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INTERVIEW

Doskozil: „Wir im Burgenland gehen unseren eigenen Weg“

(FOTO: Manfred Weis)

Am 26. Jänner finden im Burgenland die vorgezogenen Landtagswahlen statt. Wir trafen den derzeitigen Landeshauptmann und Spitzenkandidaten der SPÖ-Burgenland, Hans Peter Doskozil zum Interview.

KOSMO: Die Bundes-SPÖ steht derzeit bei den Wählern in nicht besonders hoher Gunst, wie schaffen Sie es, Probleme in der Bundespartei von Ihrer Landespartei zu trennen und das Vertrauen der Wähler zu behalten? Kurz gesagt: Was machen Sie besser?
LH Doskozil: Wer was besser oder weniger gut macht, hat ausschließlich der Wähler zu beurteilen. Es geht auch um keinen Wettbewerb innerhalb der SPÖ. Wir haben uns im Burgenland für einen eigenständigen Weg entschieden, indem wir inhaltlich klar sagen: Wir sind konsequent in Fragen der Sicherheit und Migration und sprechen die Interessen der breiten Mehrheit der Bevölkerung bei Schlüsselthemen wie Einkommen, Arbeitsmarkt, Gesundheit, Bildung und Pflege an. Und wir haben auch im Wahlkampf einen neuen Weg beschritten: Statt Versprechen für die Zeit nach der Wahl abzugeben, haben wir unsere wichtigsten Projekte – Einstieg in den Mindestlohn, Pflegereform, Gratiskindergarten und kostenloser Englisch-Zusatzunterricht für Volksschüler sowie die Bio-Wende – schon vorher umgesetzt. Die Wähler sollen uns an Ergebnissen und nicht an Ankündigungen bewerten!

Im Gegensatz zu vergangenen Wahlkampagnen ist die aktuelle direkt auf Ihre Person zugeschnitten. Haben Sie gezielt auf Unterstützung vonseiten der Bundes-SPÖ verzichtet und welche Vorteile versprechen Sie sich von solch einer Herangehensweise?
Mein Team und ich stehen im Burgenland zur Wahl und treten an, um das Burgenland weiter voranzubringen. Daher ist es auch nur konsequent, dass wir so auch unsere Kampagne anlegen. Da ich die Hauptverantwortung für unser gemeinsames Programm trage und als Landeshauptmann kandidierte, spreche ich auch direkt die Menschen an. Ich halte das nur für ehrlich und konsequent. Andere plakatieren Personen, die gar nicht im Burgenland gewählt werden können.

„Es gibt in Europa keine vergleichbare Region, wo das Miteinander unterschiedlicher Volksgruppen, Sprachen und Konfessionen so gut funktioniert wie im Burgenland“ , betonte LH Doskozil.

Kürzlich haben Sie ein Reformprogramm gestartet, welches einen Mindestlohn im Landesdienst von 1.700 Euro netto. Wie sieht es mit der Privatwirtschaft aus?
Wir haben mit 1. Jänner eine Besoldungsreform umgesetzt, die generell höhere Einstiegsgehälter bei einer flacheren Lebensverdienstkurve und auch den Mindestlohn vorsieht. Das ist im Landesdienst und in der KRAGES mit 1. Jänner in Kraft getreten. In einem nächsten Schritt werden wir den Mindestlohn in den Beteiligungen der Landesholding und im Gemeindedienst ausrollen. Danach werden alle weiteren Bereiche folgen, in denen Landesgeld investiert wird, z.B. im Pflegebereich. Auch die Privatwirtschaft werden wir überzeugen – wobei klar ist, dass das bei kleinen und mittleren Betrieben nicht von heute auf morgen geht und auch einer steuerlichen Entlastung bedarf. Viele Unternehmen zahlen den Mindestlohn aber jetzt schon.

