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INTERVIEW

INTERVIEW: „Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen!“

(Foto: Igor Ripak)

Wir sprachen mit dem Bezirksvorsteher des 15. Wiener Bezirks Rudolfsheim-Fünfhaus, Dietmar Baurecht, und der Bezirksgeschäftsführerin von RH-FH und Klubvorsitzende, Verena Schweiger, über die Problematik und Gefahr der ,,K.O.“ (Knock-out) Tropfen in Wien.

KOSMO: Warum ist das Thema K.O.-Tropfen in letzter Zeit so aktuell geworden?
Dietmar Baurecht: Das Problem, über das wir sprechen, existiert in Wien schon seit vielen Jahren. Insbesondere nach der Corona-Pandemie hat es wieder an Aktualität gewonnen. Junge Menschen, die aufgrund von Lockdowns und geschlossenen Clubs und Bars fast drei Jahre lang nicht feiern konnten, haben begonnen, das Nachtleben erneut zu genießen. Mit den steigenden Ausgehaktivitäten nimmt auch die Zahl der Opfer zu, denen K.O.-Tropfen ins Getränk gemischt werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, junge Menschen über dieses Thema zu informieren und präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Verena Schweiger: In unserem Bezirk sind wir sehr dankbar für die Initiative unserer Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin, Kathrin Gaál. Sie startete die Kampagne „Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen!“, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Es geht auch darum, die Menschen zu warnen. Vor allem junge Mädchen bzw. Frauen sollten wachsam sein und auf ihre Getränke achten, um sich vor K.O.-Tropfen zu schützen.

,,Es ist von Bedeutung, dass wir Informationsflyer und Plakate bereitstellen und dass junge Menschen sich der Gefahr bewusst sind und wissen, wie sie sich schützen können“, so der Bezirksvorsteher Dietmar Baurecht.

Wie ist die aktuelle Situation in Wien?
Dietmar Baurecht: Leider verschlechtert sich die Situation in Wien in Bezug auf K.O.-Tropfen kontinuierlich. Allein 2022 gab es beim 24-Stunden-Frauennotruf rund 70 Beratungen, 2021 waren es etwa 40 und 2020 lediglich 20 Fälle. Immer mehr junge Menschen, insbesondere junge Frauen, werden zu Opfern. Genau deshalb ist es so wichtig, über dieses Thema zu sprechen und es durch eine Kampagne sichtbar zu machen. So können junge Menschen, die vielleicht beim Ausgehen bemerken, dass jemand etwas in ein Getränk gemischt hat, angemessen reagieren. Es ist von Bedeutung, dass wir Informationsflyer und Plakate bereitstellen und dass junge Menschen sich der Gefahr bewusst sind und wissen, wie sie sich schützen können.

Wie können sich Einzelpersonen schützen oder vorsichtig sein, um nicht Opfer von K.O.-Tropfen zu werden?
Verena Schweiger: Wenn wir über Schutz sprechen, ist es wichtig zu betonen, dass man sein Getränk nie unbeaufsichtigt lassen sollte und dass Freund*innen gegenseitig aufpassen sollten, um solche Situationen zu vermeiden. Das Problem mit K.O.-Tropfen ist, dass sie geschmacklos und in Getränken unsichtbar sind. Daher bemerkt man sie erst, wenn die betroffene Person das kontaminierte Getränk konsumiert hat.

,,Es ist essenziell, die Symptome einer möglichen Vergiftung durch K.O.-Tropfen zu erkennen“, so Verena Schweiger. (Foto: Igor Ripak)

Verena, Sie waren Opfer von K.O.-Tropfen. Was ist damals passiert?
Verena: An einem Abend vor einigen Jahren wurden leider auch mir unbemerkt K.O.-Tropfen verabreicht. Ich erwachte zu Hause und stellte fest, dass mein Telefon, meine Geldbörse und meine Ausweise fehlten und ich fast keine Erinnerungen mehr an den Abend hatte. Glücklicherweise hatte ich keine körperlichen Verletzungen. Am nächsten Morgen suchte ich sofort ein Krankenhaus auf, wo bestätigt wurde, dass mir K.O.-Tropfen verabreicht wurden. Es ist aber nicht so, dass K.O.-Tropfen nur Frauen verabreicht werden. Tatsächlich steigt auch die Zahl der betroffenen Männer stetig an. Daher sind präventive Maßnahmen von größter Bedeutung.

