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INTERVIEW

Vierfacher Buchautor, Hazim Hadžić: „Inspiration finde ich an ganz gewöhnlichen Orten!“

FOTO: zVg.

Hazim Hadžić, der ursprünglich aus Kalesija, Bosnien-Herzegowina, stammt, ist 22 Jahre alt und studiert Bühnen-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien. Was ihn von anderen unterscheidet, ist sein literarisches Werk, das ihn bereits von Kindheit an begleitet.

Bisher hat er drei Bücher veröffentlicht und ein viertes wird demnächst herauskommen. Es handelt sich um die Gedichtsammlung „Pečat na vodi“ („Ein Stempel auf dem Wasser“) und die Romane „Zaljubljeni Oskar“ („Der verliebte Oskar“), „Tvoje tijelo je moje tijelo“ („Dein Körper ist mein Körper“) und die Leser erwarten mit Ungeduld sein neues Buch „Sve dok ne svane“ („Bis es hell wird“). KOSMO präsentiert Ihnen unser literarisches „Wunderkind“.

KOSMO: Wann und wie ist deine Liebe zum Schreiben entstanden und mit welcher Art literarischer Texte hast du begonnen, dich als Schriftsteller zu entwickeln?
Hazim Hadžić: Meine Liebe zum Schreiben und zu dieser Art von Kunst hat sich schon in meinen frühesten Kindertagen gezeigt, als ich noch gar nicht lesen und schreiben konnte. Aber ich habe immer Bücher und Hefte mit mir herumgetragen und versucht, etwas zu schaffen. Als ich die Buchstaben gelernt habe, habe ich begonnen, sinnvolle Dinge zu schreiben. Meine ersten Arbeiten waren Liedchen mit naiven, unschuldigen Reimen. Das war einfach kindliches Schreiben, das sich später zu echtem Schreiben und dann zu Büchern entwickelt hat.

Wer waren die Vorbilder deiner künstlerischen Entwicklung und wer hat deinen Schreibstil am meisten beeinflusst?
Da ich ja schon so früh begonnen habe zu schreiben und wir in der Schule verschiedene Schriftsteller wie Esenin kennengelernt haben, sind diese Autoren meine großen Vorbilder. Noch heute erinnere ich mich gerne an das, was wir damals gelesen haben, denn ich habe mich in diesen Texten immer wiedergefunden, d.h. gerade Esenins Stil und die Art, wie er seine Emotionen zu Papier gebracht hat, haben mir besonders gefallen. Aber als ich mit den Jahren zu komplexeren Formen übergegangen bin, z.B. zum Roman und zur Prosa, da haben sich auch meine Vorbilder verändert. Heute komme ich immer am häufigsten und am liebsten auf die Autoren aus unserem Sprachraum zurück, weil ich diese Werke mit ihrer ganzen Schönheit im Original lesen kann. Da geht nichts durch die Übersetzung verloren. Außerdem inspirieren mich ihre Werke am meisten. Ich lese gerne Meša Selimović, Momo Kapor etc.

Wo findest du die Inspiration für deine Werke?
Wie bereits erwähnt, finde ich Inspiration vor allem bei einheimischen Autoren. Als ich mein letztes Buch geschrieben habe, habe ich gemerkt, dass ich mich dem Schreiben noch ernsthafter widmen möchte. Inspiration finde ich auch immer häufiger in einem ganz gewöhnlichen Tag, in einer ganz gewöhnlichen Umgebung. Ich lasse mich von den Tätigkeiten beliebiger Menschen, von ihren Worten oder auch nur ihrem Blick inspirieren. Ich glaube, dass das der Schlüssel zum Schreiben ist, und ich glaube, dass die meisten Autoren versuchen, so ihre Inspiration zu finden. Man muss nicht zu kompliziert sein und versuchen, Inspiration in irgendwelchen unzugänglichen Orten zu finden. Am Ende wird man enttäuscht, wenn man sie dort nicht finden kann.

Wann hast du dein erstes Buch herausgebracht?
Mein erstes Buch habe ich in der siebten Klasse der Grundschule mit nicht einmal 14 Jahren herausgebracht. Es war der Gedichtband „Pečat na vodi“. Für mich ist diese Periode wie ein Traum, denn auch wenn das für mich unwahrscheinlich schön war und mir so viel bedeutet hat, war mir gar nicht so ganz bewusst, was da wirklich passierte und in welche Richtung ich mich bewegte.

Besitzt ein so junger Mensch genügend Reife für ein literarisches Werk wie einen Roman? Oder glaubst du, dass die Jahre dafür kein Maßstab sind?
Ich glaube, dass man aus jedem von uns, aus den Jüngsten und auch aus den Ältesten, irgendeine Geschichte herausfiltern könnte, die Sinn hat und eine Botschaft trägt. Eigentlich sind wir alle wandelnde Geschichten. Alles hängt nur davon ab, wie sehr jemand seine Geschichte mit anderen teilen, d.h. sie zu Papier bringen will. Das Alter ist kein Maßstab für Reife. Die kommt mit der Erfahrung.

