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INTERVIEW

Alen Islamović – Ein Stern, der nicht verblasst

Alen-Islamovic
FOTO: zVg.

LEGENDE. Als Mitglied der Kultbands Divlje Jagode und Bijelo Dugme hat er in der Rockszene Ex-Jugoslawiens tiefe Spuren hinterlassen. Und noch immer verfolgt er seine Karriere erfolgreich weiter, wenn auch mit geänderten Prioritäten.

In den Jahrzehnten seiner Arbeit in der Musikszene hat sich Alen Islamović großen Ruhm erworben. Die zeitlosen Lieder, der er gesungen und geschrieben hat, sowie auch sein bubenhaftes Gesicht, haben ihn vom Vardar bis zum Triglav zum Publikumsliebling gemacht. Leider aber blieb ihm der Weg zu einer großen internationalen Karriere aufgrund seines damaligen Mangels an Erfahrung versperrt. Eine der Eigenschaften, die Alen von vielen seiner Kollegen unterscheiden, ist seine Einfachheit.

Seine Popularität hat ihn nicht unberührbar und abgehoben gemacht, sondern sie hat ihn gelehrt, seine Freunde und sein familiäres Nest, das jetzt ein kleiner Bub mit zusätzlichem Glück bereichert, nämlich sein Enkel, sorgsam zu schützen. Mit dem Magazin KOSMO spricht der große Rockstar offen über den Verlauf seiner Karriere, die Trennung von Bijelo Dugme, die Familie und seine Pläne für die Zukunft.

Kosmo: Wie und wann haben Sie das Bedürfnis in sich entdeckt, sich in der Musik auszudrücken und sie zu ihrem Lebensinhalt zu machen?
Alen Islamović: Als Schüler hatte ich wie jeder Bub, der davon träumt, Fußballer, Arzt oder Pilot zu werden, so meine Träume und Fantasien. Ich habe davon geträumt, mit irgendetwas berühmt zu werden. Und die Musik kam irgendwie zufällig dazu, als bei uns die erste Gitarre ins Haus kam, die mir sehr gefallen hat. Die Mädchen liebten die Lieder und die Gitarre sehr und ich fühlte mich in ihrer Gesellschaft noch sicherer. In diesem Alter, in dem du die ersten Akkorde lernst, beginnst du, auf dem Instrument herumzuzupfen, solange deine Finger das mitmachen. In Bihać, wo ich geboren bin, hatte ich gute lokale Bands und wir haben bei Arbeitsaktionen, bei Mittelschülerpartys und bei Maturafeiern gespielt. Damals war ich noch nicht sicher, ob ich mit der Musik mein Brot verdienen könnte, aber das Schicksal wollte es, dass ich mich 1980 auf das Abenteuer mit Divlje Jagode eingelassen habe. Natürlich hatte sich diese große Chance durch die Bekanntschaft mit den Mitgliedern von Jagode geboten, die ebenfalls aus Bihać stammten.

TRENNUNG. „Bijelo Dugme mussten sich trennen, denn auch der ehemalige Staat war zerfallen.“

Da Sie ja aus einer Kleinstadt stammen, in der konventionelle Lebensformen herrschten, hatten Sie da nicht zumindest ein bisschen Angst, als Sie sich entschlossen haben, sich in die unsichere Welt der Musik aufzumachen?
Ich hatte keine Angst, auch wenn meine Eltern diese Welt nicht mochten. Sie sagten manchmal, dass das zu unsicher und Zeitverschwendung sei, aber letztendlich setzen sich die Liebe und der Wille gegen alles durch. Natürlich kommt es auch sehr auf das Talent an, aber mein Gott, man braucht auch ein bisschen Glück. Man muss einfach eine verrückte Liebe dazu haben, damit das so viele Jahre lang gutgeht. Mich und meine Nächsten zu behüten, da braucht es keine Fakultät, sondern die Schule des Lebens.

Der Wechsel zu Dugme war so, als wäre irgendein berühmter Fußballer von Hajduk zu Partizan übergegangen. (FOTO: zVg.)

