kündigte Erdoğan an, die Hagia Sophia zur Moschee umzuwidmen. Ab 24. Juli 2020 sollen die Hagia Sophia für muslimische Gebete geöffnet sein.