KONTAKTE

Service-Nummern, unter denen Sie sich melden können, wenn Sie glauben, Opfer von K.O.-Tropfen zu sein oder wenn jemand in Ihrer Nähe betroffen ist:

Die Polizei: 133
Die Rettung: 144

24-Stunden Frauennotruf

  • Telefonische Beratung für Mädchen ab 14 Jahren und Frauen, die von sexueller, körperlicher oder psychischer Gewalt betroffen sin
  • Tel. 01/71 71 9, rund um die Uhr, kostenlos

Frauen*beratung – Notruf bei sexueller Gewalt

  • Beratung für Mädchen* und Frauen*, die von sexueller Gewalt betroffen sind
  • Psychosoziale und juristische Prozessbegleitung
  • Tel. 01 523 22 22

Weitere Stellen und Informationen erhalten Sie hier.

Welche Anzeichen sollten beachtet werden, wenn man den Verdacht hat, dass jemandem K.O.-Tropfen verabreicht wurden?
Dietmar Baurecht: Freunde und Bekannte sollten ebenfalls darauf geschult sein, solche Anzeichen zu erkennen. Bei akuten gesundheitlichen Problemen sollte der Rettungsdienst gerufen werden. Bei Gefahr sollte man die Polizei kontaktieren. Der 24-Stunden-Frauen-Notruf ist ebenfalls immer zu erreichen. Es ist wichtig zu wissen, dass K.O.-Tropfen nur für kurze Zeit nachweisbar sind. Daher sollte man bei Verdacht schnell handeln und sich medizinisch untersuchen lassen. Bei Vorfällen in Clubs oder Bars sollte das Personal informiert und der Vorfall dokumentiert werden.
Verena Schweiger: Es ist essenziell, die Symptome einer möglichen Vergiftung durch K.O.-Tropfen zu erkennen. Typische Anzeichen sind plötzliche Euphorie, gefolgt von Übelkeit, Erbrechen und in schweren Fällen Bewegungs- oder Bewusstlosigkeit. Bei solchen Symptomen sollte man sofort handeln und Hilfe holen.

Was sind K.O.-Tropfen?

K.O.-Tropfen, oft auch als „Date Rape Drugs“ bezeichnet, sind Substanzen, die heimlich in Getränke gemischt werden, um das Opfer wehrlos zu machen oder das Bewusstsein zu trüben. Diese Mittel sind geruch- und geschmacklos und daher schwer zu erkennen. Opfer können sich nach der Einnahme oft nicht mehr an das Geschehene erinnern. Die Verwendung von K.O.-Tropfen ist illegal und stellt eine schwere Straftat dar. Es ist essentiell, beim Ausgehen wachsam zu sein und seine Getränke stets im Auge zu behalten, um sich vor solchen Übergriffen zu schützen.

Neben der Kampagne, gibt es weitere spezielle Präventionsmaßnahmen oder Aufklärungskampagnen in Wien zu diesem Thema?
Dietmar Baurecht: Die Wiener Polizei unterstützt aktiv die Aufklärungskampagnen zu diesem Thema und ist entsprechend geschult. Neben diesen Kampagnen gibt es spezielle Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen in Schulen und Jugendvereinen, da die Zahl der Vorfälle jährlich ansteigt. Die Kampagne bietet umfassende Informationen und deckt ganz Wien ab. Bars oder Clubs, die Informationsmaterial benötigen, können sich an die Bezirksvorstehung wenden. Es ist wichtig, dass alle Bezirke in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und der Polizei kooperieren, um umfassende Informationen bereitzustellen. Die Kampagne erhöht die Sichtbarkeit des Problems und sensibilisiert die Öffentlichkeit für dieses wichtige Thema.