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GESUNDHEIT

Die Operation, die die Medizingeschichte des Balkans neu geschrieben hat

(Foto: zVg.)

Das Herz gilt gemeinhin als das wichtigste menschliche Organ, daher herrscht verständlicherweise eine große Angst vor Herzkrankheiten. Aber selbst, wenn so eine Erkrankung eintritt, hat die moderne Medizin dagegen heute wirksame Mittel. Eine Herztransplantation ist für den Patienten eine realistische Chance auf ein neues Leben.

Dr. Boris Goronja, Facharzt für Kardiologie und höherer wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für Herztransplantation des Wiener AKH, ist in Banja Luka geboren. Die Grund- und Mittelschule absolvierte er in seiner Heimatstadt und das Medizinstudium in Belgrad und Banja Luka. In Belgrad schloss er auch seine Facharztausbildung und die Subspezialisierung auf Innere Medizin und Kardiologie sowie sein Postdiplomstudium ab. Seine Karriere begann in Banja Luka, wo er sich insbesondere auf den Einsatz von Herzschrittmachern konzentrierte und schnell das Vertrauen der Patienten und Kollegen gewann. Bald jedoch führte ihn sein Wunsch nach weiterer Vertiefung seiner kardiologischen Fähigkeiten nach Wien, aber zuvor ereignete sich noch eine ganz besondere Geschichte.

KOSMO: Wann sind Sie erstmals in Ihrer ärztlichen Funktion nach Wien gekommen?

Dr Boris Goronja: „Das war 2008. Damals lag in meiner Abteilung in Banja Luka ein 17-jähriger Bursche, dessen Herz nur noch eine 10-prozentige Leistung zeigte. Wir waren nicht sehr optimistisch, ihn retten zu können, denn in unserer Region war eine Herztransplantation in jener Zeit unmöglich. Ich wusste schon, dass in Wien diese Möglichkeit bestand, aber es gab keine administrative Möglichkeit, den Patienten ins AKH zu schicken. Ich fragte dennoch Prof. Milašinović, meinen Mentor in Belgrad, um Rat, und er kontaktiere seinen Kollegen in Wien und so erhielten wir schon innerhalb einer Woche einen Termin im AKH.

August 2008: Prof. Andreas Zuckermann, Dr. Stephane Mahr, Dr. Martina Gremmer, D.T., Prof. Daniel Zimpfer, Dr. Boris Goronja (Foto: zVg.)

Leider hatte Banja Luka zu jener Zeit keinen entsprechenden Krankenwagen, um schwer kranke Patienten in die EU zu bringen, daher machten wir uns mit einem Dienstwagen des Präsidenten der Republika Sprska auf den Weg nach Wien und luden die Batterien des Defibrillators an den Tankstellen am Weg auf. In Wien empfing uns Prof. Dr. Andreas Zuckermann, der damals noch neue Leiter des Zentrums für Herztransplantationen. Nach einer Untersuchung des Patienten und einer Durchsicht seiner Dokumente wurde bestätigt, dass er eine Herztransplantation benötigte. In dem Professor erkannte ich einen großen Wunsch, Menschen zu helfen. Mir schien er in diesem Moment wie ein Gott. Das war eine ganz andere Dimension als alles, was ich bisher kennengelernt hatte. Mir wurde klar, dass wir zwar Herzen behandelten, Stents und Herzschrittmacher einsetzten und Herzklappen ersetzen konnten, aber Prof. Zuckermann transplantierte Herzen und die Patienten lebten.“

Hat Ihr Patient ein neues Herz bekommen?

„Patienten, die auf der Warteliste stehen, müssen immer eine Tasche gepackt haben und bereit sein, wenn es ein Herz gibt, das für sie passen könnte. Dann müssen sie innerhalb weniger Stunden im Krankenhaus sein, wo sie von einem ganzen Ärzteteam erwartet werden. Der erste Besuch in Wien fand im April statt und im August wurde der Patient mit einem Flugzeug abgeholt, denn es stand ein Organ zur Verfügung. Die Operation war erfolgreich und der Bursche lebte 15 Jahre mit dem transplantierten Herzen.

Dann starb er durch einen Unfall. Er hat indirekt für den ganzen Balkan die Türen und den Weg für eine entsprechende ärztliche Ausbildung geöffnet und zu einer Bewusstseinsänderung mit Bezug auf Transplantationen beigetragen, denn über seine Geschichte wurde damals in fast allen Medien berichtet. Ich verbrachte zu der Zeit einige Monate zur Ausbildung in Wien, denn die postoperative Entwicklung des ersten Transplantationspatienten musste ja in Banja Luka betreut werden. Professor Zuckermann ließ mich an vielen Dingen teilhaben. Ich konnte an Myokardbiopsien teilnehmen und die Nachbetreuung nach Transplantationen kennenlernen. Aufgrund der Vorschriften von Eurotransplant, dass 3 % der Patienten aus Ländern, die keine Mitglieder sind, neue Organe erhalten können, wurden etwa zehn weitere Herzen transplantiert. Die Kosten aller Eingriff und der späteren immunsuppressiven Therapien übernahm der staatliche Gesundheitsfonds.“

Einige Jahre später sind Sie ganz nach Wien übersiedelt und arbeiten im AKH…

„Mein Weg bis zu dieser Beschäftigung in Österreich war nicht leicht. Ich musste mein Diplom aus der medizinischen Fakultät nostrifizieren und meine deutschen Sprachkenntnisse waren etwa auf B2-Niveau, was nicht ausreichte. Aber ich habe die Nostrifikation erfolgreich abgeschlossen und im Zentrum für Herztransplantationen der Uniklinik AKH den Titel eines höheren wissenschaftlichen Mitarbeiters erhalten. Da ich nicht Chirurg bin, sondern Kardiologe, arbeite ich nicht im Operationssaal, aber ich bin im Team von Professor Zuckermann. Mit den Herzschrittmachern, die ich in Banja Luka eingesetzt habe, beschäftige ich mich in Wien nicht, aber es besteht die Möglichkeit, dass ich in Zukunft zu meiner alten Lieblingsbeschäftigung zurückkehre.“

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