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VERANTWORTUNG

Kinder als Dolmetscher (Teil 3): „Es ist besser, wenn Experten zum Einsatz kommen“

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(FOTO: Privat, iStockphoto)

VERANTWORTUNG DER JÜNGSTEN. Es kommt sehr oft vor, dass Migrantenkinder in Österreich für ihre Eltern in unterschiedlichen staatlichen Behörden und Institutionen dolmetschen oder übersetzen müssen, weil ihre Eltern der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind. KOSMO forschte nach, wie anstrengend die Rolle eines Dolmetschers für ein Kind sein kann und was passiert, wenn Kleine große Verantwortungen übernehmen müssen.

Aleksandra Bekovac (24) wurde in Wien geboren und studiert Russistik. Während Deutsch für sie ihre Muttersprache darstellt, so bezeichnet sie Serbisch als ihre Zweitsprache. Außerdem spricht sie, sowie Selma und Alena, Englisch und Französisch. „Obwohl ich Serbisch als zweite Muttersprache zähle, da ich mit dem Deutschen aufgewachsen bin, hat mich Serbisch immer als Urpsrung meiner Familie begleitet. Definitiv überwiegen meine Deutschkenntnisse, da ich, wie gesagt, in Österreich geboren wurde und sowohl zu Hause als auch in der Schule hauptsächlich mit Deutsch konfrontiert wurde. Natürlich verfüge ich auch über ausgezeichnete Sprachkenntnisse im Serbischen, jedoch kann ich nicht sagen, dass ich gewisses Fachvokabular in dieser Sprache anwenden oder verstehen kann“, erzählt uns Aleksandra.

In meiner Kindheit und im Jugendalter haben meine Eltern überwiegend zu Hause Deutsch gesprochen, da sie wollten, dass ich in der Schule wie alle anderen Österreicher spreche. Als ich jedoch älter geworden bin, kam ich immer mehr in Kotakt mit der serbischen Sprache, auch in der Schule, sodass mich diese sowohl in der Ausbildung als auch letztendlich zu Hause immer mehr begleitet hat.

„Am schwierigsten war es, wenn man sich an einem Ort befindet, an dem man kein Wörterbuch oder das Internet parat hat und sich einfach an ein bestimmtes Wort bzw. Synonym nicht erinnern kann. Man muss dann ganz schnell was übersetzen. Das Wort liegt einem auf der Zunge aber leider blockiert das Gehirn.“

Obwohl ihre Eltern fast keine Hilfe mit der deutschen Sprachen brauchten, wie es der Fall in Selmas und Alenas Familie war, sammelte Aleksandra trotzdem reichlich Erfahrung als Dolmetscherin. „Ich habe eigentlich, wenn ich mich gut erinnere, so gut wie nie für meine Eltern übersetzen müssen, da sie über sehr gute Deutschkenntnisse verfügen und lange in Österreich leben und arbeiten und ihre Ausbildung hier gemacht haben. Eher musste ich immer für meine Freunde und Verwandten übersetzen, welche hier Deutschkurse gemacht haben und sich erst der Intergrationsphase befunden haben. Hier musste ich für sie ins Deutsche übersetzen, aber in Serbien genauso umgekehrt. Wenn sich, zum Beispiel, auf einem ausländischen Produkt wie Make-up oder ähnlichem deutscher Text befand, musste ich sehr oft ins Serbische übersetzen.“

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„Die Dolmetscheinsätze haben vor allem meine Beziehung zu den Großeltern beeinflusst. Sie sind der Maßen stolz darauf, dass ich mehrere Sprachen spreche, dass sie mich bei jeder Kleinigkeit darum bitten, etwas für sie zu übersetzen“, lacht Aleksandra. (FOTO: Vanessa Idna Somun)

Sehr oft war sie in Situationen, in welchen sie Gebrauchsanweisungen für Medikamente oder kosmetische Produkte übersetzen musste. Uns interessierte, wie sie mit den damit verbundenen Fachbegriffen und -wörter umgegangen ist. „Ich habe immer den ganzen Text gelesen und versucht, diesen zuerst zusammenfassend in der Zielsprache wiederzugeben. Wenn es sich aber um wichtige Informationen, wie zum Beispiel, Medikamente handelte, wurde jeder Satz versucht, sinngemäß und detailliert wiederzugeben. Am schwierigsten war es, wenn man sich an einem Ort befindet, an dem man kein Wörterbuch oder Internet parat hat und sich einfach an ein bestimmtes Wort bzw. Synonym nicht erinnern kann.

„Die Kommunikation würde natürlich viel professioneller ablaufen, wenn jemand dolmetsch oder übersetzt, der die entsprechende Ausbildung dafür hat.“


„Man muss dann ganz schnell etwwas übersetzen. Das Wort liegt einem auf der Zunge aber leider blockiert das Gehirn“, erklärt uns unsere Gesprächspartnerin und erzählt über ihre Erfahrngen weiter. „Was die Fachtermini angeht habe ich in diesen Situationen immer versucht, sie so gut wie möglich zu beschreiben und mit anderen Worten zu umschreiben und erklären. Leider gab es auch solche Situationen, wo ich etwas falsch gedolmetscht habe. Einmal habe ich mich schlichtweg verhört und das Wort falsch verstanden… Die Situation ging dann schon peinlich aus…“

Auf die Frage, ob sie denkt, dass ein profesioneller Dolmetscher in solchen Situationen notwendig sind, antwortete sie: „Ich denke, dass es natürlich viel professioneller ablaufen würde, wenn jemand dolmetsch oder übersetzt, der die entsprechende Ausbildung dafür hat. Aber so eine Alltagssituation zu dolmetschen, denke ich, kann man auch als Normalsterblicher gut in den Griff bekommen.“

Sowohl sie als auch Selma und Alena fühlte sich sehr wohl in der Rolle des Dolmetschers. „Ich war eigentlich immer ziemlich stolz, wenn mich jemand darum bittet, zu übersetzen oder in andere Sprachen zu dolmetschen, da ich Sprachen liebe“, mit Stolz verrät uns Aleksandra. Auf ihre Sprachkenntnisse waren auch ihre Großeltern sehr stolz, was eigentlich ihre Beziehung beeinflusst hat. „Sie sind der Maßen stolz darauf, dass ich mehrere Sprachen spreche, dass sie mich bei jeder Kleinigkeit in die Kommunikation heranziehen„, lacht Aleksandra.