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MUSIK

Elemental: ,,Wir lieben es, das Publikum zu überraschen“

(Foto: Kristijan Smok)
(Foto: Kristijan Smok)

Die Band Elemental gründet ihre Songs auf Rapmusik, aber ihr Ausdruck lässt sich nicht so einfach auf dieses musikalische Genre begrenzen. Ihre musikalische Vision umfasst verschiedene Stile, was ihrer Musik eine besondere Originalität und Einzigartigkeit verleiht. Mit Vertretern der Band Mirela Priselac-Remi und Luka Tralic-Shot haben wir über ihre Musik, das neue Album und ihre Zukunftspläne gesprochen.

KOSMO: Ihr habt gerade zwei Singles herausgebracht: Hajde ljubav dođi / Usta na usta. Interessant ist, dass ihr die Liebe in einem Lied einladet, d.h. ihr singt über eine Person, die bereit ist sich zu verlieben, und im anderen verabschiedet ihr euch irgendwie von ihr. Ist das Zufall? Oder könnt ihr uns erzählen, wie diese beiden Singles entstanden sind?


Shot: Also, ich gebe ehrlich zu, dass die beiden Singles nicht absichtlich so ausgefallen sind, so diametral entgegengesetzt in den Gefühlen. Im Arbeitsprozess an neuen Liedern spielen wir verschiedene Entwürfe durch, von denen einige dann zu ganzen Liedern werden, mit verschiedenen Themen und verschiedenen Blickwinkeln auf diese Themen. Jetzt ist es so gekommen, dass diese beiden Lieder irgendwie gegenläufig, um nicht zu sagen antiproportional zu einander ausgefallen sind. Und das fanden wir witzig!

Kann das Publikum weitere Überraschungen von Elemental erwarten? Sind diese beiden Singles Vorboten eines neuen Albums und wann könnten wir das erwarten?

,,Für uns ist das Komponieren neuer Lieder immer Spaß und Entspannung“, sagt Shot.


Remi:
Absolut „ja“ auf alle Fragen in dieser Frage, hehe…. Wenn wir im Laufe der Jahre eines gelernt haben, dann das, dass Elemental sein Publikum wirklich gerne überrascht, selbst die Hörer, die einen gewissen Sound, den wir spielen, schon „gewöhnt“ sind. Jedes Album gewinnt ein paar neue Hörer und gibt einige auf, die keine Fans des neuen Sounds sind, aber das ist ein ganz normaler und gewöhnlicher Teil des Prozesses, vor dem wir keine Angst haben. Wir müssen einfach experimentieren und immer etwas Neues ausprobieren, denn das liegt in der Natur unserer Band und vielleicht auch in unseren persönlichen Naturen. Das neue Album werden wir hoffentlich im Herbst/Winter 2023 präsentieren, wie bei den Modedesignern, eine neue Kollektion für neue, andere Zeiten.

Die Zeiten haben sich geändert, aber auf viele soziale Fragen wurde auf dem Balkan noch immer keine angemessene Antwort gefunden. In vielen eurer sozial engagierten Lieder geht es um unsere Mentalität. Wie sehr haben wir uns in diesen dreizehn Jahren verändert und haben wir uns überhaupt verändert?

Shot: Wir ändern uns schon, aber nie genug. Natürlich passiert alles Mögliche und selbst wir kommen zu so manchen neuen Einsichten, aber während wir unsere Optik ein bisschen verändern, geht der Rest der Welt weiter. Dann wollen wir wieder aufholen, werden über das Ganze frustriert und beklagen uns, dass wir nicht so sind wie die anderen.

Und wieder machen wir einen Sprung vorwärts, aber umsonst, wenn die Welt schon wieder weiter ist. So ist das mit unserer Mentalität. Und wenn wir eine passende Antwort auf all das finden wollen, was uns passiert – dann denken wir das doch nie zu Ende. Denn wenn wir auch irgendeine logische Antwort finden, dann ist diese Antwort zu brisant und wir geraten wieder auf religiöser und nationaler Basis in Konflikt. Das haben wir seit Jahrzehnten so trainiert und können es bei jedem ernsten Thema perfekt so umsetzen.

(Foto:Kristijan Smok)

Gibt es für die jungen Leute und die neuen Generationen, die in Ex-Jugoslawien bleiben, Hoffnung? Wird es für uns irgendwann besser?

