Start Politik
GEGEN SCHLEPPER

Zuwanderung stoppen: Kurz fordert Änderungen in der Migrationspolitik

Ministerrat_Pressekonferenz_Sebastian_Kurz_Corona
(FOTO: BKA/Andy Wenzel)

Der Bundeskanzler pocht im Rückblick auf die Flüchtlingskrise 2015 auf einen „Systemwechsel in der europäischen Migrationspolitik“. Österreich und die EU haben allerdings wenig dazu getan, die Situation nach 2015 zu verbessern.

Illegale Migranten müssten an der europäischen Außengrenze gestoppt werden: „Damit zerschlagen wir das Geschäftsmodell der Schlepper und beenden das Sterben im Mittelmeer“, zeigte sich Kurz gegenüber der APA überzeugt.

In einer schriftlichen Stellungname meint Kurz weiter: „Wir in Europa müssen darüber entscheiden, wer zuwandern darf und nicht die Schlepper“. Das könne man umsetzen, indem illegal eingereiste Migranten an der EU-Außengrenze aufgehalten werden und in ihre Herkunftsländer oder sichere Drittstaaten zurückgebracht werden. Es sei eine der wichtigsten Lehren aus der Flüchtlingskrise vor fünf Jahren, dass „illegale Migration quer durch Europa unrechtmäßig und daher auch zu stoppen ist“. Viele Länder hätten mittlerweile ihre Politik verändert, auch Deutschland, erklärte Kurz.

Einige Experten sehen das jedoch anders und kritisieren die bisherige Handhabung in Punkto Flüchtlingspolitik. Der Migrationsforschers Gerald Knaus beurteilt die Entwicklung der Flüchtlingspolitik Europas in den vergangenen fünf Jahren als „Kollektives Versagen, von ganz, ganz vielen Akteuren“. Es sei bis heute nicht gelungen, zu artikulieren, wie Grenzkontrolle unter Berücksichtigung von bestehendem Recht – vor allem Menschenrecht – passieren könne. Politikwissenschafterin Sieglinde Rosenberger ortet eine Problematik bei der Politisierung der Flüchtlingszuwanderung als „Flüchtlingskrise“: Das „hat die politischen Machtverhältnisse in Österreich verändert. Seither fand eine Art Normalisierung der rechtspopulistischen Migrationspolitik statt“, sagt sie.

Und auch auf EU-Ebene sei seit 2015 in Sachen europäischer Migrationspolitik „sehr wenig bis gar nichts“ passiert, kritisiert der Leiter des UNHCR-Büros in Wien, Christoph Pinter. „Nach wie vor gibt es kein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS), wenig Solidarität, keine Notfallpläne“, zeigt sich Pinter enttäuscht.

Dass die Politik 2015 auf die Flüchtlingswelle nicht vorbereitet war, liegt für Kurz daran, dass „die Willkommenskultur und das staatlich organisierte Weiterwinken“ damals „bei den meisten Regierungen in Europa Konsens“ gewesen seien. „Daran wurde zu lange festgehalten, wohl auch aus Sorge vor einem möglichen Gesichtsverlust“, kritisiert Kurz. „Das hat aber zu einer massiven Überforderung in Mitteleuropa geführt.“

Kurz spricht sich daher dafür aus, den Staat vor Überforderung zu schützen: „Wir müssen unsere Systeme, unsere Sicherheitsbehörden wie unseren Sozialstaat, vor einer Überforderung schützen.“ Auch dürfe man „keinen neuen Antisemitismus aus der arabischen Welt ins Land importieren“, verwies der Kanzler auf die kürzlichen antisemitischen Übergriffe in Graz.

Kurz war 2015 Außen- und Integrationsminister unter dem roten Kanzler Werner Faymann. Aus den Tagen und Wochen vor fünf Jahren ist dem heutigen Regierungschef vor allem Chaos in Erinnerung geblieben: „Ich denke in erster Linie an Bilder der Überforderung des Staates, als zum Beispiel österreichische Polizisten erfolglos versuchten, die Pässe von illegalen Migranten an der Grenze zu kontrollieren und diese an ihnen vorbeigingen“, so Kurz. „Genauso kommen mir aber auch Bilder in den Kopf von der Grausamkeit der Schlepper, wie etwa jene des toten Flüchtlingskindes Alan Kurdi.“