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Bosnisches Aufnahmezentrum Lipa trennt umstrittene Hafteinheit baulich ab

Als die ersten Veröffentlichungen zum Gefängnis publik wurden, bestritt die ÖVP-nahe Organisation ICMPD jegliche Verwicklung in den Bau der Hafteinheiten. (FOTO: SOS Balkanroute)
Als die ersten Veröffentlichungen zum Gefängnis publik wurden, bestritt die ÖVP-nahe Organisation ICMPD jegliche Verwicklung in den Bau der Hafteinheiten. (FOTO: SOS Balkanroute)

Im bosnischen Aufnahmezentrum Lipa wird die kontrovers diskutierte Hafteinheit nun baulich vom Rest der Einrichtung getrennt. Die Maßnahme erfolgt nach langen Diskussionen über die rechtmäßige Inhaftierung von Migranten und soll den Betrieb des Zentrums rechtskonform gestalten.

Das Aufnahmezentrum Lipa, idyllisch unweit des Flusses Una gelegen, galt als Vorzeigeprojekt, das von der EU finanziert wurde. Es bot Migrantinnen und Migranten kostenlose Verpflegung, Schlafplätze und medizinische Versorgung, während sie auf ihre weiteren Schritte in Europa warteten. Die Einrichtung wurde anfänglich von den Migranten als hilfreich und unterstützend erachtet. Doch eine Hafteinheit, die vor Monaten als Anbau errichtet wurde, stieß auf scharfe Kritik.

72 Stunden

Die Hafteinheit sollte dazu dienen, straffällige Migranten, die als Gefährder eingestuft waren oder einen Abschiebebescheid erhielten, für bis zu 72 Stunden zu inhaftieren. Danach sollte über ihre weitere Behandlung entschieden werden. Die Container, die von einem grün betuchten Zaun umgeben waren, wurden jedoch nie tatsächlich benutzt. Stattdessen blieben sie leer und ungenutzt, was zu kontroversen Diskussionen führte.

Räumliche Trennung

Jetzt hat das Internationale Zentrum für die Entwicklung der Migrationspolitik (ICMPD) bestätigt, dass die Hafteinheit räumlich vom Rest des Aufnahmezentrums getrennt wird, bevor sie in Betrieb geht. ICMPD-Sprecher Bernhard Schragl erklärte, dass das ICMPD auf Ersuchen der bosnischen Behörden und der EU-Delegation in Bosnien und Herzegowina abschließende bauliche Arbeiten durchführen wird. Die bosnische Ausländerbehörde wird dann über den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Hafteinheit entscheiden.

Allerdings sorgte die Entscheidung zur Errichtung der Hafteinheit bereits im Vorjahr für Kontroversen. Das EU-Aktionsdokument zur Bewältigung der Migration auf dem Westbalkan vom 22. April 2022 erwähnte die Inhaftierung von Personen im Aufnahmezentrum Lipa ausdrücklich und verband sie mit dem Ziel der Rückkehr von Migranten. Dennoch wurde die Hafteinheit nie gesondert bewilligt. Die zuständige Baubehörde der Stadt Bihać hatte keine Genehmigung für ihre Errichtung ausgestellt.

Hafteinheit nachträglich

Die Hafteinheit wurde erst nachträglich beschlossen, nachdem das Aufnahmezentrum bereits errichtet worden war. In dem Aktionsdokument wurde die ICMPD nicht als Durchführungspartner für das Projekt genannt. Nach weiteren Konsultationen zwischen der Europäischen Kommission und den Behörden von Bosnien und Herzegowina wurde die ICMPD schließlich mit der Umsetzung beauftragt.

Dies führte zu Fragen über die Zuständigkeiten und die rechtliche Grundlage für die Hafteinheit. Laut ICMPD war die Behörde für den Bau verantwortlich und nicht für die Planung oder den Betrieb der Anhalteeinrichtung. Es bleibt jedoch unklar, wer zurzeit die Verantwortung für die Hafteinheit in Lipa trägt. Und ob die ursprüngliche Baugenehmigung für das gesamte Zentrum ausreicht, um die Inhaftierung von Migranten zu ermöglichen.

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Die Entscheidung zur Trennung der Hafteinheit vom restlichen Camp Lipa soll nun dazu dienen, die Kontroversen zu entschärfen und den Betrieb der Einrichtung rechtskonform zu gestalten. Die EU hat seit 2015 versucht, die bosnischen Behörden stärker in das Migrationsmanagement einzubinden.

Sandra Plesser
Als zweites Kind jugoslawischer Gastarbeiter wurde Sandra in Wien geboren und studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Während ihrer Tätigkeit als Redakteurin bei Advanced Photoshop, mokant und Der Standard baute sie mittels Weiterbildungen ihr Wissen im Bereich Social Media-, Content- und Veranstaltungsmanagement aus. Nach drei Jahren in der Eventorganisation widmet sie sich bei KOSMO wieder ihrer Passion: dem Journalismus.