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REPORTAGE

5G – Fluch oder Segen? Zwei Experten im Interview

KOSMO: Haben die Radiokommunikationstechnologien einen negativen Einfluss auf Lebewesen, vor allem auf den Menschen?
Prof. Dr. Branislav Todorović: Radiokommunikationstechnologien werden bereits ein ganzes Jahrhundert lang kommerziell für die Ausstrahlung von Radio- und Fernsehprogrammen genutzt. Bei der Ausstrahlung versorgt ein Sender eine große Zahl von Nutzern, die Radio- oder Fernsehempfänger haben. Weil die Reichweite der Strahlung auf einen relativ kleinen Raum rund um den Sender begrenzt ist und die Stärke des elektromagnetischen Feldes, das der Sender bildet, mit jedem Meter Entfernung zwischen Sender und Empfänger abnimmt, ist die Wirkung der Strahlung auf die Nutzer relativ gering. Mit der Entwicklung der Mobiltelefonie in den letzten 30 Jahren jedoch hat jeder Nutzer ein mobiles Gerät, das Sender und Empfänger zugleich ist, daher können wir jetzt schon von einer Wirkung auf die Nutzer sprechen.

Prof. Dr. Branislav Todorović ist wissenschaftlicher Berater am Institut RT-RK in Serbien. (FOTO: zVg.)

Wie kommt es zu einer schädlichen Wirkung?
Jedes Mobiltelefon bildet, wenn es ein Signal aussendet, rund um sich herum ein elektromagnetisches Feld, das durch zwei Größten charakterisiert wird: die Stärke und die Frequenz. Je größer Stärke und Frequenz der Felder sind, umso größer der Einfluss auf Lebewesen. Denn der Grundbestandteil der Lebewesen ist Wasser und das Wassermolekül bildet im elektrischen Sinne einen Dipol. Wenn ein Wassermolekül in ein elektromagnetisches Feld gerät, beginnt es, entsprechend der Frequenz dieses Feldes zu oszillieren. Um zu illustrieren, wie stark dieser Einfluss ist, nenne ich ihnen das Beispiel des Mikrowellenofens, der ein elektromagnetisches Feld bildet. Auf diese Weise werden Speisen innerhalb kürzester Zeit erhitzt, aber nicht das Gefäß, in dem sich die Speisen befinden, denn das elektromagnetische Feld wirkt auf die Wassermoleküle in den Speisen ein und sie beginnen, im Einklang mit der Frequenz des Feldes zu oszillieren. Als Ergebnis ihrer Bewegung und ihrer gegenseitigen Reibung kommt es zu der Erhitzung. Mit anderen Worten: Die Energie eines elektromagnetischen Feldes wird in Wärmeenergie umgewandelt. Weil das Gefäß aus einem festen Material besteht und kein Wasser enthält, erhitzt es sich unter dem Einfluss des Feldes nicht. Mikrowellenöfen, die in Haushalten verwendet werden, arbeiten mit Frequenzen, die den Frequenzen ähneln, die die 2G-, 3G- und 4G-Mobiltelefone benutzen. Die Leistung der Haushaltsmikrowelle erreicht 1000 W. Dabei muss man betonen, dass die Leistung, die ein Mobiltelefon abstrahlt, wesentlich geringer ist und 0,5 W beträgt.

Heißt das, dass sich unser Kopf beim Telefonieren mit dem Handy erhitzt?
Ganz genau! Weil der menschliche Organismus zu 70 % aus Wasser besteht und das Gehirn sogar zu 80 %, erhitzt sich beim Telefonieren mit dem Handy auch unser Gehirn. Dieser sogenannte thermische Effekt kann genau gemessen werden und Fachleute sehen darin den schädlichen Einfluss des Mobiltelefons. Dieser Effekt ist nicht allzu bedeutend, denn nach einem längeren Telefonat von ca. 15 Minuten erhöht sich die Gehirntemperatur um weniger als 1°C. Viel wichtiger sind die sogenannten nicht-thermischen Effekte, von denen seltener die Rede ist, weil sie mit den existierenden Methoden nicht exakt messbar sind.

