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POLITIK

Martin Polaschek: „Lehrpläne müssen an die Gegebenheiten der heutigen Zeit angepasst werden”

(Foto: : Rauchenberger/Parlamentsdirektion)

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Martin Polaschek sprach mit KOSMO über Lehrpersonalmangel, sowie Herausforderungen im Bildungswesen und Schulsystem.

KOSMO: Die ÖH wirft Ihnen vor kein Interesse daran zu haben, gute Politik für Studierende zu schaffen. Was glauben Sie, wie die ÖH zu diesem Schluss kommt?
Martin Polaschek:
Ich bin im laufenden Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der ÖH, so wie auch mit der Schüler-, Eltern- und Lehrervertretung. Die Gespräche mit der ÖH waren bis jetzt immer sehr konstruktiv–auch wenn wir vielleicht nicht immer einer Meinung sind. Mir ist es aber wichtig, auf Augenhöhe zu diskutieren und gemeinsam die besten Bedingungen für die Studierenden zu schaffen. So konnten wir etwa in intensiven Verhandlungen mit dem Finanzministerium, trotz der Krisenzeit, ein Rekordbudget für die Universitäten verhandeln. Insgesamt haben wir dieses Budget dann noch einmal um 650 Mio. Euro auf fast 13 Mrd. Euro bis 2024 angehoben. Gleichzeitig haben wir die Studienbeihilfe um 12 Prozent deutlich erhöht und eine jährliche Inflationsanpassung eingeführt.


KOSMO: Der Unterschied zwischen den Studienkosten für Studierende aus Drittstaaten und denen aus der EU ist enorm. Planen Sie eine Reform bzw. Senkung der Studienkosten für Studierende aus Drittstaaten?
Martin Polaschek: Der Studienbeitrag für Drittstaatsangehörige ist im internationalen Vergleich sehr gering. Zudem haben wir die Studienbeiträge für gewisse Staatsangehörige aufgrund der Situation in ihren Heimatländern temporär ausgesetzt. Das ist derzeit für Staatsangehörige der Ukraine und des Irans der Fall.


KOSMO: Das Bildungswesen in Österreich befindet sich derzeit in einer Krise, wenn es um den Mangel an Lehrkräften geht. Wie läuft es gerade mit dem Quereinsteigermodell und sind auch Resultate absehbar?
Martin Polaschek: Kurz und knapp: Ja. Wir drehen an den unterschiedlichen Schrauben und die Ergebnisse sind bereits spürbar.

Mit Klasse.Job haben wir die größte Lehrkräfteoffensive der Zweiten Republik gestartet. Dabei sprechen wir gezielt neue Zielgruppen für den Beruf als Lehrerin oder Lehrer an.

Wir können bereits eine äußerst positive Zwischenbilanz ziehen: Seit dem Kampagnenstart vor zwei Monaten haben sich bereits über 500 Personen aus ganz Österreich für den Quereinstieg in diesen Zukunftsjob beworben. Das ist ein großer Erfolg! Gleichzeitig arbeiten wir gerade bei der Lehrkräfteausbildung an einer Verkürzung des Bachelorstudiums, damit die Lehrerinnen und Lehrer der Zukunft schon früher in den Beruf einsteigen können. Weiters erarbeiten wir auch das „PädagogInnenbild NEU”. Hier geht es mir darum, ein realistisches und positives Bild des Lehrer-und-Lehrerin-Seins im 21. Jahrhundert aufzuzeigen.


KOSMO: Die zukünftigen Herausforderungen für Kinder und Jugendliche sind größer geworden. Inwiefern kann der neue Lehrplan die Ansprüche, die an die Jugend gestellt werden, beeinflussen?
Martin Polaschek: Die Lehrpläne müssen an die Gegebenheiten der heutigen Zeit angepasst werden. Und ich will, dass das nicht nur alle fünf Jahre passiert, sondern laufend. Die Welt befindet sich im rasanten Wandel und so müssen sich auch die Lehrpläne laufend weiterentwickeln. Mit den neuen Lehrplänen haben wir nun wichtige Schritte gesetzt und unter anderem die Finanz- und Wirtschaftsbildung verankert. Dabei sollen schon früh ein verantwortungsvoller Umgang mit Geld sowie die Mechanismen unserer ökosozialen Marktwirtschaft gelehrt werden. Gleichzeitig wird politische Bildung im Unterricht die Grundfeste unserer demokratischen Gesellschaft erklären. Das geht von der Vielfalt politischer Mitbestimmung über die Aufgaben und Kompetenzverteilung bis hin zur Bedeutung des freien Journalismus für eine Demokratie. Ebenso wird die umfassende Landesverteidigung als schützende Hand unseres neutralen Landes verankert. Wir haben damit einen umfassenden Lehrauftrag über die Republik Österreich in den Lehrplänen und setzen damit einen wichtigen Schritt, um Demokratiefeindlichkeit zu bekämpfen und politische Mitbestimmung zu fördern.


KOSMO: In Österreich gibt es viele Personen mit einer ausländischen Ausbildung, die ihr Diplom nicht anerkennen lassen können, weil dieser Prozess Zeit und Geld kostet. Werden Sie in diesem Bereich etwas ändern oder vielleicht eine Reform durchführen?
Martin Polaschek: In meinem Ministerium bietet das Anerkennungszentrum ENIC/NARIC Austria bereits jetzt wichtige Unterstützungsleistungen zur Beschleunigung der qualifikationsadäquaten Eingliederung in den Arbeitsmarkt. In diesem Bereich plane ich eine weitere Stärkung und strukturelle Reform. Außerdem werden bei Vorliegen der individuellen Fördervoraussetzungen die Kosten für die Bewertung von Hochschulqualifikationen durch den Österreichischen Integrationsfonds refundiert.

(Foto: Rauchenberger/Parlamentsdirektion)


KOSMO: Während des Corona-Lockdowns stand das Schulsystem unter großem Druck und musste sich mit Homeschooling neu anpassen. Wenn sich die Situation mit den Lockdowns wiederholen würde, wüssten Sie jetzt, wie Sie besser auf die Herausforderungen reagieren können?
Martin Polaschek: Aus derzeitiger Sicht stellt sich die Frage nicht. Im Variantenmanagementplan hat die Bundesregierung zudem festgelegt, dass flächendeckende Schulschließungen im dritten Jahr der Pandemie keine Option sind. Die Folgen der Pandemie sind aber teilweise noch immer spürbar. Für mich ist klar, dass wir hier handeln müssen und daher habe ich bereits kurz nach meinem Amtsantritt im Jänner 2022 ein umfangreiches Paket zur Bekämpfung der Coronafolgen bei Schülerinnen und Schülern geschnürt. Mit dem Budget 2023 haben wir zusätzlich rund 120 Mio. Euro dafür vorgesehen. Seit dem Sommersemester 2021 sind insgesamt 480 Mio. Euro für die unterschiedlichsten Maßnahmen wie zum Beispiel Förderstunden oder Stärkung der Resilienz bereitgestellt worden. Es freut mich darüber hinaus, dass die besonders wichtige Maßnahme „Gesund aus der Krise“ zur psychologischen Unterstützung des Gesundheitsministersiums um 20 Mio. Euro aufgestockt wurde.