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Was bringt uns die Impfpflicht?

Was bringt uns die Impfpflicht? (FOTO: iStock)

Zwei Jahre ununterbrochenen Kampfes, der Einsatz von Wissenschaftlern, Ärzten und Politikern, drei neue Bundeskanzler, zwei Gesundheitsminister sowie der Einsatz von mehr als 17 Millionen Impfdosen haben das Corona-Problem für die österreichische Bevölkerung noch nicht gelöst. Daher müssen alle, die an die Wissenschaft glauben, aber auch diejenigen, die skeptisch sind, ab Februar ihre Ärmel hochziehen und sich am letzten Versuch, die Pandemie zu besiegen, beteiligen — nämlich an der verpflichtenden Impfung.

Auch wenn sie seit ihrer offiziellen Verkündung im letzten November zahlreiche Diskussionen hervorruft und viele Kontroversen nach sich zieht, ist eine Impfpflicht für die österreichische Gesellschaft nichts Neues, da die Massenimmunisierung der Bevölkerung ihre Wurzeln bereits im 18. Jahrhundert, in der Regierungszeit Maria Theresias, hat.

Die erste Massenimpfung
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verzeichnete die Habsburger Monarchie einen Pockenausbruch, der eine enorme Zahl an Opfern forderte, darunter auch Josepha, eine Tochter Maria Theresias. Da sie bereits ein Kind verloren hatte, aber auch selber an dieser damals meist tödlichen Krankheit erkrankt war, suchte die Erzherzogin nach einem Medikament. Dabei half ihr Joseph der II von Habsburg, der seine Gattin an diese Seuche verloren hatte. Da immer mehr Erkrankte verzeichnet wurden und das Heer bereits erheblich geschwächt war, aber auch weil die Dinge auf dem Arbeitsmarkt sehr schlecht standen, ordnete Maria Theresia in ihrer Sorge um die Zukunft des Landes an, einen Impfstoff gegen die Pocken an einhundert Waisenkindern zu erproben. Die Herrscherin setzte sich für die Methode der Inokulation bzw. für das Einritzen der Haut und die Einbringung von Pustelsekret Erkrankter ein. Allerdings stieß diese Art der Immunisierung bei der Bevölkerung auf wenig Sympathie und Anklang.

Die erste Massenimpfung fand im Jahre 1800 statt, als alle Einwohner von Brunn am Gebirge zur Verhinderung einer Ausbreitung der Pocken immunisiert wurden.

Die ersten wirksamen Impfungen, die für die Massenimmunisierung der Bevölkerung eingesetzt wurden, entstanden, nachdem der englische Landarzt Edward Jenner Kinder von den Pocken geheilt hatte, indem er ihnen durch einen Schnitt im Oberarm den Inhalt von Kuhpockenblasen injizierte und sie so langfristig schützte. Der Stoff, der bei dieser Immunisierung verwendet wurde, wurde Vakzin genannt, denn es wurden die Erreger einer Rinderkrankheit verwendet und das Rind heißt auf Lateinisch „vacca”. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Impfung wirkt, wurden zuerst die Kaiserkinder geimpft und später die Bevölkerung.

Danach fand bereits die erste Massenimpfung statt, als im Jahre 1800 zur Verhinderung einer Ausbreitung der Pocken alle Einwohner des Orts Brunn am Gebirge immunisiert wurden.

Die erste Pflichtimpfung
Im 20. Jahrhundert erlebte Österreich die erste Pflichtimpfung, als das nationalsozialistische Regime 1939 die Vorschriften des Dritten Reichs im Kampf gegen Infektionskrankheiten übernahm bzw. als das deutsche Recht auch in Österreich Geltung gewann. Ziel war erneut, die Ausbreitung der Pocken zu verhindern. Die Impfpflicht wurde später im Bundesgesetz über die Pockenimpfung verankert, das 1948 verabschiedet wurde und nach dem alle, die dieses Gesetz missachteten, eine Strafe von 1.000 Schilling zu zahlen hatten.

Das Bundesgesetz über die Pockenimpfung wurde 1948 verabschiedet.

Der Kampf gegen die Pocken dauerte mehr als drei Jahrzehnte an, bis die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diese Krankheit 1980 für ausgerottet erklärte und damit auch das Gesetz seine Gültigkeit verlor.
Obwohl viele Historiker Österreich für eine Pionierin der Impfung gegen die Kinderlähmung halten, ist diese Impfung ebenso wenig verpflichtend wie alle anderen Immunisierungen gegen Tetanus, Keuchhusten, Gelbsucht, Grippe, Windpocken, Mumps, Röteln, Hepatitis A und B, Meningokokken und Pneumokokken.

Die verpflichtende Corona-Impfung
PDie erste Pandemie der modernen Zeit, deren Ende trotz der verfügbaren Impfstoffe nach zwei Jahren noch immer unabsehbar ist, hat der österreichischen Bevölkerung die zweite Impfpflicht der neueren Geschichte gebracht. Denn wie der damalige Bundeskanzler Alexander Schallenberg im vergangenen November verkündete, wurde für Februar 2022 die Einführung einer Impfpflicht für die gesamte österreichische Bevölkerung beschlossen, unabhängig von ihrer Herkunft oder Staatsbürgerschaft.

Obwohl er einer der Befürworter der Impfpflicht war, blieb Schallenberg nicht lange genug im Amt, um an der Vorstellung des Gesetzes und seiner Umsetzung mitzuarbeiten. Stattdessen präsentierten Mitte Jänner der neue Kanzler Karl Nehammer, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler die neue Vorschrift. Einige Tage später verabschiedete das Parlament das Gesetzes mit einer Mehrheit der Stimmen (137 von insgesamt 170).
Nach den bisher vorliegenden Daten schützt die Corona-Impfung nicht vollständig vor einer Infektion mit der Krankheit, sondern mildert das klinische Bild und verhindert einen schweren Krankheitsverlauf. Da die Impfung einen leichten Verlauf der Infektion ermöglicht und damit eine Überlastung der Krankenhauskapazitäten und infolge dessen auch mögliche tödliche Verläufe verhindert, ist das Ziel, möglichst viele Menschen zu immunisieren.

Nach Meinung einzelner Experten könnte das Ziel für die kommenden Monate bei einer Immunisierung von 90 Prozent der Bevölkerung liegen. Daneben betont das Impfgremium auch, dass eine Impfpflicht nicht einfach so eingeführt werden kann, sondern gewisse Begleitmaßnahmen ergriffen werden müssen.

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Nachdem sie ihr Bachelorstudium an der Fakultät für Politikwissenschaften in Belgrad abgeschlossen hat, begann Aleksandra ihre journalistische Karriere bei der Tagespresse in Serbien, wo sie bis zu ihrem Master-Abschluss gearbeitet hat. Letztes Jahr verschlug es die wissbegierige Serbin schließlich nach Wien. Jetzt lebt sie ihre Leidenschaft für Journalismus als Redakteurin des KOSMO-Magazins aus. Stets professionell und mit viel Interesse, berichtet sie über aktuelle politische und gesellschaftliche Themen. In ihrer Freizeit liest die Politologin am liebsten ein Buch, oder entdeckt auf ihrem Fahrrad neue Orte in Wien.