Wenn man lange dem elektromagnetischen Feld des Handys ausgesetzt ist, erhöht sich das Risiko eines Gehirntumors. (FOTO: iStock)

Was sind nicht-thermische Effekte?
Der Mensch bildet wie jedes biologische Individuum sein eigenes elektromagnetisches Feld. Wenn er einem äußeren elektromagnetischen Feld von einem Mobiltelefon oder aus irgendeiner anderen Quelle ausgesetzt ist, kommt es unweigerlich zu einem Einfluss dieses äußeren Feldes auf den Menschen. Das Problem ist, dass dieser Einfluss mit den bestehenden Methoden nicht genau gemessen werden kann, aber man erkennt seine Folgen über einen längeren Zeitraum. Der Organismus ist in der Lage, kleinere und kurzfristige Einflüsse mithilfe seiner Selbstregulierungsmechanismen zu kompensieren. Aber wenn ein Einfluss stark ist und länger anhält, ist das nicht immer möglich. Langfristige Störungen im elektromagnetischen Feld des Menschen sind direkt mit entsprechenden körperlichen Störungen verbunden. Es gibt Beweise, dass es das Risiko von Hirntumoren und von DNA-Schäden erhöht, wenn man dem elektromagnetischen Feld des Handys länger ausgesetzt ist, und es bewirkt auch Schädigungen der Reproduktionsfähigkeit von Männern und Frauen usw.

Befürworter der Einführung des 5G-Netzes betonen den enormen Nutzen dieser Innovation für die Weltwirtschaft. Ist das wirklich so?
Sicherlich wäre die Einführung des 5G-Netzes nutzbringend. Jede neue Generation von Mobiltelefonienetzen bringt gegenüber der vorhergehenden zahlreiche technische Verbesserungen. Das 5G-Netz ermöglicht eine höhere Übertragungsgeschwindigkeit bei geringerer Verzögerung, was eine höhere Stabilität der Mobilfunknetze bewirkt, wenn an einem Ort, so wie bei Konzerten oder Fußballspielen, viele User zusammenkommen. Selbst dann ist die Übertragung von Videosignalen mit hoher Auflösung möglich und man kann gleichzeitig Anrufe bekommen. Man kann auch schneller Filme aus dem Internet herunterladen oder mit dem Handy schneller Daten übertragen. Ein weiterer Vorteil des 5G-Netzes ist, dass Computer, Laptops und andere Geräte weniger Speicherplatz benötigen werden. Das wird erreicht, indem die Geräte die ganze Zeit mit dem 5G-Netz verbunden sind, das stabil und zuverlässig sein sollte, und alle Daten gehen direkt in die Cloud. Sie müssen also nicht mehr auf dem Computer selber gespeichert werden.
Das 5G-Netz ermöglicht das automatisierte, intelligente Fahren von autonomen Fahrzeugen. Wenn das Auto mit dem 5G-Netz verbunden ist, kann es permanent mit anderen Autos kommunizieren und auf diese Weise die Ereignisse im Verkehr verfolgen. Das Auto wird zum Beispiel, lange bevor der Fahrer das sieht, registrieren, dass auf seinem Weg eine Unfallstelle liegt. Die 5G-Technik erleichtert auch das Alltagsleben, denn es ermöglicht es, unter anderem auch Haushaltsgeräte mit einer Fernbedienung zu steuern. Dabei muss man bedenken, dass die Spannung im Gerät im Falle eines Stromausfalls auf andere Weise sichergestellt werden muss, z.B. mit Batterien oder Ähnlichem. Auch in der Medizin gibt es wichtige Einsatzmöglichkeiten für die 5G-Technologie (Telemedizin), denn sie ermöglicht viele Interventionen in Notfällen, z.B. im Rettungswagen, oder Fernoperationen bei sehr seltenen Spezialisationen, für die es nicht in allen Teilen der Welt Experten gibt. Es muss ein robotisierter Operationssaal vorhanden sein, der Chirurg muss eine Sensorausrüstung haben (Handschuhe mit Sensoren) und so kann er aus einer Entfernung von Tausenden Kilometern operieren, solange bei dem Patienten ein fachkundiges Team vorhanden ist, das in unvorhergesehenen Situationen Unterstützung leistet. Ein wichtiges Anwendungsgebiet von 5G ist auch die Landwirtschaft mit der Kontrolle der Ernten. Die Feuchtigkeit des Bodens, Bewässerungsaktivitäten, der Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger und vieles andere, was einem mit etwas Fantasie einfällt, kann aus der Ferne gesteuert werden. 5G wird es ermöglichen, das Internet der Dinge umzusetzen. Das heißt, dass Anwendungen möglich werden, bei denen mithilfe künstlicher Intelligenz eine Prozesskontrolle ohne Beteiligung von Menschen erfolgt.

