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KARRIERE

Dalibor Predić – Vom Maurer zum Unternehmer

FOTO: Diva Shukoor

EHRGEIZIG. Nach Abschluss der Maurerlehre wusste Dalibor Predić, dass er nicht ewig Bauarbeiter bleiben wollte. Er lernte fleißig, arbeitete an sich und beschäftigt heute als erfolgreicher Unternehmer ca. 20 Mitarbeiter.

Geboren ist er in Negotin (Serbien), war aber nur zwei Monate alt, als seine Eltern ihn nach Wien brachten, wo Oma und Opa arbeiteten. Predić (32) wuchs auf wie alle Migrantenkinder, schloss die achtjährige Schule ab und bewarb sich für eine Maurerlehre. „Meine Lehre habe ich bei einer bekannten Baufirma gemacht. Im dritten Lehrjahr haben meine Vorgesetzten meine guten organisatorischen Fähigkeiten erkannt und mir die Leitung kleinerer Projekte auf den Baustellen anvertraut.

Nach dem Lehrabschluss, mit 18 Jahren, hatte ich keine klare Vorstellung von der Zukunft und wusste nicht, wohin mich das Leben führen würde. Allerdings dachte ich schon damals, dass ich nicht für immer ein einfacher Arbeiter bleiben wollte. Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist nicht schlecht, Arbeiter zu sein, aber man muss sich nicht immer mit kleinen Dingen zufriedengeben, wenn man in sich die Kapazität spürt, höhere Ziele zu erreichen“, erzählt Dalibor von seinen früheren Überlegungen.

Fortbildungen während der Arbeit
Dieser junge Mann ist der Beweis dafür, dass man auch mit einer Handwerkslehre erfolgreich Karriere machen kann, wenn man den Ehrgeiz hat, an sich zu arbeiten. „Ich habe schnell gemerkt, dass ich mit Lernen mehr erreichen kann. Darum bin ich zwei Jahre in die Abendschule gegangen und habe die Werkmeister-Prüfung abgelegt. Mit diesem Titel hatte ich das Recht, eine Firma zu gründen, aber nicht, selbständig zu bauen. Aber ich habe mich in meinem Bereich weiter fortgebildet, beherrschte die Theorie und die Praxis und habe im letzten Jahr eine wichtige Prüfung erfolgreich bestanden und die Konzession als Baumeister bekommen.

REALISTISCH.
„Man muss sich nicht mit kleinen Dingen zufriedengeben, wenn man seine Kapazitäten kennt.“

Jetzt darf ich bauen und mauern. Die einzige Beschränkung ist, dass ich nicht befugt bin, Baupläne zu machen“, erzählt Dalibor stolz, der vor viereinhalb Jahren unter die Unternehmer gegangen ist und die Firma D.S.E.-Bau – Der SanierungsExperte gegründet hat. Wie der Firmenname schon sagt, beschäftigt sich Herr Predić mit Bautätigkeiten und hat sich auf die Sanierung von Wohnungen, Geschäftsräumen, Fassaden u.Ä. spezialisiert.

„Es kommt vor, dass wir ein ruiniertes Objekt der niedrigsten Kategorie übernehmen, alles Alte daraus entfernen, es vom Boden bis zum Dach neu gestalten und am Ende kann man es nicht wiedererkennen. Natürlich hängt nach dem alten Sprichwort ‚Wie viel Geld, so viel Musik‘ alles von den Wünschen und Möglichkeiten der Kunden ab. Wir führen alle Arbeiten außer Gas- und Strominstallationen aus. Dafür engagieren wir Spezialfirmen, damit alles den gesetzlichen Standards entsprechend ausgeführt wird. Ich achte auf die Qualität und arbeite von Anfang an nur mit vertrauenswürdigen Partnern zusammen“, unterstreicht der Baumeister. Zum Glück wächst das Geschäft schnell an, denn die Empfehlungen zufriedener Kunden sind die beste Reklame. Es passiert aber auch, dass die Arbeiter unter Zeitdruck geraten.

„Wenn wir in Eile sind und wenn die Fristen eng werden, ziehe ich mir die Arbeitskleidung an, kremple die Ärmel hoch und arbeite gemeinsam mit meinen Mitarbeitern. Das fällt mir nicht schwer, denn das Wichtigste ist, dass die Arbeit gut und fristgerecht fertig wird. Meine Aufgaben in der Firma sind vielfältig. Ich muss neue Aufträge anwerben, Verträge schließen, Kalkulationen erstellen, mich um die Verwaltung und meine Verpflichtungen gegenüber dem Staat kümmern, Materialbestellungen machen und auf die regelmäßige Bezahlung der ausgeführten Arbeiten achten, damit auch meine Angestellten rechtzeitig ihr Geld bekommen“, zählt Dalibor seine alltäglichen Pflichten auf und fügt hinzu, dass ihm der Tag oft zu kurz ist für alle Aufgaben, die er erledigen muss.

