Hakan Gördü, der ehemalige Vizevorsitzende der „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“ (UETD) kündigte in einem Interview für „Biber“ an, eine neue Migranten Partei in Wien zu gründen. Sein Ziel ist es, für die Wahlen 2020 eine eigene Liste aufzustellen.
„Was wir brauchen, sind Politiker, die mit Minderheiten sympathisieren und hier den Menschen helfen“, erklärte Gördü unter anderem im Interview, in welchem er auch unterstrich, dass es sich um keine „Türken-Partei“, sondern um eine Partei für alle Migranten handeln wird.
Gleiches mit Gleichem vergelten?
Fakt ist, dass Menschen mit Migrationshintergrund in der österreichischen Politik im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung stark unterrepräsentiert sind. Dies kann man nicht leugnen. Die Tatsache, dass im Artikel des „Biber“ ein junger Politologe zitiert wird, der meint, dass sich Migranten von den „österreichischen Parteien“ nicht angesprochen fühlen würden, ist jedoch mehr als nur diskutabel.
Erstens stellt sich die Frage, ob sich jeder „echter Österreicher“ (was auch immer das bedeuten mag) sich von den österreichischen Parteien angesprochen fühlt. Zweitens ist es nicht etwas mehr als engstirnig zu glauben, dass ein „Unsriger“ (ergo Migrant) immer besser weiß, was „wir“ brauchen?
Ganz abgesehen von der Tatsache, dass eine reine Migrantenpartei, bestehend nur aus Menschen mit Migrationshintergrund, nichts Anderes wäre, als den Österreichern Gleiches mit Gleichem zu vergelten: „Hey, ich bin Ausländer und die lassen mich nicht in ihre Partei. Ich gründe selbst eine und da lass‘ ich keine Österreicher rein. Ätschi-Bätsch.“ Klingt ganz nach Sandkasten im letzten Kindergartenjahr und nicht nach eine produktiven Lösung des grundlegenden Problems…
Schuss ins eigene Knie
Und hat diese Migrantenpartei schon einmal darüber nachgedacht, dass sie mit der Gründung einer solchen Liste nur für Kanonenfutter sorgt? Wie oft hört man von Migranten, dass sie das Gefühl haben, nicht als Österreicher bzw. gleichwertiger Teil der Gesellschaft dieses Landes akzeptiert werden.
Würde man mit solch einer Migrantenpartei nicht genau das Vorurteil der Mehrheitsgesellschaft („Die wollen ja gar keine Österreicher sein!“) effektiv gesehen nur bestätigen und untermauern? Ganz abgesehen davon, dass man als „reine Migrantenpartei“ eine schöne Angriffsfläche für alle rechtsorientierten Parteien, Strömungen und was auch immer bietet.
Parteiprogramm = Migrant?
Im „Biber“-Artikel werden zudem permanentes Islam-Bashing und Migranten als ewige Sündenböcke in Politik und Medien erwähnt. Diesen Phänomenen möchte die neue Partei mit ihrem Programm entgegenwirken. Welche Inhalte die neue Migrantenpartei schlussendlich haben wird, bleibt noch abzuwarten. Nichtdestotrotz drängen sich einige Fragen bereits im Vorfeld auf:
Warum sollte ein Migrant in Österreich unbedingt einen anderen Migranten wählen wollen? Macht der Migrationshintergrund und möglicherweise geteilte Erfahrungen den migrantischen Politiker zu einem besseren als sein österreichischer Pedant? Werden mit dem „Parteiprogramm = Migrant“ nicht eigentlich nur niedere Bedürfnisse wie, „Hey, das ist einer von uns, den muss ich wählen“, bedient, während wirkliche Inhalte in den Hintergrund geraten?
Fragen über Fragen die von der Migrantenpartei in den nächsten Wochen und Monaten beantwortet werden müssen. Denn sonst bleibt nicht mehr viel, außer etwas ganz Anderes als inkludierende Politik bzw. eine selbst verursachte Exklusion. Und wenn wir uns ehrlich sind, hat Österreich und vor allem Wien eine Inklusion jeglicher Pluralität und Diversität in die Mehrheitsgesellschaft bitter nötig…
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