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„Wo sind meine Ausländer!?“: Hommage eines Švabos an den Club Viva

(FOTO: Facebook-Screenshot)

„Welcome to Club Viva“ mit diesem Spruch und heißen Beats begrüßte der beliebte Balkan-Club seine Gäste über 15 Jahre lang. Nun muss die Disco schließen und reiht sich damit in die Reihe der legendären Balkanschuppen Wiens ein.

Jeden Freitag und Samstag, sowie vor Feiertagen verwandelte sich die ruhige Nordwestbahnstraße in Wien Brigittenau zur Hochburg der Balkan-Community. 15 Jahre lang ließ sich dort alles und jeder aus der Community blicken – oder eben auch „verlorene“ Schwabos wie ich, die über Jahre hinweg das Viva zu ihrem zweiten Wohnzimmer machten.

Mein erstes Mal
Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Besuch im Viva. Damals war ich noch Schüler der HAK Floridsdorf und mit meinen Jugo-Freunden auf Sauftour. Nach einem Abstecher im Belami (RIP – du warst auch legendär) führte uns der Bruder einer Freundin in die Nordwestbahnstraße. Bis dato war ich eher der OTK-Gänger und an Live-Musik diverser Bands gewöhnt.

Die Schlage vorm Viva war immens lang und ging sogar bis um die Ecke in Richtung Hyundai-Autohaus. Nach gefühlten zwei Stunden in der Schlange war es endlich soweit – wir durften rein. Und es war bombastisch. Es war damals die erste Jugo-Disco, der mit heißer Clubmusik aufwarten konnte und wo nicht unbedingt irgendwelche Harmonika-, Akkordeon- und Frula-Klänge dominierte und „pesme iz naftalina“ gespielt wurden.

DJ Silver, eine Legende
Ganz im Gegensatz zu den Live-Bands in anderen Clubs hatte das Viva eine ganz besondere Attraktion. Den legendären DJ Silver. Er war der Erste in Wien, der „Ich muss mir die Venen durchtrennen“-Evergreens vom Balkan mit modernen und fetzigen Rhythmen mixte. Und spätestens wenn vom DJ-Pult „Wo sind meine Ausläääääännndeeeeer?!“ zu hören war, gingen alle ab wie Zäpfchen.

Diese, für damals einzigartige, Mukke sowie Discobeleuchtung und hartes Flashlight und diverse Wodka- und Whiskeyflaschen machten das Viva zu einem fast schon psychodelischen Trip, bei dem man einfach auf die ganze Sche**e aus der letzten Woche vergessen konnte und einfach nur abrockte. Ein Gefühl, das bis heute legendär ist.

Und zu später Stunde wurde einfach zu sentimentalen Hits gewechselt, die selbst die härtesten Fitness-Typen mit fetter Goldkette um den Hals dazu brachten, sich ihr Hemd zu zerreißen und mit ihren besten Kumpels zu kuscheln und zu heulen. Ein unvergesslicher Mix.

Konzerte, Party-Specials und vieles mehr
Spätestens seitdem das Nachtwerk seine Tore schloss, gab es in Wien nur noch wenig Möglichkeiten, seine Balkanstars hautnah zu erleben. Über Jahre hinweg konnte das Viva mit Konzerten von Aca Lukas, Amadeus Band, Milica Pavlović, Dara Bubamara und vielen anderen Stars der modernen Balkanmusik punkten. Auch wenn diese Konzerte in den vergangenen Jahren weniger wurde, so hat mit Sicherheit jeder Jugo aus Wien und Umgebung eine Story von einem legendären Auftritt im Viva zu erzählen.

Dem nicht genug gab es immer wieder Specials (mein Favorit waren die 90er-Partys), die die verrückte Balkan-Partymeute anlockte. Egal ob Halloween, Weihnachten, Ostern oder Mexico – jedes Motto war Grund genug sich im Viva einfach mal dezent aus dem Leben zu schießen. Und ganz ehrlich, wer nicht mindestens einmal auf den alten Holzbänken an der Wand gestanden und gefeiert hat, der hat eindeutig etwas verpasst.

Pravac Nordwestbahnstraße: After in Wien-Brigittenau
Viele der anderen Balkan-Clubs in Wien sperrten gegen 4 Uhr morgens, nicht jedoch das Viva. Dank seiner Lage konnte man dort bis zum Sonnenaufgang Party machen. Es war also keine Seltenheit, dass ab 4 Uhr, wenn alle von der OTK in die Brigittenau pilgerten, die Fete erst so richtig durchstarten konnte. Da nahm man schon längere Schlangen in Kauf, um einfach noch das letzte Bisserl Kraft und Stehvermögen aufzubringen, um auch diese Partynacht legendär zu machen.

Neben den ausgelassenen Szenen im Lokal, spielte sich auch weitere Highlight davor ab. Spätestens wenn man durch die schwere Metalltür und drei Stufen abwärts (war hackedicht immer eine Herausforderung) in die reale Welt zurückgelangte, kam dann erst die richtige Watschen.

Während man mit letzter Kraft versuchte, eines der Taxis vor der Tür zu ergattern, gab es andere „mutige“ wie mich, die zu Fuß nach Hause gingen. Einmalige Szenen gespickt von Schlangenlinienläufen, diversen Stürzen und hinausgeschmuggelten Flaschen, die noch vor dem endgültigen Ende der Partynacht die Kehle hinuntergelehrt wurden.

Viva je majka
In den letzten 15 Jahren durchlebte das Viva einige Höhen und Tiefen und machte so gut wie alle Trends der Balkan-Szene durch. Was wäre der legendäre Schuppen nur ohne diesen hässlichen bis zum Knie geschnürten Stiefeln, typischen Turbofolk-Klänge der 90er und 2000er Jahre und später Deutsch-Rap nur gewesen – richtig, einfach nicht das wirkliche Viva.

Daher war es für mich ein Schock, dass der Club nun am 30. Juni seine Pforten für immer schließen wird. Aber, wie sagt man so schön, wo sich eine Türe schließt, öffnet sich eine andere. Aber für viele von uns, die mittlerweile aus dem „Ich sauf mich jeden Freitag und Samstag im Viva bis zu Bewusstlosigkeit an“-Alter herausgewachsen sind, bleibt das Viva einfach „majka“ aller Partylocations der Balkan-Community in Wien und Umgebung.

Auf den nächsten Seiten findet ihr die legendären Hits von DJ Silver abgehen und tausenden Fotos aus dem Viva zum Schmökern.