Rekordfall im Wiener Sozialsystem: Eine Familie mit zwölf Kindern erhält erstmals Sozialhilfe. Der Trend zu mehr Großfamilien belastet die Stadtkasse zunehmend.
Wiens Sozialhilfesystem gerät zunehmend unter finanziellen Druck – nicht durch die Gesamtzahl der Bezieher, sondern durch die wachsende Anzahl von Großfamilien mit außergewöhnlich vielen Kindern. Wie am Montag bekannt wurde, bezieht erstmals eine Familie mit zwölf Kindern Sozialhilfe in Wien. Bereits im Frühjahr hatte der Fall einer syrischen Familie mit elf Kindern für öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt, die monatlich über 9.000 Euro an Sozialleistungen erhielt – eine Summe, die sich aus Mindestsicherung, Mietbeihilfe und Familienbeihilfe zusammensetzt.
Die jüngsten Daten zeigen eine Fortsetzung dieses Trends: Mit Stand September werden fünf Familien mit elf Kindern und nun auch eine Familie mit zwölf Kindern im Wiener Sozialhilfesystem geführt. Bemerkenswert ist die gegenläufige Entwicklung bei den Bezieherzahlen: Während die Anzahl kleinerer Familien in der Mindestsicherung rückläufig ist, verzeichnet die Statistik einen Anstieg bei Großfamilien.
Innerhalb weniger Monate wurden 18 neue Familien mit fünf oder mehr Kindern registriert. Die elf größten Familien bringen es zusammen auf 117 Kinder. Diese Entwicklung belastet die öffentlichen Haushalte erheblich, da pro Kind 326,44 Euro Mindestsicherung anfallen, ergänzt durch bis zu 200,40 Euro Familienbeihilfe sowie zusätzliche Staffelzuschläge und jährliche Schulstartgelder.
Für viele Erwerbstätige übersteigen diese Gesamtbeträge das eigene monatliche Nettoeinkommen. Trotz der steigenden Zahlen bei Großfamilien und der damit verbundenen Kostenentwicklung ist eine bundesweite Reform des Sozialhilfesystems erst für 2027 vorgesehen. Kritiker drängen auf eine raschere Einführung von Obergrenzen.
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Ludwigs Reformpläne
Die Wiener Stadtregierung hat inzwischen reagiert: Bürgermeister Michael Ludwig kündigte Anfang September umfassende Änderungen bei der Wiener Mindestsicherung an. Das erklärte Ziel ist eine Straffung des Systems, um dessen langfristige Finanzierbarkeit zu sichern und die vorhandenen Mittel gezielter einzusetzen. Gleichzeitig betonte Ludwig, dass die Reform nicht zu verstärkter Armut führen solle.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der schnelleren und effektiveren Integration der Bezieher in den Arbeitsmarkt. Ein Kernpunkt der geplanten Reform betrifft die Anrechnung der Wohnkosten. Das bisherige System, bei dem ein Teil der Mindestsicherung für Erwachsene zweckgebunden für Mietkosten verwendet und an die Mietbeihilfe angerechnet wird, soll künftig auch für Kinder gelten.
Einsparungspotenzial
Nach Berechnungen der Stadtverwaltung könnte diese Maßnahme jährliche Einsparungen von etwa 20 Millionen Euro ermöglichen. Der Bürgermeister versicherte, dass es bei der Reform um eine gerechtere und effizientere Verteilung der vorhandenen Mittel gehe.
Eine weitere wesentliche Änderung betrifft die Definition und Behandlung von Bedarfsgemeinschaften. Das derzeitige System bevorzugt Einzelpersonen in Wohngemeinschaften, die jeweils den vollen Einzelsatz erhalten, gegenüber Familien im gemeinsamen Haushalt, bei denen geteilte Kosten berücksichtigt werden.
Diese Ungleichbehandlung soll beendet werden. Künftig sollen auch bei Wohngemeinschaften die geteilten Haushaltskosten wie Lebensmittel oder Reinigungsmittel berücksichtigt werden, was zu reduzierten Leistungen führen wird.
Die Stadtverwaltung rechnet dadurch mit Einsparungen von rund 75 Millionen Euro jährlich.
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