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INTERVIEW

Peter Hanke: ,,Der Winter ist gesichert“

(FOTO: Bojan Stekic)

Wir sprachen mit dem amtsführenden Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke, Peter Hanke über die aktuellen Preiserhöhungen, sowie über Lösungen, die die Stadt Wien ihren Bürgerinnen und Bürgern bietet.

KOSMO: Österreich hat viele Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen und Ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht. Müssen die Wiener nun um ihren Job fürchten?

Peter Hanke: Wir machen alles in unserer Macht Stehende, damit sich Personen, die zu uns kommen, wohl fühlen und sich schnell integrieren. Zu diesem Zweck haben wir unter anderem in der „Sport- und Fun-Halle” in der Leopoldstadt ein Erstaufnahmezentrum errichtet. Für uns ist es auch selbstverständlich, dass wir den aus der Ukraine geflüchteten Menschen bei kleineren Dingen wie z.B. bei der U-Bahn-Freifahrt helfen. Die Wienerinnen und Wiener müssen sich aber nicht um ihren Arbeitsplatz sorgen. Es ist schön, wenn wir die schon immer gelebte Vielfalt in Wien noch vergrößern können. Es ist diese Vielfalt, die uns stark macht.


KOSMO: Wie wirkt sich die derzeitige Weltpolitik auf die Preiserhöhungen in Wien aus?

Peter Hanke: Wir haben eine Situation, welche nicht von Österreich verursacht wurde, sondern ein weltweites Problem darstellt. In Europa herrschen Inflationsraten zwischen sechs und acht Prozent. Die Stadt Wien liegt derzeit ziemlich in der Mitte dieser Statistik, leider ist aber kein Ende der Krise absehbar. Das führt dazu, dass wir als Stadt Wien die Wiener Haushalte unterstützen wollen. Etwa mit der Energieunterstützung Plus, die wir im März angekündigt haben. Konkret geht es hier um 120 Millionen Euro, die gezielt zur Unterstützung besonders Betroffener eingesetzt wird. Und mit dem Wiener Energiebonus 2022 in Höhe von weiteren 130 Millionen erweitern wir die Hilfe bis weit in den Mittelstand hinein.


KOSMO: Die Wiener ÖVP kritisiert hinsichtlich der Preiserhöhung der Fernwärme die „soziale Gerechtigkeit“ der SPÖ. Was ist Ihre Meinung dazu?

Peter Hanke: Wir haben einen Energiemarkt, der liberalisiert ist. Österreich hat leider nicht die Möglichkeit, Erdgas selbst zu produzieren oder zu gewinnen. Wir sind zu 80 Prozent von Importen aus Russland abhängig. Aufgrund eines liberalisierten Marktes können Unternehmen nicht subventioniert werden, da dies gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen würde. Deshalb gibt es leider diese schmerzvolle Preiserhöhung der Fernwärme in einem so hohen Ausmaß. Auf der anderen Seite fühlen wir uns verpflichtet, die Wiener und Wienerinnen mit schneller Hilfe in Höhe von 200 Euro pro Haushalt im Juni bzw. Anfang Juli zu unterstützen und dann bei der Endrechnung bis zu 500 Euro an Energiekosten zu übernehmen. Und im vierten Quartal werden wir zusätzlich 650.000 Haushalte mit 200 Euro subventionieren. So versuchen wir das Thema auszubalancieren. Damit will ich sagen, dass die Aussage der ÖVP irreführend ist.

(FOTO: Bojan Stekić)


KOSMO: Österreich wird im Notfall zurück zur Kohle gehen. Wie sehen Sie diesen Schritt?

Peter Hanke: Die Stadt Wien steht zu ihrem Klima-Fahrplan, der 2040 die Klimaneutralität vorsieht. Damit sind wir zehn Jahre früher dran, als von der EU vorgeschrieben. Mir ist aber die Versorgungssicherheit wichtig: Es muss gewährleistet sein, dass jeder Wiener Haushalt Wärme für den alltäglichen Gebrauch, wie Heizen und Kochen hat. Deswegen wäre es für Notfälle durchaus legitim, Kraftwerke, die auf Gas-Basis funktionieren, auf Öl umzustellen. Dies würde ich allerdings als reinen Notfallplan ansehen. Aktuell kann ich alle Wienerinnen und Wiener beruhigen. Wir haben aus heutiger Sicht genügend Gas eingelagert, um für die nächsten Monate abgesichert zu sein. Wir haben Vorsorge getroffen, der Winter ist gesichert.


KOSMO: Laut Statistik Austria beträgt die Inflationsrate für Mai 2022 im Rahmen einer Schnellschätzung voraussichtlich 8,0 %. Welche Lösungen bietet die Wiener Stadtregierung an?

Peter Hanke: Wir haben das Energiepaket, welches nicht nur auf Energie, sondern auch gegen Teuerungen gerichtet ist. Dazu haben wir ein engmaschiges, soziales Netz errichtet. Hat man Sorgen, die Energiekosten nicht zahlen zu können, gibt es die Möglichkeit, Rechnungen auf 18 monatliche Raten aufzuteilen. Man kann sich an die Service-Stelle der Stadt Wien wenden und hier die entsprechende Hilfe bekommen.


KOSMO: Viele Menschen sind besorgt und fragen sich, woher eigentlich das Geld für diese Unterstützungen in Wien kommt?

Peter Hanke:In den letzten Jahren haben wir sehr gut gewirtschaftet. 2019 haben wir ein Null-Defizit gehabt. Laut Rechnungsabschluss 2021 haben wir eine um 600 Millionen Euro bessere Ausgangslage, als wir es budgetiert hatten. Von diesen 600 Millionen Euro können wir den Wienerinnen und Wienern einen Teil zurückgeben.


KOSMO: Die Corona-Pandemie hat die Gastro- und Tourismus-Branche hart getroffen. Welche Investitionen plant die Stadt Wien zur Stärkung des Städtetourismus sowie zur Unterstützung der Gastronomen?

Peter Hanke: Wir haben uns eine eigene Förderschiene überlegt, wie wir den Kongresstourismus zurück nach Wien holen können. Es gibt den Vienna Meeting Fund, der mit 4 Millionen Euro dotiert ist und der bis Ende 2023 läuft. Dieser wird jetzt zusätzlich aufgestockt. Mit den finanziellen Mitteln unterstützen wir Firmenevents, die in Wien stattfinden und mit Nächtigungen und Tagungen versehen sind. Aber auch im Ausbildungsbereich stehen wir zur Seite. Gemeinsam mit dem Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (WAFF) fördern wir Aus- und Weiterbildungen von Lehrlingen und Fachkräften. Damit sorgen wir dafür, dass qualitativer Nachwuchs gefördert wird.