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POLITIK

Martin Polaschek: „Es besteht ein Reformbedarf im veralteten Lehrersystem Österreichs“

(Foto: Igor Ripak)

Wir haben mit dem Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) über die Herausforderungen im Bildungsbereich, neue Maßnahmen des Ministeriums sowie zukünftige Pläne gesprochen.

KOSMO: Was ist Ihre Antwort auf die neueste Kritik und welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Sprachförderungsprogramme in Kindergärten und Grundschulen effektiver zu gestalten?


Martin Polaschek: Angesichts einer wachsenden Anzahl von Schülern ohne ausreichende Deutschkenntnisse im Schulsystem haben wir gezielt spezielle Deutsch-Förderklassen eingeführt. Diese Maßnahme ist entscheidend, da der Spracherwerb nicht einfach nebenbei im regulären Schulalltag stattfinden kann. Für den Erfolg dieser Klassen ist es unerlässlich, dass Lehrkräfte vorhanden sind, die sich voll und ganz auf das Lehren der deutschen Sprache konzentrieren.

Diese Intensivierung des Deutschunterrichts hilft den Schülern nicht nur, dem Unterricht besser zu folgen, sondern auch, sich außerhalb der Schule in der deutschen Sprachumgebung zurechtzufinden und effektiv zu kommunizieren. Darüber hinaus wird in der Lehrerausbildung zunehmend Wert auf die Qualifikation in Deutsch als Zweitsprache gelegt, um auf die speziellen Bedürfnisse dieser Schülergruppe besser eingehen zu können.

Ist der Einsatz von Freizeitpädagogen als „Assistenzpädagogen” eine nachhaltige Lösung für den Lehrermangel in Österreich, oder beeinträchtigt dies die Kompetenz der Betreuer im Umgang mit Kindern?


Österreich hinkt bei multifunktionalen Teams hinterher und muss dringend aufholen. In Europa haben Schulen neben Lehrern und Verwaltungspersonal auch multifunktionale Teams mit unterschiedlichen Kompetenzen, wie Freizeitpädagogen und Logopäden. Ein reines Lehrersystem ist veraltet. Österreich muss hier nachbessern, was auch von verschiedenen Stellen bestätigt wurde. Wir wollen Vielfalt in Schulen bringen, was nichts mit Lehrermangel zu tun hat, sondern mit dem Bedarf an vielfältigen Kompetenzen.

Für eine echte Ganztagsschule brauchen wir ein anderes System. Derzeit endet der Unterricht Mittags und wird Nachmittags von Freizeitpädagogen übernommen. Deshalb ist es eine Regelung, die zum einen zum Wohl der Kinder und Jugendlichen gemacht wird, um wirklich eine Ganztagsschule zu machen, auch für die Eltern wichtig, weil es bedeutet, dass die Eltern auch wissen, dass ihre Kinder den ganzen Tag gut betreut werden. Diese sollten jedoch Teil der Schulgemeinschaft sein und aktiv mitarbeiten. Das fördert die Qualität und sorgt für eine bessere Betreuung der Kinder.

„Ein reines Lehrersystem ist veraltet. Wir wollen Vielfalt in Schulen bringen.”


Haben öffentliche Schulstandorte ein Imageproblem da immer mehr Eltern ihre Kinder im Privatschulen einschreiben?


Nein, es gibt keinen signifikanten Anstieg bei Privatschulen. Zudem haben Privatschulen eine begrenzte Kapazität an Plätzen. In den letzten 10 bis 15 Jahren stieg der Anteil der Privatschulen nur um etwa ein halbes Prozent, aktuell liegen wir bei etwa 8 Prozent. Es gab in den letzten Jahren keinen nennenswerten Anstieg. Im Gegenteil, die Nachfrage nach öffentlichen Schulen wächst. Ein starker Bedarf besteht allerdings bei der Gründung internationaler Schulen, in denen Englisch und Französisch in der Sekundarstufe gelehrt werden.

„Es gibt keinen signifikanten Anstieg bei Privatschulen. Zudem haben Privatschulen eine begrenzte Kapazität an Plätzen.“ (Foto: Igor Ripak)

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