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KOMMENTAR

Warum sich der Balkan in der demokratischen Steinzeit befindet!

Balkan demokratische Steinzeit
(FOTO: coolinarija.com/KOSMO)

KOMMENTAR. Ein Blick auf Geschichte und Gegenwart zeigt, dass es für den Balkan nur schwer möglich ist, im modernen Sinne demokratisch zu sein.

Der Balkan, oder „das schwarze Schaf Europas“, wie ihn einige böse Zungen bezeichnen würden, gehört zu den problematischsten Regionen der Gegenwart auf unserem Kontinent.

Politisch gesehen, gehören die souveränen Nationalstaaten des Balkans, egal ob es sich nun um die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens oder aber Albanien, Rumänien, Bulgarien usw. handelt, zu den sogenannten jungen Staaten. Ihre demokratische Geschichte ist kurz, kürzer als im großen Rest Europas und das hat extreme Auswirkungen auf das Verständnis für Demokratie im gesamten Balkanraum.

„Es herschen die Fremden“
Der Großteil des Balkans war über Jahrhunderte hinweg unter sogenannter Fremdherrschaft. Das Osmanische Reich, die österreich-ungarische Monarchie oder aber auch das erste und zweite Jugoslawien, bzw. kommunistischer Regime, welche aus heutiger Sicht ebenso als Herrschaft der Fremden in den jungen Nationalstaaten verstanden werden – die heutigen Nationalstaaten verstehen sich als „Befreiung des eigenen Volkes“ von dieser Fremdherrschaft.

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Die Affäre um Dodiks Sanktionen, Rechtsruck am kompletten Westbalkan, Kolindas Schokolade, der „Kosovo ist Serbien“-Zug und vieles mehr lassen einen ernsthaft darüber nachdenken, was am Balkan falsch läuft…

 

Diese Tatsache zieht große Folgen mit sich. Erstens: die neugegründeten Staaten sind zum Großteil aus ethnischen Gruppen entstanden, welche sich als Opfer bzw. Unterdrückte verstehen. Dieses „Opfertum“ hilft dabei, die ethnischen Gruppen mithilfe eines gemeinsamen Feindbildes zu vereinen und eine Nation zu bilden. Gleichzeitig bekräftigt dieses Verständnis aber auch Nationalismen und Diskriminierung der Bevölkerung, welche nicht zu der „gewünschten homogenen Kernnation“ gehört. Dabei ist es egal ob es sich um ethnische Gruppen im eigenen oder aber im benachbarten Land handelt.

Zweitens zieht diese Fremdherrschaft und die kurze demokratische Geschichte ein mangelndes Verständnis für Selbstregierung mit sich. Abgesehen davon, dass sich viele westliche Staaten in die innenpolitischen Angelegenheiten am Balkan einmischen, so befindet sich die Bevölkerung und die Politik der jungen Nationalstaaten in der Steinzeit der Demokratie.

100 Jahre VS 25 Jahre Demokratie
Hier bietet sich ein Vergleich mit z.B. Österreich an. Auch wenn es bereits demokratische Bestrebungen während der Monarchie gab, so wurde die Republik Österreich bereits 1918 als demokratischer Staat gegründet. Zwei Jahre später, im Oktober 1920 wurde bei einer Nationalversammlung das Bundesverfassungsgesetz beschlossen, welches besagt, dass Österreich eine demokratische Republik ist, in der das Recht vom Volk ausgeht.

Selbstverständlich wurde die Demokratie in Österreich mehrmals unterbrochen: sowohl mit dem Dollfuß-Regime als auch mit dem Anschluss an Hitler-Deutschland. Allerdings ist im Vergleich zu den jungen Nationalstaaten am Balkan die demokratische Tradition viel länger. Dies ermöglichte eine viel stärke Bewusstseinsbildung für die Werte, Regeln, Rechte und Pflichten eines Bürgers und der Politik in einer Demokratie, was bis heute am Balkan ausbleibt.