Start Aktuelle Ausgabe
INTERVIEW

Vedran Gavrić: “Meine Lieder sprechen für mich!”

FOTO: Dina Ogrizovic

Vedran Gavrić ist aus Banja Luka nach Wien gekommen und beschäftigt sich mit Musik und Architektur. Er ist weit gereist, bevor er sich für Wien entschieden hat. Vedran glaubt an die bewegende Kraft der Kreativität, und während er durch Lieder mit uns spricht, sprechen die Lieder selber durch ihn und fordern von ihm, dass er sie ins Leben ruft.

So haben auch wir zu Beginn des Interviews einige seiner Lieder gehört, um besser verstehen zu können, was er mit uns teilen möchte. Die Musik ist seine Leidenschaft und eine Reise, auf der ihn auch diese Stadt inspiriert.

Warum hast du dich entschieden, gerade nach Wien zu kommen?
Viele Faktoren haben diese Entscheidung beeinflusst. Vor allem habe ich gespürt, dass es Zeit war, weiterzuziehen. Obwohl ich Banja Luka sehr liebe, habe ich gemerkt, dass der Moment gekommen war zu gehen, weil ich darüber hinausgewachsen war und meine Wünsche und Träume etwas größer geworden waren. Ich bin auf ein Schiff gegangen und durch die Welt gereist. Nach meiner Rückkehr habe ich das grüne Gras meiner Heimat gesucht, und als ich hierhergekommen bin, habe ich gesehen, dass es hier sehr grün und schön ist. Ich bin 9.000 oder 10.000 Kilometer gereist und habe begriffen, dass ich doch ein nostalgischer Typ bin, obwohl ich dachte, das sei ich nicht. Und dann habe ich Wien als idealen Ort entdeckt. Darum habe ich mich entschieden, dass dies das Zentrum Europas ist, dass es sehr nahe liegt und dass es einfach die logische Wahl ist. Es ist ein Kulturzentrum, eine Metropole, eine tolle Stadt und hier kann ich mich selber ausdrücken und zufrieden sein. Ich habe hier viele Freunde gefunden und hier lebt meine Freundin. Hier ist das Leben sehr schön.

Wann hast du deine Liebe zur Musik entdeckt?
Die ist einfach aus mir herausgebrochen, da gab es keinen bestimmten Punkt. Im Prinzip habe ich vor langem begonnen, Musik zu machen, schon vor ca. 15 Jahren, aber als mir die erste Gitarre in die Hände gefallen ist, war das einzige, was ich damals gesehen habe, wie großartig sie war! Das ist ein Gefühl, das mich dazu gebracht hat, ständig zu üben, zu lernen und daran zu arbeiten. Die Musik ist mir ans Herz und in die Hände gewachsen. Irgendwie ist die Gitarre ein Teil von mir. Wenn mich Menschen sehen, glauben sie wahrscheinlich, irgendwie eine virtuelle Gitarre an mir zu sehen. Mich hat interessiert, wie Menschen so starke Texte schreiben, wie sie Emotionen vermitteln und dann habe ich Online-Kurse dafür gefunden. Ich mache das meistens intuitiv, aber ich kenne auch die Werkzeuge, wenn ich nicht weiterkomme. Ich möchte an diesen Liedern wachsen und möglichst viel schaffen. Die Kreativität ist in Wirklichkeit das, was unsere Erde voranbringt.

