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Status in Österreich

Paukenschlag: Werden Bosnier endlich als Volksgruppe anerkannt?

BOSNIEN_HERZEGOWINA
(FOTO: iStock/rarrarorro)

In der Debatte um die Anerkennung der bosnischen Minderheit als autochthone Volksgruppe in Österreich zeichnet sich eine neue Dynamik ab. Nihad Uk, Premierminister des Kantons Sarajevo, begrüßte diesen Vorstoß im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, was weitere Bewegung in die Sache brachte.

Initiative der bosnischen Akademiker

Die „Gesellschaft Bosnischer Akademiker in Österreich“ verfolgt seit Langem diese Initiative und erwartet sogar in der kommenden Legislaturperiode des Nationalrats eine offizielle Anerkennung. Man argumentiert, dass die österreichischen Bosnier „seit über einem Jahrhundert einen ununterbrochenen und traditionellen Aufenthalt in Österreich“ haben.

Historische und kulturelle Bindungen

Siradj Duhan, Präsident der Gesellschaft Bosnischer Akademiker, betont die historische Verbundenheit mit Österreich. Er verweist auf das zweite bosnische Regiment der k.u.k. Armee und auf österreichische Soldatenfriedhöfe, auf denen hunderte bosnische Militärs begraben sind: „Das sind eindeutige Beweise für eine jahrhundertelange untrennbare Vergangenheit und Verbundenheit der Vorfahren und somit der heute in Österreich lebenden Bosnier mit dem Land.“

Zahlreiche Unterstützer

Duhan hebt außerdem die weitgehende Verbreitung der Bosnier in Österreich und die mögliche Signalwirkung hervor: „Für den Rechtsstaat, weil Österreich damit in Brüssel zeigen könnte, dass man sich um die gut integrierten und beheimateten Minderheiten kümmert. Für andere Volksgruppe, die mit besonderer Anerkennung unterstützt werden und für den Wirtschaftsstandort, weil gut ausgebildete Bosnier einen weiteren Grund hätten, in Österreich zu bleiben.“

Prominente Unterstützung

Die Anerkennung wird zudem durch ein prominent besetztes Unterstützungskomitee gefördert. Mitglieder sind unter anderem der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer, Ex-EU-Kommissar Franz Fischler, Irmgard Griss, die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, der EU-Abgeordnete Helmut Brandstätter und die Grüne Generalsekretärin Olga Voglauer. Erhard Busek, ehemaliger Vizekanzler der ÖVP, initiierte das Komitee vor seinem Tod vor zweieinhalb Jahren.

Politische Zustimmung

Laut Duhan hat keine Partei sich ablehnend gegenüber dem Anliegen geäußert: „Wir haben mit allen parlamentarischen Fraktionen gesprochen.“ Dies impliziert, dass sogar die Freiheitlichen keine Einwände gegen diese Anerkennung haben, obwohl SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser Bedenken äußerte.

Unterstützung aus der bosnischen Gemeinschaft

Zehn Vereinigungen innerhalb der bosnischen Gemeinschaft in Österreich haben sich bereits der Initiative angeschlossen. Lejla, die in Österreich geboren wurde und bosnische Wurzeln hat, betont die starke Verankerung der Bosnier in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft, während der 17-jährige Elvedin auf die Bedeutung der Gleichbehandlung ethnischer Minderheiten hinweist. Edin unterstreicht die Notwendigkeit der Anerkennung zur Bewahrung der kulturellen und sprachlichen Identität der Bosnier.

Samra, Mitglied des Vorsitzteams der Muslimischen Jugend Österreich in Kärnten, sieht in der Anerkennung einen Schutz für die kulturelle und sprachliche Identität der kommenden Generationen: „Wir in der MJÖ versuchen Jugendlichen, die in zweiter und dritter Generation hier leben, mitzugeben, dass sie sich nicht zwischen zwei Ländern, Kulturen, Sprachen entscheiden müssen.“

Offizielle Prozeduren und Erwartungen

Die Anerkennung der bosnischen Minderheit fällt in den Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung, konkret des Bundeskanzleramts. Das aktuelle Verfahren beim Verfassungsgerichtshof könnte weitere Bewegung in die Sache bringen. Michael Tögel, Pressesprecher von Integrationsministerin Susanne Raab, bestätigte, dass das Verfahren hinsichtlich der grundsätzlichen Frage der Möglichkeit einer Antragstellung auf Anerkennung einer Volksgruppe läuft.

Diese Entwicklungen könnten die lang ersehnte offizielle Anerkennung der bosnischen Minderheit in Österreich näher rücken.