Anfang des Jahres erfolgte der Spatenstich für ein dreisprachiges Pflegeheim in Schandorf. Wie kam es zur Entscheidung, die Mehrsprachigkeit auch im Pflegesektor hervorzuheben und was macht dieses Projekt einzigartig?
Wir haben im Rahmen des Zukunftsplans Pflege ein völlig neues Anstellungsmodell für pflegende Angehörige gestartet, um die Betreuung daheim zu unterstützen. Andererseits kommt es auch zu einem gut kalkulierten Ausbau von Pflegeplätzen – auch in Schandorf, wo wir 60 Plätze schaffen, die dreisprachig ausgerichtet sein werden. Damit tragen wir den burgenländischen Volksgruppen Rechnung. Gerade für ältere Menschen ist die Sprache, in der sie aufgewachsen sind, von besonderer Bedeutung – daher werden wir in diesem Pflegeheim auch das Personal so auswählen, dass neben Deutsch auch Kroatisch und Ungarisch gesprochen werden kann.

Welche Bedeutung spielen die kroatische und ungarische Volksgruppe für das Burgenland, sowohl kulturell, gesellschaftlich als auch wirtschaftlich?
Die Vielfalt unserer Volksgruppen ist der besondere Reichtum unseres Bundeslandes – in jeder Hinsicht. Es gibt in Europa keine vergleichbare Region, wo das Miteinander unterschiedlicher Volksgruppen, Sprachen und Konfessionen so gut funktioniert. Gerade junge Menschen, die zweisprachig aufgewachsen sind, haben dadurch auch große Chancen in einem zusammenwachsenden Europa. Aber die wirtschaftliche Perspektive ist da zweitrangig – es geht in erster Linie um ein Modell des respektvollen Zusammenlebens.

(FOTO: Manfred Weis)

Welche Maßnahmen haben Sie hinsichtlich des Klimaschutzes geplant, der einen relativ großen Teil Ihrer Wahlkampagne einnimmt?
Das Burgenland ist beim Ausbau der Erneuerbaren Energie eine Musterregion in Europa – wir erzeugen heute rund 150 Prozent des im eigenen Land benötigten Stroms aus erneuerbaren Quellen, vor allem Windkraft. Auch mit der Bio-Wende haben wir eine österreichweite Vorreiterrolle eingenommen. Unsere neue Klima- und Energiestrategie wird all diese Maßnahmen bündeln. Ziel ist, den gesamten Energiebedarf bis 2050 aus Erneuerbarer Energie abzudecken und das Burgenland klimaneutral zu machen. Das werden wir schaffen. Ich bin aber für eine Klimaschutz-Politik mit Hausverstand. Das heißt: Wir müssen positive Anreize schaffen, z.B. zum Umstieg auf E-Mobilität – ich bin aber strikt gegen zusätzliche Belastungen, etwa für burgenländische Pendlerinnen und Pendler.

Inwiefern wird Koalition auf Bundesebene Einfluss auf das Wahlergebnis im Burgenland haben und was erwarten Sie für die Sozialdemokratie?
Im Burgenland stehen burgenländische Themen und burgenländische Persönlichkeiten zur Wahl. Die Menschen differenzieren sehr genau, um welche Ebene es geht – wir haben viele Gemeinden, wo bei einer Bürgermeister-Wahl völlig anders abgestimmt wird wie bei einer Landtags- oder Nationalratswahl. Daher wir der Einfluss von außen begrenzt sein.

Sie haben die Koalition mit der FPÖ aufgelöst und vorgezogene Landtagswahlen ausgerufen. Heißt das, dass eine Koalition mit den Freiheitlichen ausgeschlossen ist?
Wir haben in dieser Koalition konstruktiv und sachlich zusammengearbeitet – wir haben uns auch gemeinsam auf diesen Wahltermin geeinigt und bis zuletzt an unseren Projekten gearbeitet. Grundsätzlich ist jetzt einmal der Wähler am Wort. Für eine Zusammenarbeit gelten für mich zwei Parameter: Erstens die inhaltliche Übereinstimmung, zweitens – und vor allem – die Handschlagqualität bzw. das gegenseitige Vertrauen.