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Pflegeheim

Mängel bei 123 Altenheimen in ganz Österreich aufgedeckt

(FOTO: iStock/PeopleImages)
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Die Volksanwaltschaft hat eine tiefgreifende Analyse der Schmerz- und Palliativversorgung in österreichischen Alten- und Pflegeheimen durchgeführt. Ihr Befund offenbart deutliche Schwächen: In etwa einem Viertel der Heime fehlt es an einer systematischen Schmerzerfassung und -behandlung. Auch in Sachen assistierter Suizid scheint das Personal mehrheitlich nicht ausreichend informiert. Die Fakten wurden von Volksanwalt Bernhard Achitz (SPÖ) und der Pflegeexpertin Esther Kirchberger im Zuge einer Pressekonferenz präsentiert.

„80 Prozent der Menschen in hohem Alter leiden unter Schmerzen“, konstatiert Bernhard Achitz und betont gleichzeitig, dass die moderne Medizin viele dieser Falle vermeiden konnte. Hierzu sei jedoch ein umfassendes Schmerzmanagement notwendig, das einer systematischen Vorgehensweise folgt und auch die europäische Patientencharta verlangt. Die Untersuchung, die als „präventive Menschenrechtskontrolle“ bezeichnet wurde, umfasste 123 Heime sowie Gespräche und Dokumentenanalysen von 1.511 Heimbewohnern.

Defizite in der Praxis

Achitz und Kirchberger berichten von erheblichen Defiziten. Ein initiales Schmerzscreening wurde lediglich in 59 Prozent der Heime praktiziert, einen strukturierten Behandlungsplan gebe es nur in der Hälfte der Falle und eine regelmäßige Evaluation erfolge gar nur bei 47 Prozent. Besonders prekär ist die Situation für Bewohner mit kognitiven Beeinträchtigungen, die Schmerzen nicht mehr ausdrucken können. Hier könne man eigentlich auf biografische Daten zurückgreifen, erläutert Kirchberger.

Notfalldepots bis Bildung

Um diese Missstände zu beheben, fordert die Volksanwaltschaft nicht nur regelmäßige Schulungen im Bereich des Schmerzmanagements, sondern plädiert auch für gesetzlich erlaubte, personenunabhängige Suchtmittelnotfalldepots in den Heimen. Diese konnten die Versorgung in akuten Schmerzsituationen sicherstellen und eine zeitnahe Behandlung garantieren, ohne dass die Bewohner auf einen Arzt warten oder ins Spital verlegt werden mussten.

Frage der Ressourcen

Die Corona-Pandemie und der generelle Personalmangel hinterlassen auch in der Palliativversorgung ihre Spuren. Obwohl Schulungen für Heimmitarbeiter im Bereich Palliativmedizin bereits seit 2004 angeboten werden, verfugen lediglich 20 Prozent der Einrichtungen über entsprechend geschultes Personal. „Darunter leidet die Palliativversorgung“, beklagt Achitz.

Wissenslücke beim assistierten Suizid

Ein weiteres sensibles Thema, das aufgearbeitet wurde, ist die Unwissenheit beim Personal in Bezug auf assistierten Suizid. Kirchberger attestiert eine große Unsicherheit. Achitz ergänzt, dass in einigen kirchlichen Einrichtungen sogar Vertragskündigungen drohen, sollte ein Bewohner assistierten Suizid anstreben. Die Palliativmedizin müsse gestärkt werden, um solche Situationen möglichst zu verhindern. Doch gleichzeitig mahnt die Volksanwaltschaft zur Aufklarung für jene Menschen, die ausdrücklich danach fragen.

Die gesammelten Erkenntnisse sollen nun als Basis für Verbesserungen im Pflegesystem dienen. Die Volksanwaltschaft hat klar gemacht, dass nur ein strukturiertes, empathisches und professionelles Vorgehen die Lebensqualität der Betroffenen in ihren letzten Jahren gewährleisten kann.