In der Peterskapelle in Luzern begrüßte ein digitaler Jesus, erschaffen durch KI, die Besucher und beantwortete ihre Fragen. Das Experiment gab Einblicke in die Zukunft der Seelsorge, löste jedoch auch Kritik aus.
In der Peterskapelle in Luzern zog eine unkonventionelle Kunstinstallation die Aufmerksamkeit zahlreicher Besucher auf sich: Ein durch künstliche Intelligenz (KI) erschaffener digitaler Jesus begrüßte die Menschen im Beichtstuhl und beantwortete ihre Fragen. Die Installation, die von der Hochschule Luzern entwickelt wurde, war Teil eines zweimonatigen Experiments und bot spannende Einblicke in die Möglichkeiten und Herausforderungen der Seelsorge der Zukunft.
Virtuelle Begegnung mit digitalem Heiland
Im historischen Ambiente der Peterskapelle, die ihre Wurzeln im 12. Jahrhundert hat und nahe der berühmten Kapellbrücke liegt, vermittelte der KI-Jesus den Besuchern traditionelle christliche Werte. Mit Aussagen wie „Friede sei mit Dir, mein Freund“ ermutigte er die Menschen, in schwierigen Zeiten den Glauben als Stütze zu nutzen. Die Installation war als kunstvolle Exploration konzipiert, nicht jedoch als Ersatz für authentische Beichtgespräche, erklärte Marco Schmid, ein theologisch tätiger Mitarbeiter der Kapelle.
Der KI-Jesus wurde mit Inhalten des Neuen Testaments geschult und beantwortete schwierige Fragen überraschend treffend, wie Schmid anmerkte. Doch manchmal bediente er sich auch abgedroschener Phrasen. Andere Kirchen, wie die Evangelische Kirche im Rheinland, haben ebenfalls mit technologiebasierten Projekten experimentiert, wie einem KI-gesteuerten Martin Luther.
Resonanz und technische Herausforderungen
Anna Puzio, Theologin und Technikethikerin aus Münster, kritisierte das Projekt. Sie hob hervor, dass die Darstellung eines westlich geprägten Jesusbildes veraltete Theologien und fundamentalistische Tendenzen verstärken könnte. Zudem bestünde die Notwendigkeit, religiöse Texte stets modern zu interpretieren.
Das Experiment war ein Beitrag zum 100-jährigen Bestehen der Lukasgesellschaft, die Kunst und Theologie vereint. Von den rund 900 Besuchern erhielten viele Inspiration, während sie auf Datenschutz achteten, indem persönliche Informationen zunächst nicht aufgezeichnet wurden. Schmid sieht in der KI ein Potenzial, Menschen, die sich aus Scham nicht öffnen wollen, einen ersten Schritt in die Seelsorge zu bieten. Eine autistische Besuchergruppe erklärte, dass der digitale Austausch einfacher zu handhaben sei als mit einem menschlichen Ansprechpartner.
Puzio mahnte jedoch, auf die ökologischen Auswirkungen der KI-Nutzung durch hohes Energieaufkommen zu achten, und plädierte für nachhaltigere Projekte. Die Evangelische Kirche in Deutschland sieht in dem Projekt den richtigen Anstoß, über die gegenwärtige Rolle Gottes nachzudenken.
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