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Verurteilung

Bruder schlägt auf Schwester ein, weil sie zur Schule gehen wollte

(FOTO: Wikimedia commons/ Vindobohann)

In Wien steht ein 16-jähriger Afghane nach seiner Einreise im Rahmen einer Familienzusammenführung vor Gericht. In Abwesenheit seines Vaters übernahm er in der Familie die Hauptrolle und griff dabei teils zu gewaltsamen Mitteln. Nun fiel das Urteil: 18 Monate teilbedingte Haft.

Die Vorfälle, die zu dieser Anklage führten, waren schockierend. Der junge Mann hatte seine um ein Jahr jüngere Schwester verprügelt, weil sie zur Schule ging. Die Situation eskalierte, als sie sich weigerte, ihm einen Tee zu servieren und sie mit einem Nasenbeinbruch im Krankenhaus endete. Aber sie war nicht das einzige Opfer. Seine älteren Brüder wurden ebenfalls Opfer seiner Gewalt und er erpresste seine Mutter, um Geld für Drogen zu bekommen.

Vor Gericht verteidigte sich der Angeklagte mit einer Mischung aus Trotz und Reue. „Meine Schwester hat gesagt, dass ich eine große Nase habe“, sagte er und fügte hinzu: „Sie hat immer zuerst zugeschlagen.“

Anfangs bestritt er, seiner Schwester mit dem Tod gedroht zu haben, falls sie die Schule besucht, und zugleich wies er darauf hin, dass er seinem Bruder lediglich ein kleines Messer vorgehalten habe. Schließlich gab er zu: „Ich habe nichts Gutes gemacht.“ und schob die Schuld auf seinen Drogenkonsum: „Ich konnte nicht klar denken.“

Von den Taliban entführt und misshandelt

Der Staatsanwalt stellte fest: „Es ist ihm nicht gelungen, hier Fuß zu fassen.“ Der junge Mann hatte eine schwierige Vergangenheit. Sein Vater wurde in Afghanistan getötet und er selbst wurde bei einer Bombenexplosion verletzt. Er behauptete auch, von den Taliban entführt und misshandelt worden zu sein.

Die Vorsitzende fragte ihn nach seinen Zukunftsplänen. Der Angeklagte gab zu verstehen, dass er aus seinen Fehlern gelernt hat, insbesondere durch die Erfahrung im Gefängnis. Er erwähnte auch, dass er trotz seiner kurzen Zeit in Österreich schon eine Weile inhaftiert war. Die Richterin wies darauf hin, dass eine Rückkehr in sein bisheriges Zuhause wohl keine Option mehr sei.

Die Zukunft des jungen Afghanen ist ungewiss. Nach seiner Haft wird er vermutlich in einem Krisenzentrum und anschließend in einer Wohngemeinschaft untergebracht. Er hat sich bereit erklärt, eine Therapie zu machen, aber seine Deutschkenntnisse sind nicht ausreichend. „Es gibt nur einen Therapeuten, der Farsi spricht“, stellte die Richterin fest. „Aber der ist in Linz.“

Das Urteil lautete: 18 Monate teilbedingte Haft, drei Monate davon unbedingt. Da er diese bereits in U-Haft verbüßt hat, wurde der junge Mann nach der Verhandlung enthaftet.

KOSMO Kreativ
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