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CHAT-SKANDAL

Thomas Schmid packt vor Staatsanwaltschaft aus – Kurz wehrt sich

(FOTO: EPA-EFE/ANTHONY ANEX)

Eine Gehalterhöhung für Kurzs Freundin und Geld für Verleger Fellner: Thomas Schmid belastet Ex-Kanzler Sebastian Kurz sehr. So kam es zu seinen Aussagen.

Im Mai 2019 löste ein heimlich aufgenommenes Video ein politisches Erdbeben in Österreich aus. Damaliger Vizekanzler H.C. Strache zeigte sich darin anfällig für Korruption. Der mutmaßliche Drahtzieher Julian H. (40) sitzt mittlerweile in U-Haft. Doch, dass er so lange in einer Zelle sitzen könnte, hat der Ibiza-Detektiv bei der Planung des Video-Projekts „Abschuss Strache“ wohl nicht geahnt. Wie ein geheimes U-Haft-Dossier, das eXXpress vorliegt, enthüllte, wirft die Justiz H. vor, über Jahre Kokain an Politiker, Geschäftspartner, Komplizen und auch an die „Oligarchin“ verteilt zu haben. Dem Tatverdächtigen drohen jetzt mehr als 10 Jahre Haft.

Neue Chats und Vorwürfe gegen Kurz

Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses hatten vor einiger Zeit Kurz aufgefordert, seinen Kalender und seine E-Mail-Korrespondenz mit dem ehemaligen Parteiobmann der Freiheitlichen Partei Heinz-Christian Strache dem Untersuchungsausschuss vorzulegen.

Kurz lehnte dies ab mit der Begründung, dass alle relevanten Unterlagen aus seiner ersten Amtszeit entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung dem Staatsarchiv übermittelt wurden, dass der besagte Kalender allerdings nicht dazugehöre. Zudem erklärte der ehemalige Bundeskanzler Kurz vor dem Untersuchungsausschuss, dass seine Partei keine Spenden aus gewissen Kreisen erhält, zu denen Firmen aus dem Glücksspielbereich wie etwa Novomatic gehören. Die Besetzung von Posten in staatlichen Unternehmen erfolge laut Kurz im Einklang mit den gültigen Regeln. “Ich habe das System nicht erfunden, aber ein besseres gibt es nicht“, so Kurz damals.

Er sei über bestimmte Besetzungen informiert, aber in vielen Fällen erfahre er darüber erst aus den Medien, und das sei auch während der ÖVP-FPÖ Regierung der Fall gewesen, genauso wie jetzt während der Koalition mit den Grünen.

Was ist passiert?

Die Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft (WKStA) verkündete zunächst, dass Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, zentrale Figur der Ermittlungen, Kronzeuge werden will und „reumütig geständig“ ist. Anschließend folgte eine Razzia bei Milliardär René Benko. Zu den Einvernahmen von Thomas Schmid wurden nun bekannt – Das steht im 454-seitigen Akt.

Seit Bekanntwerden des Ibiza-Videos ermittelt die WKStA gegen 45 Beschuldigte wegen Amtsmissbrauchs, Untreue, Bestechlichkeit, sowie Bestechung. Alles hat mit den Casinos Austria angefangen, die Politiker gekauft haben sollen.

Das Geständnis

  • Thomas Schmid bittet am 3.4.2022 zwei Oberstaatsanwälte per E-Mail „höflich“ um einen Termin. Dieser findet am 8.4.2022 in den Räumlichkeiten der WKSta statt. Schmid kommt ohne Verteidiger Kralik. Er wolle mit den Behörden kooperieren und Kronzeugenstatus erlangen. Beide Oberstaatsanwälte sollen nicht zugesagt haben. Schmid fürchtet um „eine mediale Kampagne“ und hakt nach. Die Ermittler bieten Schmid Termine in der Außenstelle in Graz an. Er möchte zuerst darüber nachdenken.
  • Am 8.6.2022 kommt es in Graz zu einem Vorgespräch. Schmid soll seinen neuen Anwalt Roland Kier mitgenommen haben. Für die Einvernahmen legte man einen Fahrplan fest, welche geblockt in Graz über die Bühne gehen sollen.
  • Schmid startet sein Geständnis vor der WKStA am 21.6.2022 um 8.30 Uhr in Graz. Sein Motiv: „Meine Mutter hat zu mir gesagt, wir haben dich so nicht erzogen. Wenn du etwas falsch gemacht hast, dann steh dazu mit allen Konsequenzen.“ Schmid wurde insgesamt 15 Mal von der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft (WKStA) befragt. 
  • Ab 15.7.2022 soll Schmid vor dem parlamentarischen U-Ausschuss nicht erschienen sein. Aus dem Grund wollten ihn die Abgeordneten unter Androhung von 6.000 Euro Strafe behördlich vorführen lassen.
  • Am 2.8.2022 legt Schmid bei der Staatsanwaltschaft nach, wo er eine „schriftliche Offenbarung über neue Tatsachen“ übermitteln haben soll. Er sprach über ein Job-Angebot als Generalbevollmächtiger bei René Benkos Signa, dessen Steuer- und Immobilienthematiken und das Faktum Helmuth Fellner/ÖBAG aus.
  • Knapp ein Monat später folgte eine weitere Ergänzung von Schmid, wo er neue Details zum „Faktum Kirche“ und seiner Arbeit im Finanzministerium gesteht. Im Auftrag von Sebastian Kurz sollte sich Schmid im hohe Würdenträger vorknöpfen, da diese Kurz‘ Haltung in der Flüchtlingsfrage kritisierten („bitte Vollgas geben“). Steuerliche Privilegien, sollten ein Druckmittel gewesen sein.
  • Die Ermittlungsbehörde schaffte mit einer Aussendung über 15 Schmid-Einvernahmen und dem Wunsch nach Kronzeugen-Status Fakten. Alle Verteidiger erhalten einige Stunden später den entsprechenden Akt – und er findet den Weg an die Öffentlichkeit.

Kurz geht in Offensive

Vor allem Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz steht jetzt im Fokus. Schmid habe „die ÖVP und Kurz aus dem Finanzministerium heraus gefördert, die Ressourcen des Ministeriums genutzt, um das Fortkommen der ÖVP unter Kurz zu unterstützen“, so das Geständnis. In einem aktuellen Facebook-Posting versucht sich Kurz zu wehren.

KOSMO betont, dass für alle hier Genannten die Unschuldsvermutung gilt!