Remi: Ich glaube, der Balkan ist immer ein Raum großer Migrationen gewesen, den die Menschen auf der Suche nach ihrem täglichen Brot verlassen haben. Darum wundert es mich nicht, dass die Menschen z.B. nach der Öffnung der kroatischen Grenzen für die EU tatsächlich in großen Zahlen von hier weggehen. Dies ist eine wunderbare Region, territorial, aber menschlich trägt sie die Last großer Konflikte und es ist nicht leicht, dieses Damoklesschwert über dem Kopf hängen zu haben.

Vor allem nicht für die jungen Generationen, die wir davon überzeugt haben, dass die Welt ein globales Dorf ist, und die sich entscheiden, ein Leben in anderen geographischen Längen und Breiten auszuprobieren. Die Leute, die hier leben, haben die Tendenz, die Schuld für die Dinge immer irgendwo anders zu suchen, aber nicht bei sich selbst. Solange wir nicht ehrlich in uns hineinschauen und begreifen, wo unsere Fehler sind, wird es nicht besser werden.

,,Ich glaube, der Balkan ist immer ein Raum großer Migrationen gewesen, den die Menschen auf der Suche nach ihrem täglichen Brot verlassen haben“, sagt Remi.

Eure Band feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Wenn ihr jetzt auf eure Karriere zurückblickt, bei welchem Lied oder Album denkt ihr dann, es hätte beim Publikum besser ankommen können oder sollen? Was würdet ihr in dieser Beziehung anders machen?

Shot: Naja, es ist traurig, wie das letzte Album angekommen ist. Es hätte mehr verdient. Das ist das Album „Ilica“. Auf dem Album sind Lieder, die unmittelbar vor Beginn der Pandemie entstanden sind und dann nach dem Erdbeben in Zagreb noch weiter gereift sind. Wir haben geglaubt, dass die Pandemie relativ schnell vorbei sein würde, und haben das Album damals in der Hoffnung veröffentlicht, dass wir wieder Gelegenheit hätten, aufzutreten und das Album so bekanntzumachen.

Aber die Lockdowns nahmen kein Ende und „Ilica“ wurde eigentlich nie so gespielt, wie es geplant war. Es ist einfach irgendwie ein verlorenes Album mit hervorragenden Liedern geblieben, die niemals ihr Konzertgewand erhielten. Ein paar Lieder konnten wir in unser jetziges Repertoire aufnehmen, aber wir können nicht das ganze Album spielen. Es passt nicht in die Setlist, denn wir müssen auch die älteren Lieder berücksichtigen. Und so… ist das Ganze einfach ein bisschen traurig verlaufen… schade…

Ihr seid Teil der alternativen Szene am Balkan. Wie seht ihr heute die neuesten Musiktrends und bleibt ihr euch und eurem Stil treu, so wie bisher?

Remi: Wir bleiben uns musikalisch und textlich treu, selbst wenn das kein populäres Narrativ ist. Und obwohl wir uns permanent verändern, folgen wir den neuen Trends nicht, sondern bemühen uns, sie zu bestimmen. Es nicht leicht, sich mit jedem neuen Album aus der Komfortzone des „letzten Hits“ zu wagen und sich einer ganz neuen Seite zuzuwenden, um wieder etwas Neues auszuprobieren und etwas Neues auf die Bühne zu bringen. Aber so machen wir es immer. Darum klingen unsere Lieder nach „Romantika“ nicht wie „Romantika 2“ oder „Romantika 3“, sondern anders und frischer.

Was motiviert euch am meisten und macht ihr auch Lieder, die eine Fusion verschiedener Stile darstellen?

Shot: Na, für uns ist das Komponieren neuer Lieder immer Spaß und Entspannung. So wie andere Sport mögen und wieder andere Abzeichen und Servietten sammeln, so macht uns das Spielen, Proben und Komponieren Spaß. Daher ist unsere Motivation in der frühen Phase eigentlich sehr geerdet und einfach. Aber wenn der grobe Entwurf eines Liedes fertig ist, dann beginnt die Arbeit an dem Thema, das Polieren der Textidee und des Textes selbst. Und darum wird es dann oft sehr kompliziert und vielschichtig.

(Foto: Kristijan Smokl)

Aber das ist alles Teil unseres internen Spiels. Du bemühst dich, etwas zu schaffen, das dich begeistert und damit dann auch den Rest der Band zu begeistern. Und am Ende hoffen wir, dass das Publikum sich darin irgendwie wiederfindet. Das ist ein komischer Prozess. Zeitweilig komplett introvertiert und dann wieder wie ein öffentlicher Striptease, der alles zeigt, was wir sind oder sein wollen.

Was sind eure Zukunftspläne?

Remi: Ein neues Album, neue Singles, neue Orte, an denen wir spielen. Und ich hoffe, viel Spaß und Freude am Arbeiten.