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AUFGEDECKT

Sebastian Kurz‘ Großmutter stammt aus einem Städtchen in der Vojvodina

Der österreichische Bundeskanzler als inoffizieller Promoter des Tourismus von Temerin, einem Städtchen in der Vojvodina (Serbien)? (FOTO: APA_NEUE VOLKSPARTEI)

Ein neuer Artikel auf der Facebook-Seite des „Sonntagsblattes“, einer Zeitung der deutschen Minderheiten in Ungarn, der behauptet, dass die Vorfahren des heutigen öster-reichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz aus Temerin (Vojvodina, Serbien) stammen, sorgt nun mehrfach für Aufsehen.

Der Ethnologe Adam Ištvan. (FOTO: zVg.)

Den Ethnologen Adam Ištvan, der in Temerin als anerkannter Chroniker für die Stadthistorie angesehen wird, interessierte die Tatsache so sehr, dass er der Sache selbst in den Archiven nachgehen musste. Temerin ist eine Stadt inmitten der Vojvodina und hat heute ungefähr 20.000 Einwohner. Die Donauschwaben siedelten sich 1787 aus der deutschen Stadt Wittenberg dort an.

Die Mission der Ansiedlung hatte auch konkrete Ziele: Die Donauschwaben soll-ten die Landwirtschaft der Bačka ankurbeln, die durch zwei Jahrhunderte türkischer Ok-kupation stark vernachlässigt wurde. Dies alles passierte durch die Entscheidung des Kai-sers Josef II., der die Kolonialisierung nach einem Deal mit dem Grafen Shandor Schen abschloss. Er zahlte damals für die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke 80.000 gol-dene Forinten an die Gespannschaft Bačko-Bodroška.

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In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die gleichen Grundstücke mit dem dazugehörigen Schloss von dem reichen Apatiner Getreidehändler und Industriellen Antal Fernbach gekauft, der eigentlich ein ungarisierter Deutscher war. Angesichts der Tatsache, dass die dortige Mehrheitsbevölkerung ungarisch war, bekamen die Donauschwaben 1300 Jutar (1 Jutar = Fläche von 5754,64 m²). So gründeten sie auch bald schon ihr eigenes Dorf.

Schon von Beginn an leisteten sie Widerstand gegen die lokale ungarische Ver-waltung, die die Siedlung offiziell, aber erfolglos als Tiszaistvánfalva betitelte. Die deut-schen Ansiedler verwendeten jedoch den Begriff Jarmosch, welcher eigentlich von den Serben kommt, die diesen Ort davor schon so (Jarak) bezeichneten. Nur ein kleiner Teil der Deutschen blieb in Temerin und unter ihnen waren auch die Vorfahren des heutigen österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz.

Nur 20 Kilometer von der vojvodinischen Metropole Novi Sad entfernt, begann Temerin sich seit 1899 industriell sehr schnell zu entwickeln. Das lag vor allem daran, dass die Stadt per Eisenbahn zur damaligen Zeit sehr gut vernetzt war. In dieser Zeit wurden Ziegelsteinfabriken und Dampfmühlen in der Siedlung errichtet und Temerin wurde mit der Zeit zu einem der bedeutendsten Handelszentren der südostlichen Bačka. Ein Jahr nachdem die Stadt ans Stromnetz angeschlossen wurde (Anfang 1928), heirate-ten der Landwirt Michael Müller (24) und die fünf Jahre jüngere Hausfrau Kathalin Leg-ler. Der ungarische Beamte verpasste ihm in den offiziellen Dokumenten den ungarischen Namen „Mihajlo“ – aus welchen Gründen auch immer.

„In der Evidenz der Gemeindeverwaltung fand ich die Information, dass sie am 29. November des gleichen Jahres eine Tochter namens Magdalena (KOSMO hat berichtet) bekamen. Das ist die heutige Großmutter von Sebastian“, erklärt der Aufdecker-Ethnologe Adam Ištvan. „Danach ging ich noch zum römisch-katholischen Tempel der Hl Rosalia und wollte dort die kirchlichen Bücher erforschen. Dabei stieß ich nicht auf ihren Namen, aber der Pfarrer glaubt, dass sie nicht in Temerin getauft wurde, sondern in der protestantischen, evangelischen Kirche im Nachbardorf Jarak“, so Ištvan. Historisch interessant: Seit 1935 trägt das Dorf den Präfix „Bački“ („Bačkisch“).

Als 1946 die Kolonialisten aus der Bosnischen Krajina kamen, zerstörten sie die kompletten Archive. Es ist auch nicht sicher, ob die originalen Bücher der dort Gebore-nen nicht schon bei den Hochwassern in den südlichen Teilen der Bačka im Jahr 1940. zerstört wurden.

Das umfangreiche Buch von Wilhelmine Wier „Die deutschen Familien von Temerin in der Batschka“, 1995 erschienen im Verlag des „Arbeitskreis donauschwäbischer Familienforscher“, bestätigen Ištvans Forschungen, wonach die Familie Müller die Hausnummer 1459 hatte. Das betreffende Grundstück befindet sich in der heutigen „Straße der Jugoslawischen Volksarmee“. Die genaue Ortsangabe wird schwer zu treffen sein, weil sich die Siedlung seit dem Zweiten Weltkrieg drastisch verändert hat. Auf dem Grundstück ihres einstigen Heimes befindet sich heute jedenfalls ein Wohngebäude.

Die alte Kirche.

Auf der nächsten Seite gehen wir den Spuren von Kurz‘ Vorfahren weiter nach…