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INTERVIEW

Rainer Will: „Zwischen Internetgiganten und Kleinunternehmen herrscht kein Fair Play.“

Rainer Will: „Meine Kritik setzt aber dort an, wo es ein unfairer Wettbewerb ist. Der stationäre Handel muss den Samstags-Zuschlag zahlen, die hohen Lohnnebenkosten, es gibt keine Mindestentlohnung und es sind bis zu 90% Leiharbeitskräfte in Amazon tätig.“ (FOTO: KOSMO)

Wenn Sie auf eine Plattform gehen und Ihnen scheint eine Werbung auf. Ganz ehrlich: Wie oft klicken Sie darauf und kaufen etwas?
Nie. Aber es gibt einen massiven Unterschied: Heute haben diese Riesenkonzerne die Möglichkeit, innerhalb von kürzester Zeit die Bestellbedürfnisse von Kunden sofort und in exaktem Maß zu befriedigen, wo der Händler früher schätzen musste. Die Alexas, Siris und dergleichen wissen sofort, was Sie brauchen. Die spielen nicht nur gute Musik ab, die haben 60.000 Funktionen und keiner kann mir sagen, was diese Funktionen sind! Also sind es wohl die Daten, die sie mitbekommen, die dort eingespeist werden. Wenn Alexa alles mithört und ich äußere Interesse an einer Sache, dann wird mir am PC ein Produkt vorgeschlagen, das von Amazon kommt und nicht das Produkt eines Händlers in meiner Straße.

„Wenn Alexa alles mithört und ich äußere Interesse an einer Sache, dann wird mir am PC ein Produkt vorgeschlagen, das von Amazon kommt und nicht das Produkt eines Händlers in meiner Straße.“

Was ist neben der Dominanz der Konzerne ein weiteres Problem?
80 bis 90 Prozent der Österreicher kaufen bei Amazon. Das bedeutet, dass ein amerikanischer Konzern alle Daten hat. Neben dieser Tatsache verlieren wir 4,5 Milliarden Euro, weil wir anderswo kaufen.

Warum hat das alles in Amerika und China funktioniert und in Europa nicht?
Weil China und Amerika jeweils mit einer Stimme handeln und dadurch flächendeckend sofort skalieren können. Das ist in Europa alles anders, weil es 27 Staaten gibt, die sehr lange brauchen, bis sie sich auf etwas einigen.

Wer ist Rainer Will?
Rainer Will studierte berufsbegleitend Betriebswirtschaft an der WU Wien und der London School of Economics (LSE). Der gebürtige Schladminger wuchs in einem familiären Handwerksbetrieb auf und war laufend unternehmerisch tätig. 2017 gründete er ein Handelsunternehmen in Österreich. Sein erstes Buch „Das Ende des Onlineshoppings“ ist im Ueberreuter-Verlag erschienen. Als Parteiloser verantwortete er im Kabinett des ehemaligen Vizekanzlers und Wirtschaftsministers Reinhold Mitterlehner die Bereiche Innovation, Technologie und Unternehmensfinanzierung. Seit 2014 ist er Geschäftsführer des Handelsverbandes, der überparteilichen und freiwilligen Händlervereinigung Österreichs. In dieser Funktion hat er eine Wettbewerbsklage gegen Amazon gewonnen, um einen fairen Marktplatz für kleine Händler zu erwirken. Außerdem konnte er eine Branchenselbstverpflichtung zum fairen Umgang mit der Landwirtschaft aushandeln. Er ist Initiator der eCommerce-Lehre in Österreich, Herausgeber des Magazins RETAIL und Beirat zahlreicher Hochschulen.