Als Frontmann der Gruppe Divlje Jagode haben Sie der Rock-Szene mit ihren Texten und ihrem Sound eine besondere Energie verliehen, eine wilde und neue, die voll war von heißen Emotionen. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Teil Ihrer Karriere, als Sie an der Schwelle zum internationalen Ruhm standen?
Die Jagode haben mir die Tore zur Welt geöffnet. Als Vokalsolist und Texteschreiber habe ich bei dem Album „Motori“ den Ruhm, die Titelseiten der Zeitungen kennengelernt. Ich habe die ersten Gerüchte, Lügen und Falschheiten dieses Berufs erfahren, aber auch das Schöne. Die Jagode haben mit mir einen neuen Sound in den ehemaligen Staat gebracht. Wir waren Rocker mit gewaschenem Haar, rasiert und sauber, Burschen, die keinen Tropfen Alkohol getrunken haben und vor allem keine Drogen oder andere Opiate genommen haben. Wir haben uns an der Musik berauscht, die wir gespielt haben. Die großen Konzerte haben uns die Möglichkeit geboten, alle Energie, die sich in uns angestaut hatte, herauszulassen. Rock ohne Blut und Schweiß wäre kein Rock. Die Zeit mit den Jagode hat mir in meiner Karriere sehr geholfen. Da habe ich viele Dinge gelernt, die zur Musik und zu diesem Geschäft dazugehören. Und man musste ja auch etwas verdienen, um zu überleben, Gitarren, ein Auto und Kleidung zu kaufen. Leider gab es rund um die Jagode herum mehr Gauner als echte Freunde, sodass uns unsere Manager und andere Kleinkriminelle bei jedem Konzert bestohlen haben.

Der Übergang zu Bijelo Dugme war der wichtigste musikalische Transfer Jugoslawiens in jenen Jahren. Sie haben die größten Hits aller Zeiten gesungen und waren auf Ihren Tourneen der größte Star. Waren Sie damals als junger Mann, aber schon profilierter Musiker glücklich über so viel Popularität?
Der Eintritt bei „Dugme“ war so, als wäre ein hervorragender Fußballer von Hajduk zu Partizan oder in irgendeinen europäischen Club gewechselt. Ich war schon ein versierter Sänger, sodass ich keine Probleme hatte, mich bei „Dugme“ zu integrieren. Die „Dugme“ waren eine große Firma, die Konzerte und eine große YU-Tournee mit 100 – 150 Konzerten pro Jahr betrieb. Auch sie wollten wahrscheinlich irgendeine Veränderung für sich. Goran hat hervorragende Lieder geschrieben, vielleicht die besten ihrer Zeit. Mein Zauber hat der Gruppe neue Fans beschwert, darunter auch Mädchen. Es heißt, dass die Mädchen Bijelo Dugme bis dahin nicht besonders mochten. Wenn dir im Leben so etwas passiert, merkst du, dass alles, was du bis dahin gemacht hast, nicht umsonst war. Alles hatte seinen Sinnen und jedes Steinchen passte an seinen Platz. Man kann sich manchmal irren, aber ich glaube, ich habe meine Entscheidungen klug getroffen und sie waren positiv und passend. Man kann es nicht allen recht machen, aber ich hoffe, dass ich unsere Musikwelt auf meine Weise gefärbt und eine Spur hinterlassen habe.

Rock ist ein engagierter musikalischer Ausdruck, der die Aufmerksamkeit auf verschiedene Probleme der Gesellschaft lenkt, und Rocker gelten als rebellisch. Als Sie Mitglied bei Bijelo Dugme waren, hat die Geheimpolizei UDBA Sie als interessantes Beobachtungsobjekt betrachtet. War Ihnen das bewusst und wie fühlten Sie sich dabei?
Jede Generation hatte ihre Rebellen, es hing nur davon ab, wie sehr die im Licht der Öffentlichkeit standen, wie interessant sie für das Volk waren, vor allem für die Jugend. Mit den Staatsbehörden hatte ich keine Probleme, aber vielleicht hatten das andere. Vielleicht wurden einige beobachtet, verhaftet und eingesperrt, aber ich nicht. Damals konnten Popularität und Ruhm gefährlich sein, und wenn du sie nicht gebändigt hat wie ein wildes Pferd, konnte alles Mögliche passieren. Viele haben sich an ihrer Popularität die Finger verbrannt, haben andere verletzt, ihre Familien, Freunde und Kinder vernichtet und sogar ihr eigenes Leben zerstört. Mir ist nichts davon passiert, denn ich habe nicht diese instabilen Gene, meine Gene sind wie Stein.

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Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.