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Interview

Alma Zadić: „Mit all meiner Kraft und Leidenschaft“

Interview Alma Zadic Justiz ministerin ministerium kabinett bundesministerin_c-BMJ-Antonio Nedić
FOTO: BMJ/Antonio Nedic

Seit ihrer Amtsübernahme 2020 hat Justizministerin Alma Zadić bedeutende Reformen initiiert, um die Unabhängigkeit und Transparenz der Justiz zu stärken. Im aktuellen und exklusiven Interview sprach die Nationalratsabgeordnete, die im Dezember ihr zweites Kind erwartet, mit KOSMO über Gewaltambulanzen, das Phänomen Trump, das „Hass im Netz“-Gesetz und noch vieles mehr.

Frau Zadić, seit Ihrer Amtsübernahme im Jahr 2020 haben Sie zahlreiche Reformen initiiert. Welche Maßnahmen Ihrer Amtszeit als Justizministerin halten Sie für die bedeutsamsten – und warum?

Die strukturelle und finanzielle Absicherung der Justiz. Während meiner Amtszeit konnten wir nicht nur den stillen Tod der Justiz abwenden, sondern auch das Budget um 50% und 650 neue Planstellen erhöhen. Das ist notwendig denn es braucht eine starke Justiz für eine starke Demokratie. Weiters sorgen wir mit strengen Anti-Korruptionsregeln und der Stärkung der Staatsanwaltschaft dafür, dass Korruption rasch verfolgt werden kann.

Im Jahr 2017 äußerten Sie, dass die Gesellschaft sich aufgrund von Spaltung und Hetze verändert habe, was Sie politisch motivierte. Hat sich dieser Trend seitdem verstärkt, und welche Maßnahmen haben Sie als Ministerin ergriffen, um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken?

Leider hat sich dieser Trend verstärkt. Die zunehmende Verbreitung von Hass und Hetze, besonders im Internet, gefährdet unser solidarisches Miteinander und unseren  Zusammenhalt. Um dem entgegenzuwirken, haben wir das „Hass im Netz“-Gesetz umgesetzt. Hass und Gewalt im Internet haben keinen Platz in unserer Gesellschaft. Betroffene können sich mit der kostenlosen Prozessbegleitung sowohl mit Rechtsanwälten als auch mit Experten kostenlos zur Wehr setzen Hasspostings können schneller gelöscht und die Täter effektiver ausgeforscht werden.

Die zunehmende Verbreitung von Hass und Hetze gefährdet unser solidarisches Miteinander und unseren  Zusammenhalt.

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FOTO: BMJ/Antonio Nedic
Sie haben mehrfach betont, dass Vielfalt und Integration eine Bereicherung für die Gesellschaft darstellen. Welche konkreten politischen Maßnahmen konnten Sie in Österreich umsetzen, um diese Werte zu fördern?

Vielfalt und Integration sind zentrale Werte, die unsere Gesellschaft stark machen. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass Diskriminierung in allen Formen bekämpft wird. Wir haben eine umfassende Diversitätsstrategie für die Justiz umgesetzt, denn die Institutionen unserer Demokratie müssen auch unsere Gesellschaft widerspiegeln. Auch Menschen mit Migrationsbiografie müssen in Führungspositionen sichtbar sein. Viele von ihnen Leben lange in Österreich und arbeiten tagtäglich für unsere Gesellschaft und ich will sie sichtbar und hörbar machen. Ich war zwar die erste Ministerin mit Migrationsbiografie aber ich möchte nicht die letzte bleiben.

Ich war zwar die erste Ministerin mit Migrationsbiografie aber ich möchte nicht die letzte bleiben.

In den letzten Jahren haben Sie sich stark für den Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt engagiert. Wo sehen Sie noch dringenden Handlungsbedarf in diesem Bereich?