Arbeitskräftemangel

„Man muss die Voraussetzungen für ein normales Leben der Familie und für die Ausbildung der Kinder schaffen“, betont der Unternehmer und Vater dreier Kinder. (FOTO: Diva Shukoor)

Trotz guter Arbeit sind Baufirmen oft mit einer Reihe von Schwierigkeiten konfrontiert, die auch unserem Gesprächspartner nicht erspart bleiben.
„Manchmal bereue ich es, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe, denn es kommt vor, dass ich Material eingekauft habe und dass wir die Arbeit fertiggestellt haben, dass aber die Kunden die Rechnungen nicht fristgemäß zahlen. Ich muss aber den Angestellten ihren Lohn zahlen und dann bin ich im Stress und muss überlegen, wie ich das Problem löse. Dann denke ich manchmal, dass ich vielleicht doch in irgendeiner Firma als Angestellter hätte arbeiten sollen, damit ich am Feierabend nicht mehr an die Arbeit denken muss und der Lohn einfach am Monatsende auf dem Konto ist.

Außerdem ist es nicht leicht, selbständig zu sein, denn die Kosten sind enorm. Dieser Staat hat ein perfektes Sozialsystem, die Arbeiter sind geschützt und das ist gut, aber uns Selbständige schützt eigentlich keiner so richtig. Aber ich habe keine Zeit, darüber nachzudenken, es muss weitergehen“, sagt Predić mit Optimismus. Die Firma D.S.E.-Bau beschäftigt ca. 20 Mitarbeiter und ihr Inhaber betont stolz, dass seine Mannschaft so multikulturell ist, wie das für Wien typisch ist. „Neben Leuten aus ganz ex-Yu arbeiten bei mir auch Polen, Türken, Österreicher. Bei uns herrscht ein gutes Klima, aber wenn gearbeitet wird, gibt es keine privaten Freundschaften, egal, wie gute Kumpels sie nach der Arbeit sind. Leider ist es heute sehr schwer, gute Arbeitskräfte zu finden. Die guten arbeiten schon irgendwo und wollen die Firma nicht wechseln, nicht einmal, wenn man ihnen einen höheren Stundenlohn anbietet. So sind auch meine Mitarbeiter. Es gibt allerdings viele, die die Arbeit nicht interessiert. Das habe ich erst kürzlich gemerkt, als ich Arbeiter vom AMS angefordert habe. Von den sieben Empfohlenen sind fünf nicht einmal zum vereinbarten Vorstellungsgespräch gekommen, der sechste hat sofort gesagt, dass er vor der Pension steht und nicht gesund ist, und der siebte ist am ersten Arbeitstag gleich ein paar Stunden zu spät gekommen“, erzählt der Unternehmer ungläubig. Auch Dalibors Vater ist Inhaber einer Baufirma und häufig arbeiten sie zusammen. „Seine Firma macht Betonarbeiten und bei Bedarf engagiere ich ihn.

Wir arbeiten gut zusammen, denn er ist lange in diesem Geschäft. Mit meinem Vater funktioniert es wie mit allen anderen Partnern. Ich fordere ein Angebot an, studiere es, streiche seinen Preis durch und schreibe meinen, und dann verhandeln wir. Wie auch mit den anderen treffen wir uns dann irgendwo in der Mitte. Manchmal kommt es zu kleinen Generationenkonflikten, denn er glaubt, er ist im Recht, aber ich gebe nicht nach, vor allem wenn es um die Qualität der Arbeit geht. Aber unsere Zusammenarbeit läuft gut und ich weiß, dass er stolz auf mich ist, obwohl er das niemals sagt“, verrät der Sohn lachend über den Vater.

QUALITÄT UND GENAUIGKEIT:
„Wenn wir unter Zeitdruck stehen, ziehe auch ich die Arbeitskleidung an, kremple die Ärmel hoch und arbeite gemeinsam mit meinen Angestellten.“ (FOTO: Diva Shukoor)

Die Familie ist das Wichtigste
Dalibor und seine Frau Bojana haben drei Kinder: Emilija, Hana und den drei Monate alten Konstantin. Das Familienoberhaupt bemüht sich, so viel Zeit wie möglich mit ihnen zu verbringen, und wenn Bojana aus der Karenz zurückkommt, steht sie ihrem Mann bei der Leitung der Firma zur Seite. „Meine Frau ist eine große Unterstützung für mich. Am Ende des Tages teile ich alle Probleme und Schwierigkeiten mit ihr und sie versteht mich und gibt mir kluge Ratschläge. Wenn unser Sohn ins Kindergartenalter kommt, wird mir Bojana bei der Führung der Firma helfen. Wenn ich bis dahin einen Mitarbeiter habe, der einen größeren Teil meiner Verpflichtungen übernehmen kann, würde ich mich der Entwicklung und der Umsetzung neuer Geschäftsideen widmen.

Ich muss die Familie absichern, die Voraussetzungen für eine hohe Lebensqualität und eine gute Ausbildung für die Kinder schaffen. Wir sind nicht reich. Wir leben gut, aber nicht luxuriös. Ich glaube, das Beste ist, die Firma Schritt für Schritt, langsam und geduldig auf feste Beine zu stellen, und dann wird alles irgendwie automatisch laufen“, unterstreicht Dalibor Predić am Ende des Gesprächs mit KOSMO.

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.