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INTERVIEW

Stöger: „Ich würde mich über Ćevapčići auch am Opernball freuen“

FOTO: KOSMO

INTERVIEW. Im Österreichischen Parlament, wo Gesetze geschmiedet werden und Demokratie ganz groß geschrieben wird, trafen wir Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Alois Stöger (SPÖ) zum Gespräch.

KOSMO: Herr Bundesminister, die aktuellen Studien zeigen einen positiven Trend, wenn es um Arbeitslosigkeit geht. Anders sieht es bei den arbeitslosen Migranten aus der Türkei oder Ex-Jugoslawien. Sie sind überdurchschnittlich von der Arbeitslosigkeit betroffen, da sie unter anderem von den Arbeitskräften aus anderen Oststaaten vom Arbeitsmarkt verdrängt werden. Was kann man dagegen tun?
Alois Stöger: Ja, es stimmt tatsächlich. Es sind wieder mehr Leute in Beschäftigung und die Arbeitslosigkeit sinkt weiter. Diese Zahlen sind erfreulich und sie zeigen uns, dass unsere Programme wirken. Gleichzeitig gibt es aber Personengruppen, die es schwerer haben. Das sind vor allem Personen über 50, die ihren Job verloren haben und wegen ihres Alters nicht mehr von Unternehmen aufgenommen werden. Eine zweite Gruppe mit Schwierigkeiten sind Jugendliche. In beiden Gruppen ist der Anteil von MigrantInnen im Vergleich höher. Bei den Jugendlichen setzen wir auf Qualifizierung, für Ältere schaffen wir mit der Aktion 20.000 Arbeitsplätze. Insgesamt sollte es aber nicht wichtig sein, wo jemand geboren wurde: Ziel ist es alle Personen zu erreichen, die es am Arbeitsmarkt schwerer haben. Und wir wollen, dass es Investitionen gibt – dann entstehen auch neue Arbeitsplätze.

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Lohn- und Sozialdumping sind zwei große Schlagwörter in der derzeitigen innereuropäischen Politik. Worin sehen sie die größten Gefahren für die österreichische Wirtschaft und Arbeitnehmer?
Ich bin Europäer und ich weiß warum ich Europäer bin – das Schöne an Europa ist, dass wir die Grenzen abgebaut haben. Wenn wir wollen, dass Europa weiter besteht, dann müssen wir Europa sozialpolitisch stärken. Denn ich will keine EU, in der Wirtschaft und Profite über den Menschen stehen. Ganz zentral ist daher der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Leistung am gleichen Arbeitsort. Alles andere führt zu Lohn- und Sozialdumping und damit zu Armut. Wir brauchen ein gemeinsames Vorgehen um ArbeitnehmerInnen vor Ausbeutung zu schützen, davon profitiert auch die Wirtschaft im jeweiligen Land.

Österreich war schon immer ein Einwanderungsland. Z.B. in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts sind die ersten Gastarbeiter nach Österreich gekommen, jedoch erst 2017 wird das Integrationsgesetz respektive Integrationsjahr verabschiedet. Warum hat man damals für die Arbeitsmarktintegration der „alten Migraten“ nicht so viel unternommen, wie das heute der Fall ist?
Ich glaube, dass eine Gesellschaft auch lernt. Wahrscheinlich hat man damals auch eine andere Haltung eingenommen. Man hat geglaubt, man holt Gastarbeiter, dienachher wieder zurückgehen. Um es mit den Worten von Max Frisch zu sagen, wurden in Wirklichkeit Gastarbeiter geholt, gekommen sind aber Menschen. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt das Integrationsjahr verhandeln haben können, was nicht so einfach war. Insgesamt ist das Integrationsjahr eine bahnbrechende Neuigkeit. Erstmals greifen Integrationsmaßnahmen ab dem ersten Tag. Mir geht es darum, dass Menschen, die zu uns kommen die Sprache lernen und eine Chance haben ihren Beitrag in der Gesellschaft leisten zu können. Das ist uns mit dem Integrationsjahr gelungen.

Vor einem Jahr haben Sie in einem Interview einen interessanten Satz gesagt: „Es mangelt an Offenheit, mit der wir auf Leute aus anderen Kulturen zugehen.“ Was hat sich seit dem geändert? Ist Österreich weltoffener geworden?
Ich hoffe es. Die Österreicherinnen und Österreicher sind vom Zugang offen. Und Österreich lebt in der Welt davon, dass es offen ist, dass es sich austauscht, dass es ein Land mit Kultur ist. Dennoch, die größten Barrieren sind immer jene im eigenen Kopf. Sie abzubauen ist eine große Herausforderung.

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