Magst du lieber Dichtung oder Prosa und in welchem Genre fühlst du dich allgemein wohler?
Ich kann nur schwer zwischen Poesie und Prosa entscheiden, denn das ist, als wenn Sie mich fragen würden, welches Kind Sie lieber haben. Da ich mit der Poesie begonnen habe, kehre ich auch immer gerne zur Poesie zurück. Aber die schreibe ich aus Liebe, nur für mich selbst. Sie hat mich enorm beeinflusst. Auch wenn ich immer mehr Prosa schreibe und mich jetzt dem Roman widme, habe ich kein Lieblingsgenre.

Woher weißt du, ob sich eine Idee besser für ein dichterisches oder ein Prosawerk eignet?
Meine Ideen basieren meistens auf Prosatexten. Jede Idee, auf die ich komme, ist bereit, umgesetzt zu werden. Für die meisten von ihnen habe ich bereits Entwürfe von Szenarien oder Romane im Kopf, die einen expliziten Anfang, einen Plot, eine Lösung und ein Ende haben. So lege ich meine Werke meistens an.

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FOTO: zV

Warum hast du dich entschieden, in Wien zu studieren?
Als ich etwa 15 Jahre alt war, bin ich mit meiner Familie als Tourist nach Wien gekommen. Damals hat es mir sehr gefallen. Unter allen Städten der Welt, die ich besucht habe, habe ich mit Wien die stärkste Verbindung empfunden. Mein Bruder und ich hatten immer den Wunsch, im Ausland zu studieren, und wegen der guten Beziehung zu Wien haben wir uns am Ende dafür entschieden.

Hat diese Stadt irgendeine neue Inspiration in dir geweckt?
So wie Bukowski über jedes seiner Bücher gesagt hat, es sei sein bestes Werk, so kann ich mein bestes Werk sowie auch eine ganze Flut neuer Ideen Wien zuschreiben, denn hier sind sie entstanden. Einige Wendepunkte in meinem Leben haben auch hier stattgefunden. Darum haben sowohl Wien als Stadt als auch die Menschen und die Verhältnisse hier sozusagen ein neues fruchtbares Feld bestellt, von dem ich die Früchte meines Schaffens ernten konnte.

Warum hast du ein Studium gewählt, das nichts mit Literatur zu tun hat?
Mein erster Wunsch, also meine Intuition, als ich mich an der Fakultät eingeschrieben habe, war, etwas zu machen, was mit Film zu tun hat, denn das ist neben den Büchern und dem Schreiben meine große Leidenschaft. Allerdings habe ich meine eigenen Wünsche und Neigungen zuerst verleugnet und mich entschieden, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen und mich für etwas einzuschreiben, was mir Arbeit und Brot einbringen würde. Darum habe ich zuerst in B-H so etwas wie Wirtschaft belegt, was ich dann auch in Wien weitergemacht habe, aber nach einiger Zeit habe ich mich entschieden, die Fakultät zu wechseln und zu etwas zurückzukehren, was wirklich ich bin. Das war der wichtigste Moment in meinem Leben.

War es schwer, sich während der Schule und jetzt im Studium mit ernsthafter Literatur zu beschäftigen?
Ich glaube nicht, dass mich die Literatur und das Schreiben Zeit zum Lernen gekostet hatten, als ich in der Grundschule und im Gymnasium war, denn das Schreiben ist für mich keine Zeitverschwendung. Aber als ich an die Fakultät kam, merkte ich, dass ich ein rationaleres und bewussteres Gleichgewicht zwischen dem Studium, dem Schreiben und meinen sozialen Beziehungen finden musste. Man kann sich einfach nicht allem widmen, sondern man muss weise zwischen dem jonglieren, was man gerne tut, und dem, was man tun muss, usw.

Deine Bücher hast du in Bosnien-Herzegowina und in Serbien herausgebracht. Planst du, sie eines Tages auch in Österreich zu veröffentlichen?
Meine Bücher haben alle, vom ersten bis zum letzten, ihre Leserschaft außerhalb meines Heimatstaates gefunden. Ich war entschlossen, weiter zu schreiben und mir ein neues Publikum zu erobern und Menschen außerhalb von B-H kennenzulernen, und diese Entschlossenheit hat bereits ihr Publikum gefunden. Heute kann ich sagen, dass es dank meines Wunsches, mich weiterzuentwickeln und die Grenzen meines Schreibens zu erweitern, genügend Menschen aus unserem Sprachraum gibt, die meine Werke lesen. Da ich geplant habe, in Österreich zu bleiben und mir hier eine Zukunft aufzubauen, werde ich in meinen Kreisen, die ich hier habe, sicher auch Werbung für meine Bücher machen.

Wie können interessierte Leser in Österreich zu deinen Büchern kommen?
Meine früheren Bücher sind in Buchhandlungen und Bibliotheken in Bosnien-Herzegowina erhältlich. Ich beobachte die Situation meiner Bücher nicht ständig, aber mit dem neuen Buch wird die Präsenz und Verfügbarkeit sicher besser werden, vor allem dank des Internets und des Online-Verkaufs. So können alle Menschen in Österreich, die sich für meine Bücher interessieren, das neue Buch „Sve dok ne svane“ Ende April oder Anfang Mai über das Internet und auf den Werbeveranstaltungen kaufen.