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Grundsatzentscheidung

Kinderwunsch auf Eis gelegt: VfGH kippt Verbot erst 2027

Vfgh
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Österreichs Höchstgericht kippt ein umstrittenes Verbot: Frauen dürfen künftig ihre Eizellen einfrieren lassen, um den Kinderwunsch auf später zu verschieben.

Der Verfassungsgerichtshof hat das Verbot des “Social Egg Freezing” (vorsorgliche Kryokonservierung von Eizellen) als unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Privatleben eingestuft. Die Höchstrichter sehen in der bisherigen Regelung eine nicht gerechtfertigte Beschränkung und haben dem Gesetzgeber nun Zeit bis zum 1. April 2027 eingeräumt, um neue Bestimmungen zu erarbeiten. Bis zu diesem Stichtag bleibt die derzeitige Rechtslage allerdings in Kraft. Bei dem Verfahren geht es um die vorsorgliche Kryokonservierung von Eizellen, die Frauen die Möglichkeit gibt, ihren Kinderwunsch zeitlich zu verschieben – etwa nach Abschluss von Ausbildung oder wichtigen Karriereschritten.

In seiner Begründung betont das Höchstgericht, dass der Wunsch nach einem Kind integraler Bestandteil des durch die Europäische Menschenrechtskonvention geschützten Privatlebens sei. Einschränkungen dieses Grundrechts bedürften gewichtiger Gründe wie dem Schutz der Gesundheit oder der Rechte anderer – Voraussetzungen, die beim “Social Egg Freezing” nicht gegeben seien. Gesundheitliche Risiken könnten durch weniger einschneidende Maßnahmen als ein vollständiges Verbot minimiert werden, etwa durch Altersbegrenzungen oder obligatorische Beratungsgespräche.

Auch ethische Bedenken teilt der Verfassungsgerichtshof nicht: Bei einer späteren künstlichen Befruchtung mit den eigenen Eizellen der Frau und den Samenzellen ihres Partners entstünden keine moralischen Konfliktsituationen.

Regierungsargumente widerlegt

Die Bundesregierung hatte ihre bisherige restriktive Haltung unter anderem mit dem Argument verteidigt, dass Frauen nicht durch gesellschaftliche oder berufliche Erwartungshaltungen zur Verschiebung ihres Kinderwunsches gedrängt werden sollten. Der Verfassungsgerichtshof wies diese Begründung zurück – ein möglicher sozialer Druck rechtfertige kein absolutes Verbot. Stattdessen könnten flankierende Regelungen, beispielsweise zur Werbung oder zur Aufklärung, entwickelt werden.

Politische Reaktionen

Die Entscheidung stieß bei NEOS und Grünen auf Zustimmung. “Social Egg Freezing bedeutet: Wir vertrauen Frauen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen“, erklärte NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter und kündigte an, sich für eine zügige und sorgfältige Umsetzung des Erkenntnisses einzusetzen. Auch die Grüne Frauensprecherin Meri Disoski wertete die Entscheidung als “überfälligen Erfolg für Gleichstellung und Selbstbestimmung”.

Bemerkenswert: Ein Antrag der Grünen zur Legalisierung des “Social Egg Freezing” war erst kurz vor der Verfassungsgerichtshof-Entscheidung im Gleichbehandlungsausschuss des Nationalrats vertagt worden.