Die Musik und du.
Schon seit längerem schreibe ich Musikstücke und 2013 habe ich mit einem Freund ein Studio gegründet. Wir hatten schon eigene Lieder, die ich in der Zeit davor geschrieben hatte, und waren bereit, sie zu veröffentlichen. Allerdings hatten wir in dem Moment nicht genügend Ressourcen, um renommierte Studios zu bezahlen. Darum haben wir uns entschieden, selber ein Studio aufzumachen, und da mich die Musik und die Produktion selber schon immer interessiert haben, habe ich mich entschlossen, das selber zu machen. Damit haben wir gezeigt, dass sich Kreativität immer irgendwie ausdrücken kann. Dass sie überhaupt nicht von den Finanzen oder irgendetwas anderem abhängt. Wichtig sind nur der Wunsch und die Liebe zu irgendeiner Tätigkeit. Die Lieder im Rahmen des Ajfel-Projekts, an dem wir damals gearbeitet haben, sind bereits veröffentlicht und haben ihre Hörer, und ich bin sehr stolz auf sie. Das sind meiner Meinung nach Lieder, die mir viele Türen geöffnet haben und die mir gezeigt haben, wie viel ich im Prinzip kann. Und das war an dem allen die wichtigste Lektion. Später kam der Moment, in dem ich gespürt habe, dass ich Banja Luka verlassen muss, und nach meinen Reisen habe ich meinen Platz hier in Wien gefunden, habe mein Studio übersiedelt und nehme weiterhin Lieder auf.

Wie würdest du deinen künstlerischen Stil beschreiben?
Ich entwickle meinen Stil eigentlich erst, als Art, in der ich mich selber ausdrücke. Was die Musik betrifft, die ich gerne höre, kann das Rock, Pop oder Jazz sein, was mir in dem Moment gerade gefällt. Ich mag verschiedene Stile. Es gibt Komponisten und Interpreten, die für mich definitiv Vorbilder waren, als ich noch gelernt habe und zum Musiker geworden bin, als ich noch neue Dinge gesucht habe. Noch heute höre ich einige Musiker wie Sting, Gibonni, Santana … gerne. Aber man muss sich definitiv selber finden, nachdem man so viel Musik gehört hat, nachdem man so viele Dinge kennengelernt und ausprobiert hat. Dann muss man sich auf sich selber einlassen und seinen persönlichen Stil finden. Was ich vertrete, ist in Wahrheit diese ursprüngliche, ehrliche Kreativität, wo wir uns selber vorstellen, und in meiner Musik kann man mich hören. Ich bin absolut dafür, dass ich mit meiner Musik sage: „Hey Leute, so bin ich, das bin ich“.

Sage uns etwas zu den Liedern, die noch herauskommen werden.
„Vrijeme da dušu odmorim“ („Zeit, die Seele baumeln zu lassen“) ist ein sommerliches Pop-Rock-Lied. Es ist eine Liebeserklärung. Aber es erzählt eigentlich von der Liebe zu meinem Schicksal. Ich singe über meine Begegnung mit dem Schicksal, als ich ihm etwas zu sagen hatte und sehr deutlich eine Antwort erhalten habe. Das zweite Lied „Hram“ („Tempel“) dreht sich um ein tiefes inneres Gefühl, das durch dieses Lied in den schönsten Worten den Menschen erklärt und vermittelt wird. Ich wage zu sagen, dass es autobiographisch ist. Ich muss den Menschen überhaupt nicht erzählen, wer ich bin. Die Lieder können das für mich sagen. Ich werde mich immer als Liedermacher vorstellen. Ich bin jemand, der Lieder interpretiert und für sich selber schreibt.

Die Instrumentierung in diesem Lied
Wenn ich ein Lied schreibe, spüre ich schon, wie es aus mir herauskommen wollte. Mit welcher Sensibilität. Dieses Lied wollte eine gewisse Breite spüren, das habe ich durch die Trompeten gehört und das weiß ich, bevor ich noch begonnen habe, es aufzunehmen. Ich habe nur darüber nachgedacht, wie ich die Trompete aufnehme, aber ich habe mich nicht gefragt, warum eigentlich eine Trompete. So entwickelt das Lied sich selber. Je nachdem, was es zeigen will. Es gibt verschiedene Arten, an das Liederschreiben heranzugehen. Wenn es Pianisten sind, hat das Lied eine andere Sensibilität, als wenn es von einem Gitarristen komponiert wird.

