KOSMO sprach mit der Wiener Stadträtin für Innovation, Stadtplanung und Mobilität, Ulli Sima über das stadtweite Parkpickerl, die Nordostumfahrung und den Ausbau der Öffis.
KOSMO: In den letzten Wochen entbrannte eine hitzige Diskussion rund um die neue Straßenanbindung für Aspern und Umgebung. Warum ist der Bau der Stadtstraße/Nordostumfahrung von so großer Wichtigkeit für Wien?
Ulli Sima: Die Stadtstraße Aspern ist Voraussetzung für den Weiterbau der Seestadt Aspern, eines der modernsten Stadtentwicklungsgebiete Europas. Aktuell werden dort die letzten Wohnungen gebaut, für den Weiterbau braucht es – neben dem Ausbau der Öffis – laut behördlichen Auflagen die Stadtstraße. Auch für die anderen Stadtentwicklungsgebiete im Nord-Osten der Stadt braucht es diese Straße –man stelle sich vor, man baut Städte wie Villach oder St.Pölten ohne Straßenanbindung. Insgesamt geht es um Wohnungen für rund 60 000 Menschen, die in diesen neuen Stadtentwicklungsgebieten entstehen werden, mit leistbarem Wohnraum für alle. Wenn wir diese Wohnungen nicht bauen, kommt es zu Wohnungsknappheit und damit höheren Wohnkosten in ganz Wien und das wollen wir verhindern! Und neben der Stadtentwicklung brauchen wir endlich Entlastung der Ortskerne in der Donaustadt, die schon heute massiv unter dem Verkehr leiden. Der Verkehr muss raus aus den Wohngebieten, von den kleinen Straßen und Schleichwegen – rauf auf die Stadtstraße.
Wie entgegnen Sie den Kritikern, die das Bauunternehmen als „nicht mehr zeitgemäß“ und „nicht umweltfreundlich“ betiteln?
Wien setzt immer zuerst auf die Öffis, die Wienerinnen und Wiener bewegen sich absolut umweltfreundlich fort, 2/3 der Menschen fahren öffentlich, mit dem Rad oder gehen zu Fuß. Aber klar ist, dass es für große neue Wohnsiedlungen wie die Seestadt Aspern auch eine Straßenanbindung braucht. Und ich möchte noch festhalten: Die Stadtstraße wurde in den Umweltverträglichkeitsprüfung auf Herz und Nieren geprüft und erfüllt strengste Umweltauflagen. Sie ist mit ihren 3,2km eine ganz gewöhnliche Gemeindestraße wie die Erzherzog-Karl-Straße mit einer Geschwindkeitsbeschränkung von 50km/h. Sie ist rund zur Hälfte untertunnelt, die restliche Strecke ist 2 bis 3 Meter tiefer gelegt und wird mit begrünten Lärmschutzwällen ausgestattet. Und noch eins: der kompakte Wohnbau in den Stadtentwicklungsgebieten schützt das Klima, denn wenn wir keine leistbaren Wohnungen schaffen, ziehen die Menschen ins Umland, versiegeln dort Boden, pendeln nach Wien.
Ab März 2022 wird fast ganz Wien zur Kurzparkzone, dafür gab es auch Kritik. Was versprechen Sie sich vom Wien-weiten Parkpickerl?
Mehr Platz für die Wienerinnen und Wiener und einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz in unserer Stadt! Wir führen das System fort, das sich seit Jahrzehnten bewährt, die Erfahrungen der bisherigen Pickerl-Einführungen zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung sehr zufrieden ist und sich kaum jemand die alte Situation zurückwünscht. Allein im Westen Wiens konnten nach Einführung des Pickerls rund 8.000 PKW-Fahrten pro Werktag weniger verzeichnet werden. Ganz klar ist, dass wir damit den Pendler-Verkehr reduzieren.
Die Einnahmen durch das Parkpickerl werden vor allem in den Ausbau der Öffis investiert. So wird es neben der U5 auch eine neue Straßenbahnlinie 27 geben. Welche Projekte stehen noch auf der Tagesordnung bzw. welche Gebiete müssen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln noch besser erschlossen werden?
Ganz klar: Die Einnahmen des Parkpickerls fließen in den Ausbau der Öffis, aktuell wird gerade die U2/U5 gebaut. Die U5 fährt künftig bis nach Hernals, die U2 bis zum Wienerberg. Die Linie 27 verbindet künftig Floridsdorf mit Aspern Nord. Bei neuen Stadtentwicklungsgebieten wie Rothneusiedl setzen wir auf Vorrang für den öffentlichen Verkehr, konkret die U 1-Verlängerung. Wir arbeiten laufend an der Verbesserung der öffentlichen Anbindung, aber auch an neuen Radverbindungen.
Sie forderten, dass der „öffentliche Raum grüner“ werden soll. Dazu sind zahlreiche Projekte gestartet. Wie können diese, der Hitze in der Stadt entgegenwirken und die Lebensqualität der WienerInnen verbessern?
Unser Motto ist ganz klar: Raus aus dem Asphalt! und viel mehr Begrünung auf Plätzen und Straßen. Ich habe die Stadtplanung auf neue Beine gestellt, setze auf Begrünen und Kühlen. Begrünungen wirken als natürliche Klimaanlagen und verbessern spürbar das Mikroklima. Pflanzen wirken als natürlicher Luftfilter, sie binden CO2 und produzieren Sauerstoff. Durch diese Art der Gestaltung des öffentlichen Raums mit Sprühnebelanlagen, Wasserspielen und ganz viel Begrünung machen wir Wien noch lebenswerter für alle.
Der Verkehr muss raus aus den Wohngebieten, von den kleinen Straßen und Schleichwegen – rauf auf die Stadtstraße.
Ulli Sima
Es sind nun ein Jahr unter Rot-Pink vergangen. Wie beurteilen Sie die bisherige Zusammenarbeit und was steht noch auf Ihrer To-Do-Liste?
Es war echt ein anstrengendes Jahr und meine neue Zuständigkeit als Verkehrs- und Planungsstadträtin ist echt herausfordernd. Aber es ist enorm viel weitergegangen, trotz Corona, das uns ja noch immer beschäftigt. Die Zusammenarbeit mit unserem Koalitionspartner funktioniert wirklich gut und ich bin stolz auf die vielen Projekte, die wir in den letzten 12 Monaten für die Menschen in unserer Stadt umgesetzt haben – wie das flächendeckende Parkpickerl, die vielen neuen, begrünten Plätze und Straßen, wie die Thaliastrasse, die Zollergasse, das Gersthofer Platzl, den Praterstern, um nur ein paar aus der langen Liste zu nennen. Wir gestalten gemeinsam mit den Bezirken den öffentlichen Raum für alle attraktiver, gerade in den Zeiten von Corona haben wir gesehen, wie wichtig dieser für die Menschen ist. Ja und klar, es ist noch viel zu tun – Rom wurde ja auch nicht in einem Jahr erbaut. Wir planen gerade das nächste Jahr durch, wir haben viele tolle Projekte auf der Liste und ich freue mich schon auf die Umsetzung!
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