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INTERVIEW

Alen Islamović – Ein Stern, der nicht verblasst

Der große Pomp, der mit Bijelo Dugme einherging, hat auch eine Menge von Medienmanipulationen mit sich gebracht, vor allem die Beschuldigung, dass Mitglieder der Band zu Lastern neigten. Hat Sie das getroffen?
Wenn die „Dugme“ nicht so ihre Probleme gehabt hätten, wären sie nicht die „Dugme“ gewesen. Wenn es keine Probleme gab, hat irgendetwas nicht gestimmt und sie haben sich selber welche geschaffen. Die Journalisten haben immer ihre Versuche genossen, etwas zu konstruieren und zu veröffentlichen, auch wenn es nur eine Lüge war, nur damit irgendetwas erzählt und getratscht wurde. Auch ich habe mich über manche Lügen geärgert, die jemand geschrieben hat, aber dann begreifst du, dass die Menschen lieber Lügen lesen als die Wahrheit und dass darauf auch die Journalisten reagieren. Heute verwahrlosen die Medien vor Dummheit. Eine Kritik über ein Konzert zu schreiben, ist nicht interessant, nicht wichtig. Gut sind Kritiken, die sich auf heutige europäische Fußballspieler beziehen, aber über Musik schreiben sie fast gar nicht.

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Divlje Jagode: Rocker mit gewaschenen Haaren, rasiert und sauber, die keinen Alkohol und keine Drogen konsumiert haben. (FOTO: zVg.)

Nach der Trennung von Bregović haben Sie Ihre Solo-Karriere begonnen. Hat Sie Ihre Popularität, die Sie mit den wichtigsten Musikgruppen Jugoslawiens erworben hatten, dabei behindert oder haben Sie in dieser Phase davon profitiert?
„Dugmo“ mussten sich trennen, denn auch der ehemalige Staat ist auseinandergefallen. Für wen hätten wir in dieser Zeit spielen sollen, wo wir ja aus unterschiedlichen Nationalitäten zusammengesetzt waren? Der Krieg hat Brüder und Schwestern entzweit und gemischte Ehen zerstört. Viele gemischte Ehen haben Rettung in der Diaspora gefunden, in Kanada, Amerika, Australien… Die Lieder der „Dugme“ sind so geblieben, wie sie sie mochten und hörten. Heute genießen die Generationen von 17 bis 75 Jahren unsere Konzerte. Wenn du irgendeine Spur hinterlässt, ist es normal, dass das auch bestimmten Leuten imponiert, die dich kennen und die dir helfen können. Ich habe meine Popularität nicht so ausgenutzt, wie andere das getan hätten. Ich bin von Natur aus still, ich bin nicht aufdringlich. Alles, was ich geschafft habe, habe ich mir ehrlich erarbeitet.

„Auch wenn ich die Musik noch liebe, ist es schwer, sie vor den Schlägen der Verführer zu bewahren.“

Wenn Sie zurückdenken, welches Album bzw. welches Lied liegt Ihnen da am meisten am Herzen?
Alle Alben und Lieder, die ich gesungen habe, sind Teil meines Lebens und Teil des Weges, den ich zurückgelegt habe. Das Album „Motori“ war revolutionär und hat die Herzen der Generation getroffen. Das ist jetzt der Hit meines Enkels. Alle jungen Burschen finden sich in diesem Lied wieder. Bei „Dugme“ war jedes Lied eine Geschichte für sich. „Ružica“, „Đurđevdan“, „A i ti me iznevjeri“, „Hajdemo u planine“… Meine Solo-Karriere ist von ein paar tollen Duetts mit Brena, Indira Radić und Milica Pavlović geprägt.

Sie haben ein Buch verfasst, in dem Sie einen Teil Ihrer Karriere beschreiben. Können wir eines Tages, wenn alles vorbei ist (wenn es jemals vorbei ist), ganz ehrliche Memoiren erwarten?
Ich werde mein Buch veröffentlichen. Es ist schon geschrieben und wartet, aber ich muss mich damit nicht beeilen. Vielleicht werde ich noch eines schreiben, ein ganz wahres. Jetzt weiß ich nicht, wie viel Wahrheit die, die mich nicht kennen, darin finden werden. Ich werde die Dinge beschreiben, wie sie innerhalb der Bands passiert sind. Niemand Außenstehender kann die tatsächliche Wahrheit kennen. Ich würde allen empfehlen, Ihre Karriere auf Papier niederzuschreiben. Da ist es nicht mehr wichtig, wer mit seiner Popularität wie umgegangen ist, sondern wie er dazu gekommen ist und wie er um sie gekämpft hat.

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Mit Frau und Freunden: „In den letzten Jahren schließe ich keine neuen Freundschaften mehr, ich versuche, das Bestehende zu bewahren, denn ich habe keine Kraft für neue Bekanntschaften.“ (FOTO: zVg.)

Sie sind dafür bekannt, zu den wenigen Stars zu gehören, die trotz der Versuchungen, die es sicher gegeben hat, nur eine Ehe führen, in der Sie zwei Töchter haben, und die ihre Familie bewahrt haben. Wie wichtig war Ihnen der sichere Hafen?
Meine Familie war die einzige echte Oase des Friedens und der Ruhe, da habe ich die Kraft für alles andere geschöpft. Diese Oase habe ich vor schlechten Menschen, vor meinen Feinden geschützt, und davon gibt es heute immer mehr. In den letzten Jahren erweitere ich meinen Freundeskreis nicht mehr, ich versuche nur, das Bestehende zu bewahren, denn ich habe keine Kraft für neue Bekanntschaften. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich empfindlicher bin. Ich bin nicht mehr der, der bei jedem Event und jeder Werbeveranstaltung auftritt. Heute sind meine Pflichten bei Konzerten und zu Hause, die Familie, mit der ich glücklich lebe und Reisen und Geselligkeiten genieße. Wir sind oft in Bihać, denn dort haben wir unser Familienhaus, und verbringen viel Zeit am Meer, denn auch dort haben wir ein Wochenendhaus. Ich habe einen Enkel bekommen und habe gemerkt, was es heißt, Opa zu sein.

Was wünschen Sie sich für die Zeit, wenn Sie nicht mehr im Licht der Öffentlichkeit stehen?
Selbst, wenn ich die Musik noch immer liebe, kann ich sie schwer vor den Schlägen der Idioten und Verführer bewahren. Manchmal fragen meine Frau und ich uns am Abend bei einem Glas Wein auf unserer Sommerterrasse in Bihać, ob wir genügend Idioten aus unserem Leben verbannt haben. Sie ist mit mir zusammen, seitdem sie 16 war, Sie können sich also vorstellen, was wir alles gemeinsam erlebt haben. Darum haben wir in den letzten Jahren in Bihać ca. 1.500 Haselnussbäume gepflanzt, die in 7 bis 8 Jahren Früchte tragen werden. Das wird meine neue Beschäftigung, wenn ich das Mikrophon an den Nagel hänge. Ich werde eine Waldhütte bauen und mich mit dem Land, mit Viehzucht und einem Obstgarten beschäftigen und ich werde die Stille genießen, denn in meinem Leben gibt es zu viel Lärm.

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.