Das 5G-Netz ermöglicht die selbständige Kommunikation zwischen Geräten und damit das Internet der Dinge (Internet of Things).

Bisher haben wir über die positiven Seiten gesprochen, aber hat das 5G-Netz auch technische Nachteile oder ist es auch eine Bedrohung für die Menschen?
Jede Technologie hat ihre Vor- und Nachteile. Bisher haben wir über die Vorteile gesprochen. Über die negativen Seiten könnten wir aus medizinischer, psychologischer, soziologischer… Sicht sprechen. Wir haben bereits über die thermischen und nicht-thermischen Einflüsse des elektromagnetischen Feldes auf den menschlichen Organismen gesprochen. Um alles wahrzunehmen, was das 5G-Netz bietet, ist ein immer größerer Frequenzbereich nötig, und das ist auf immer höheren Frequenzen möglich. Es ist vorgesehen, dass die 5G-Technologie in der ersten Zeit Frequenzbereiche um 3,6 GHz und ca. 26 GHz verwendet und in der nächsten Phase ca. 42 GHz, 68 GHz und 86 GHz. Diese Frequenzen wurden schon bisher in der Telekommunikation verwendet, aber nur für gerichtete Verbindungen in einer sehr engen räumlichen Bündelung. Jetzt würden diese Frequenzen erstmals für Streuverbindungen genutzt, und das bedeutet, dass das elektromagnetische Feld unseren gesamten Lebensraum einnimmt. Auf diesen Frequenzen sind die thermischen und die nicht-thermischen Effekte stärker. Auf der anderen Seite erleiden elektromagnetische Wellen in diesem Umfang eine große Schwächung bei ihrer Verbreitung in der Atmosphäre, denn die Gase in der Atmosphäre absorbieren sie. Darum haben sie eine kurze Reichweite, was bedeutet, um eine gute Verbindungsqualität zu erreichen, wird es unumgänglich sein, ein sehr enges Netz an Basisstationen zu errichten, in etwa eine alle 100 oder 200 Meter. Im Bereich der Frequenzen von 10 GHz bis 100 GHz ist die Absorption der Energie des elektromagnetischen Feldes in der Atmosphäre erheblich, und die Schwächung durch Regen ist ein echtes Problem, selbst auf kurze Distanzen. Und das stellt die Zuverlässigkeit des Netzes bei Regen in Frage.

Die Basisstationen werden eng aufgestellt werden, etwa alle 100 bis 200 Meter.

Es ist vorgesehen, das 5G-Netz auch in Frequenzbereichen zu betreiben, für die die begründete Befürchtung herrscht, dass sie für die Gesundheit der Menschen und der Welt im Allgemeinen schädlich ist. Diese Schädlichkeit wird durch die Absorption der Energie des elektromagnetischen Feldes in der Atmosphäre zweifellos stärker als bei der vorherigen Generation der Mobiltelefonie. Die größte Absorption findet auf Frequenzen von ca. 22 GHz unter Vorhandensein von Wasserdampf und auf Frequenzen von 57 bis 64 GHz unter dem Einfluss von Sauerstoffmolekülen statt. Mit anderen Worten: Es gibt eine wissenschaftlich bewiesene Interaktion des elektromagnetischen Felds mit der Verbindung, aus der wir bestehen, dem Wasser, und mit dem Element, das unser Leben ermöglicht, dem Sauerstoff.

