Wenn am Freitag, 27. Juni, um kurz nach 22 Uhr ein blau‑orange lackierter Zugteil am Wiener Hauptbahnhof Halt macht, beginnt für heimische Urlauber eine neue, staufreie Route an die Adria. Der saisonale EuroNight EN 1277/1276, von der polnischen PKP Intercity als „Adriatic Express“ vermarktet, verbindet Warschau, Wien und schließlich Rijeka – ohne Umstieg, über Nacht.
Hinter dem Projekt steht ein Verbund aus PKP Intercity, ČD, ÖBB, den slowenischen Staatsbahnen SŽ und der kroatischen HŽPP. Viermal pro Woche rollt der Zug südwärts dienstags, donnerstags, freitags und sonntags, nordwärts montags, mittwochs, freitags und sonntags. Abfahrt in Warschau ist um 14:02 Uhr; gegen 22 Uhr erreicht der Zug Wien, wo zwei Wagen ausgekoppelt werden. Sie werden in Slowenien mit dem Nachtzug „Istria“ aus Budapest zusammengeführt und erreichen Rijeka kurz nach 09 Uhr – exakt rechtzeitig für den ersten Espresso an der Riva. Die letzte Rückfahrt ist für den 31. August geplant.
⇢ Ab 27. Juni: Neue Zugverbindung bringt Sie aus Wien direkt an die kroatische Küste
Für österreichische Fahrgäste bedeutet das: Einsteigen nach der Arbeit, Ankunft am Meer zum Frühstück. Die beiden Liegewagen bieten Vier‑Personen‑Abteile samt Bettwäsche; dazu kommen klimatisierte Abteilwagen der 2. Klasse und – zwischen Warschau und Wien – ein Wars‑Speisewagen. 172 Sitz‑ bzw. Liegeplätze stehen insgesamt zur Verfügung.
Das Kontingent ist überschaubar, weswegen die Bahnbranche bereits von einem „Sommer‑Renner“ spricht.
Preislich unter dem Billigflug
Die Tickets starten bei 200 Złoty, rund 47 Euro, buchbar zunächst über die PKP‑App und an Schaltern; die ÖBB will den Verkauf nach dem Sommerfahrplan‑Update übernehmen. Damit liegt die Hin‑ und Rückfahrt Wien–Rijeka bei gut 100 Euro – inklusive Bett, ohne Gepäcklimits und ohne Parkplatzsuche an der Küste.
Klimavorteil auf der Schiene
Auch ökologisch kann die neue Verbindung punkten: Laut Verkehrsclub Österreich verursacht die Bahn auf österreichischen Trassen nur rund 13 Gramm CO₂ pro Personenkilometer, während ein Kurzstreckenflug mehr als das 30‑Fache ausstößt. Für die gut 470 Kilometer Luftlinie Wien–Rijeka spart eine Familie damit nahezu 400 Kilogramm CO₂ – ein Argument, das gerade in Zeiten teurer CO₂‑Kompensationen Gewicht hat.
Ergänzung zum Nightjet‑Netz
Parallel dazu fährt seit Ende April der ÖBB‑EuroNight „Dalmacija“ täglich nach Split; RegioJet bedient Rijeka tagsüber. Mit dem Adriatic Express wächst das Nachtzug‑Dreieck Wien–Split–Rijeka und schafft erstmals zwei unterschiedliche Küstenziele im Schlaf. Brancheninsider werten das als weiteres Signal für die Renaissance europäischer Nachtverbindungen.
PKP Intercity stellt eine Verlängerung bis 2026 in Aussicht, sollte die Auslastung stimmen; zusätzlich werden komfortablere Schlafwagen geprüft. Auch die ÖBB signalisiert Interesse, aus dem Sommer‑Piloten ein fixes Angebot zu machen – nicht zuletzt, weil 2024 bereits der Nightjet nach Ancona einschlug. Ob der Adriatic Express bleibt, entscheidet sich also auf den Reservierungslisten der nächsten Wochen. In Rijeka prüft der Tourismusverband derweil, ob Bus‑ und Fähranschlüsse auf die Ankunftszeit abgestimmt werden können.
Für Wiener*innen, die den Karawankenstau meiden und mit gutem Gewissen ans Meer wollen, öffnet sich ab Ende Juni eine Tür: Abends in Favoriten ins Bett, morgens mit Meeresrauschen in der Nase aufstehen – bequemer und klimafreundlicher ging’s zuletzt vor einem halben Jahrhundert.
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