Es ist inakzeptabel, dass in Österreich weiterhin jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens Gewalt erfährt. Wir müssen an vielen Schrauben drehen um das Leben von Frauen und Mädchen sicherer zu machen. Wir haben eingeführt, dass Gewalttätige zu Anti-Gewalt-Trainings gleich bei der polizeilichen Wegweisung oder richterlichen Anordnung verpflichtet werden, die kostenlose juristische und psychosoziale Prozessbegleitung ausgebaut sowie einen Leitfaden für Familiengerichte zum Umgang mit Gewalt herausgebracht. Und ich will die Verurteilungsquote bei häuslicher Gewalt erhöhen, mit der Einführung von Gewaltambulanzen, denn diese helfen Verletzungen so zu dokumentieren, dass man sie in einem späteren Gerichtsverfahren verwenden kann.

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FOTO: BMJ/Antonio Nedic

Besonders wichtig ist es auch veraltete Rollenbilder in der Gesellschaft aufzubrechen, um Gewalt schon im Vorfeld zu verhindern. Die beste Prävention ist echte Gleichstellung auf allen Ebenen und damit wir diese erreichen braucht es eine Gesamtstrategie in Österreich, die im Kindergarten beginnt und sich durch alle Lebensbereiche zieht.

Angesichts wachsender politischer Polarisierung und populistischer Strömungen: Welche Rolle spielt die Justiz in der Wahrung der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts?

In einer demokratischen Gesellschaft sind ein starker Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz unerlässlich. Denn sie schützen unsere Demokratie vor Korruption und Machtmissbrauch. In Zeiten wachsender Polarisierung ist es entscheidend, dass die Justiz unabhängig bleibt und sich nicht von politischen Einflüssen leiten lässt. Immer wenn Rechte nach der Macht greifen, dann sehen wir was unter Orban oder Trump passiert – sie versuchen die Justiz zu schwächen und sie für ihre Zwecke umzubauen. Denn die Justiz schützt die Rechte aller Bürger und sorgt dafür, dass das Gesetz für alle gleich gilt und nicht nur einigen wenigen dient. In meiner Amtszeit haben wir die Justiz daher gezielt gestärkt, um sicherzustellen, dass sie auch in Zukunft als Garant für Freiheit, Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt fungieren kann.

Die österreichische Justiz ist europaweit Vorreiterin beim Thema Digitalisierung.

Was sind Ihre Visionen für die Zukunft des österreichischen Justizsystems, insbesondere in Bezug auf Transparenz, Unabhängigkeit und Modernisierung?

Meine Vision für die Justiz ist die einer modernen, bürgerfreundlichen und unabhängigen Institution. Transparenz ist ein wichtiger Pfeiler, und wir haben bereits Schritte unternommen, um beispielsweise bei der Besetzung wichtiger Justizstellen mehr Transparenz zu schaffen. Die geplante Einführung der Generalstaatsanwaltschaft würde die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft weiter stärken. Die österreichische Justiz ist europaweit Vorreiterin beim Thema Digitalisierung. Mit Justiz-Online haben wir den Zugang zur österreichischen Justiz bürgernäher gemacht, damit alle schnell und digital zu ihrem Recht kommen. Mit Justiz 3.0 ist eine vollkommene digitale Akten- und Verfahrensführung an bereits 160 Dienststellen möglich. Die Justiz muss zukunftsorientiert und bürgernah sein, um den Herausforderungen einer modernen Gesellschaft gerecht zu werden.

Sollte Ihre Partei nach den Wahlen nicht Teil der Regierung sein, welche Rolle sehen Sie für sich persönlich in der österreichischen Politik in den kommenden Jahren?

Eines ist klar, ich werde mich weiterhin mit all meiner Kraft und Leidenschaft für ein gerechtes Miteinander, für einen starken Rechtsstaat und für den Schutz unserer Umwelt einsetzen. Und ich werden alles daran setzen, dass wir auch in der nächsten Regierung und im Parlament eine starke Stimme sein können.

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1980 in Wien geboren, bin ich seit 2005 im Medienbereich tätig. Aufgewachsen in drei Sprachen (deutsch, serbo-kroatisch, wallachisch) sind Interkulturalität, Integration und Diversität nicht nur Fremdwörter sondern, genauso wie Medien, große Teile meines Lebens.