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kontroverse Praxis

Gedeckgebühren in Wien: Luxus oder Abzocke?

Tisch-decken
(Foto: istockphoto)

In Wiens Gastronomieszene wird eine kontroverse Praxis immer häufiger diskutiert: die Berechnung von Gedeckgebühren, auch bekannt als „Couvert“. Vor allem in den höherpreisigen Betrieben in der Innenstadt bemerken Gäste zunehmend diese zusätzlichen Kosten – oft bis zu fünf Euro pro Person.

Trotz der Angabe auf den Speisekarten sorgen unerwartete Posten auf der Rechnung bei vielen Gästen für Unmut, wie man auf Plattformen wie Trip Advisor oder Google sehen kann. Mario Pulker, Leiter der Sparte Gastronomie bei der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), versucht zu beschwichtigen: „Von unseren 6.000 Mitgliedern erheben hauptsächlich die exklusiveren Restaurants solche Gebühren.“

Perspektiven der Wiener Gastronomen

Einige Gastronomen verteidigen die Gedeckgebühr mit unterschiedlichen Argumenten. So erklärt Thomas Schreiner, Betreiber des Lokals „Schreiners Essen“ in der Westbahnstraße, dass er seit 15 Jahren eine Gebühr erhebt und seinen Gästen dafür Tischkultur, Brot sowie vier verschiedene Aufstriche bietet. Mit Hauptgerichten ab 25 Euro bewegt sich das Lokal nicht in der Spitze der gehobenen Gastronomie, und Beschwerden über Gebühren sind ihm bisher nicht begegnet. Der Aufschlag wird klar in der Speisekarte aufgeführt.

Ein anderes Modell verfolgt Erich Fiala, der kürzlich sein Lokal „Kendang“ in der Webgasse eröffnet hat. Nach reiflicher Überlegung entschloss er sich, eine Gedeckgebühr einzuführen, um den Gästen einen ersten Eindruck des kulinarischen Erlebnisses zu vermitteln. Das derzeitige Gedeck umfasst eine Karaffe Wasser, vegane frittierte Chips (Krubuk) und hausgemachtes Sambal. Ab Oktober wird zusätzlich ein wärmender „Shot“ serviert. „Wir verrechnen 2 Euro pro Person, jedoch nur für Erwachsene“, erläutert Fiala und berichtet, dass die Resonanz überwiegend positiv sei.

Von Tradition zu modernen Herausforderungen

Laut Erwin Scheiflinger, Vize der Wiener Wirtschaftskammer Gastronomie und Betreiber des Traditionslokals „Bastei Beisl“ in der Wiener Innenstadt, sind Gedeckgebühren vornehmlich in teureren Lokalen verbreitet. Diese erheben etwa 5 Euro für Brot, Stoffservietten und Aufstriche. Der Großteil der Gastronomiebetriebe verzichtet im Alltagsgeschäft auf solche Gebühren, greift jedoch bei besonderen Anlässen darauf zurück, da einfachere Zusatzleistungen nicht mehr kostenfrei angeboten werden können.

Die Akzeptanz der Gedeckgebühr unter Wiens Gästen ist zwiegespalten. Einige schätzen die Qualität und das Ambiente, das ihnen geboten wird, andere lehnen Zuschläge für einfache Gerichte wie Gulaschsuppe ab. In vielen europäischen Ländern sind solche Gebühren bereits etabliert, doch in Wien bleibt ihre Nutzung umstritten, insbesondere in der einfacheren Gastronomie. Erwin Scheiflinger meint: „Wer mehr Wert auf eine umfangreiche Tischdekoration legt, ist bereit, die zusätzlichen 3 Euro zu bezahlen.“