Aber du schreibst nicht nur die Lieder, sondern auch die Texte zu deinen Liedern.
Ich bezeichne mich immer als Liedermacher. Ich bin derjenige, der die Lieder interpretiert und für sich selber schreibt. Sicher werde ich eines Tages Mitarbeiter haben, mit denen ich Lieder und Arrangements und überhaupt die Idee für Projekte und Konzerte und alles Mögliche entwickle, je nachdem, wie es dann weitergeht. Derzeit mache ich all diese Dinge selbst und glaube, dass das der beste, der deutlichste Weg ist, zu zeigen, was ich eigentlich will und was ich den Menschen vermittle.

Du komponierst jetzt ein Lied und weißt, welche Gefühle du ausdrücken möchtest. Wie verläuft dieser schöpferische Prozess?
Das kommt drauf an. Manchmal fällt mir zuerst der Text ein, den das Lied enthalten soll, dann bildet der die Basis des Liedes. Manchmal ist es ein Akkord, den ich ganz fein in eine Akkordfolge einbaue und der mir eine Idee gibt, wie schön es klingen kann. Das muss dann ein Lied werden. Ich schreibe Lieder und die Lieder schreiben mich. Ich spreche mit ihnen, sie sprechen mit mir, und das ist es dann. Sie finden nur durch mich ihren Weg, wenn ich es zulasse. Wenn ich irgendwie verkrampft bin, sind sie auch verkrampft. Dann können sie auch nicht herauskommen.

Kreativität
Das, was alles antreibt, auch eure Zeitschrift, mich, Freundschaften und alles, das ist die Kreativität und Offenheit. Es gibt zwei Methoden: Was treibt uns zuerst an in unserem Schaffen? Liebe oder Angst? Definitiv ist es die Liebe, die uns zur Erfüllung unserer Wünsche und Träume führt. Die Menschen müssen sich an etwas orientieren, was ihnen keine Angst macht, nicht an etwas, vor dem sie davonrennen wollen, sondern an etwas, zu dem sie streben. Was sie tun und erreichen wollen, was sie um sich haben wollen. Es dreht sich also alles um unsere Wünsche. Wenn unsere Wünsche sich nicht auf das richten, was wir wirklich wollen, sondern auf das, was wir nicht wollen, gibt es keinen Fortschritt. Dann werden wir nicht besser.

Aber du bist nicht nur Liedermacher, sondern machst auch die Spots zu deinen Liedern. Liegt hier die Verbindung zwischen dem Architekturstudium und der Musik?
Natürlich, die audiovisuelle Kunst ist heute sehr weit entwickelt. Die heutigen Videospots sind eine Verbindung des Akustischen und des Visuellen, darum sehen die Menschen so gerne Videos in Verbindung mit Liedern. Ich finde, dass das nur eine Ergänzung des künstlerischen Ausdrucks ist. Darum bemühe ich mich immer, für jedes meiner Lieder auch ein passendes Video aufzunehmen, das dem, was ich vermitteln möchte, auch noch ein Bild hinzufügt. Manche erleben die Welt vor allem durch Bilder, andere durch Töne, wieder andere durch Gefühle. Aber dieser Musikspot ist eigentlich eine Abbildung all dessen in einem. Darum kommen regelmäßig Videospots heraus. Die nächsten Spots machen wir bereits mit unserem eingespielten Team.

Wann und wo kann das Publikum deine Lieder hören?
Man kann sie auf dem YouTube-Kanal “Vedran Music Official” und im Radio hören. Das hängt davon ab, welchen Sender man eingeschaltet hat. Auf meiner Seite kann man nachlesen, auf welchen Sendern wir gespielt werden, damit die Leute auf dem Laufenden sind. Jetzt gibt es viel Internet-Streaming, damit sind auch Sender, die in Bosnien oder Serbien stationiert sind, für jeden Hörer zugänglich. Auf der Facebook-Seite werden alle Informationen über Auftritte, Lieder, Konzerte etc. geteilt.

Autorin: Dina Ogrizović