Vorteile: Schnellere Datenübertragung und weniger Verzögerung.

Was bedeutet das konkret?
Was passiert mit der Energie, die das elektromagnetische Feld auf die Moleküle des Wasserdampfs und des Sauerstoffs überträgt? Wie wirkt die absorbierte Energie aus dem elektromagnetischen Feld auf diese Moleküle? Kommt es zu einer qualitativen Veränderung dieser Moleküle? Wie wirken diese Sauerstoffmoleküle auf eine Person, die sie einatmet? Beeinflusst das die Fähigkeit des Hämoglobins im Blut, dieses Sauerstoffmolekül an sich zu binden? Es gibt viele Fragen, auf die es noch keine wissenschaftlich begründeten Antworten gibt. Wenn es zu qualitativen Veränderungen der Sauerstoffmoleküle kommt, kann das zu einem direkten Sauerstoffdefizit im Organismus führen, d.h. zu Atemproblemen der Personen, die die so behandelte Luft einatmen. Darum bestehen in der Öffentlichkeit erhebliche Bedenken, wenn es um die Einführung der 5G-Technologie geht.

Es werden Studien benötigt, die die negativen Wirkungen untersuchen.

Gegner zeigen Bilder von toten Vögeln, die angeblich durch den Einfluss des 5G-Netzes gestorben sind. Glauben Sie, dass das möglich ist?
Ich habe solche Bilder auch gesehen. Ich weiß nicht, ob diese Vögel tatsächlich durch den Einfluss des 5G-Netzes gestorben sind oder aus anderen Gründen. Aber es gibt die Meinung, dass diese Strahlung sowohl für unsere Augen als auch für das Immunsystem sehr schädlich ist. Weil es sowohl unter Laien wie auch unter Fachleuten so viele ungeklärte Fragen gibt, müssen unbedingt detaillierte Forschungen über den Einfluss des 5G-Netzes auf Lebewesen durchgeführt werden, bevor diese Technik in die kommerzielle Nutzung übernommen wird.

Kann man sich vor den schädlichen Einflüssen des 5G-Netzes schützen, und wenn ja, wie?
Leider kann man sich vor der Wirkung von elektromagnetischen Feldern nicht schützen. Die ist überall um uns herum. Wenn wir über das 5G-Netz und seine Anwendung im Frequenzbereich von 10 bis 100 GHz sprechen, ist das Wichtigste, dass wir heute nicht zuverlässig wissen, welche unerwünschten Wirkungen es auf den menschlichen Organismus haben kann. Bevor man zur breiten Anwendung dieses Frequenzbereichs der elektromagnetischen Wellen übergeht, wäre es logisch, in multidisziplinären Studien die unerwünschten Wirkungen auf Lebewesen im Detail zu erforschen.

Prominente gegen das 5G-Netz:
Neben vielen einfachen Menschen finden wir unter den Gegnern der neuen Technologie auch bekannte Persönlichkeiten.
Sie verbreiten in den sozialen Netzwerken, wo ihnen Hunderttausende Fans folgen, Angst und Hysterie und posten aufgrund ihrer Unkenntnis oft nebulöse Statements. Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, aus denen die Löschung aller Äußerungen gegen 5G angekündigt wurde.
Wiz Khalifa, Rapper
Keri Hilson, Sängerin
Mathangi ‚Maya‘ Arulpragasam, Rapperin
Woodie Harrelson, Schauspieler
Amir Khan, Boxer
John Cusack, Schauspieler
Teddy Riley, Musikproduzent
Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.