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MEIN SCHICKSAL

Zeliha Cicek: Mein Kampf gegen Diskriminierung

Ist inzwischen ein Ende Ihrer Probleme in Sicht?

Zeliha Cicek: „Meine Probleme in der Arbeit hörten nicht auf. Es war die Zeit des zweiten pandemiebedingten Lockdowns, und da so eine große Corona-Angst herrschte, arbeiteten zwei Drittel der LehrerInnen von zu Hause. Ich ging in die Schule, denn ich fürchtete um meinen Arbeitsplatz, und der Inspektor hatte mich auch aufgefordert, ins Klassenzimmer zu gehen und dort zu sitzen, obwohl ich dort keinerlei Aufgaben hatte. In der Zeit, als die meisten KollegInnen zu Hause arbeiteten, spielte er mit mir und meiner Angst vor dem Virus.

Er machte mich fertig, nur weil ich kein Kopftuch getragen hatte. Das war ungerecht, aber ich war ohnmächtig. Nach einer schlaflosen Nacht rief ich gleich am Morgen die Rechtsschutzabteilung meiner Versicherung an. Es stellte sich heraus, dass das eine kluge Entscheidung gewesen war, denn mir wurde gesagt, dass ich einen Anwalt bekommen könnte, der meine Interessen schützen würde. Es war nicht meine Absicht, Staub aufzuwirbeln und irgendjemandem zu schaden, ich möchte um mein Recht kämpfen.“

Weswegen haben Sie die IGGÖ geklagt?

Zeliha Cicek: „Aus Willkür der Inspektoren der IGGÖ hatte ich jahrelang weniger Geld bekommen, weil ich keinen unbefristeten Vertrag hatte. Die IGGÖ vergibt nur schlechter bezahlte Einjahresverträge, einen unbefristeten Dienstvertrag mit der Stadt Wien bekommst du nur mit ihrer Zustimmung.  Sie hatten mir die Möglichkeit genommen, zusätzliche 33.000 Euro zu verdienen, nur weil ich kein Kopftuch trug. Dabei ist das nicht einmal ihr Geld, sondern das der österreichischen Steuerzahler.

Aber das war nur einer der Gründe, aus denen ich Klage gegen die IGGÖ erhob. In dem Prozess, den ich anstrengte, ging es auch um Diskriminierung. Ein Urteil steht noch immer aus, aber ich glaube an die Institutionen dieses Staates und hoffe, dass die Gerechtigkeit siegen wird. Mein Ziel ist vor allem, mit meinem Beispiel anderen Frauen, vor allem jungen, Mut zu machen.“

Was ist mit Ihrer Arbeit geworden?

Zeliha Cicek: Seit dem 7. Januar 2021 habe ich einen neuen Arbeitsplatz mit einem neuen Vertrag. Ich arbeite als Integrationslehrerin. Stellen Sie sich vor, ich habe mit einem Sondervertrag von Null begonnen, obwohl ich 14 Jahre lang als Religionslehrerin ebenfalls für die Bildungsdirektion gearbeitet hatte. Natürlich freute sich die Islamische Glaubensgemeinschaft über meinen Austritt, aber sicherlich nicht in demselben Maß, in dem ich mich freute. Ich arbeite jetzt Vollzeit und liebe diese Arbeit wirklich.“

Ihr älterer Sohn ist Imam. Wie ist Ihr Verhältnis?

Zeliha Cicek:„Nach der Matura in Wien hat sich mein Sohn in der Türkei für ein Theologiestudium eingeschrieben und ist jetzt Imam. Während der Pandemie leitete er eineinhalb Jahre eine Gemeinde in Salzburg. Als er sich jedoch im vergangenen Sommer bei der IGGÖ bewarb und um eine Stelle irgendwo in der Nähe von Wien bat, wurde er abgelehnt, weil ich seine Mutter bin. Wir hatten eine sehr gute Beziehung und hatten immer über viele Themen geredet. So war es, bis in einer Zeitung der erste Text über mich herauskam.

,,Ich möchte, dass alle wissen, dass ich eine stolze Muslimin bin, dass ich meine Religion liebe und lebe. Was hier passiert, ist keine Auflehnung gegen den Islam und gegen Allah, wie einige es gerne sehen wollen“, so Zeliha.

Damals distanzierte sich mein Sohn, der Imam, von mir, denn es störte ihn wirklich, dass ich kein Kopftuch mehr trug. Er sagte mir, dass ich ihm als Mutter besser gefallen hätte, als ich noch zu Boden blickte, wenn ich mit Männern sprach, und betonte, dass ich das für Allah getan hätte. Ich antwortete ihm, dass Allah das nicht von mir forderte. Leider predigt er das, wogegen ich kämpfe. Meine jüngeren Kinder unterstützen mich aber vollkommen.“

Was ist Ihre Botschaft zum Abschluss?

Zeliha Cicek: „Ich möchte, dass alle wissen, dass ich eine stolze Muslimin bin, dass ich meine Religion liebe und lebe. Was hier passiert, ist keine Auflehnung gegen den Islam und gegen Allah, wie einige es gerne sehen wollen.

Ich bin einfach nur gegen die Manipulationen, derer sich die Fürsprecher des politischen Islam bedienen und deren Opfer vor allem Frauen sind. Ich halte das Vorgehen einiger Religionslehrer für inhuman, wenn sie sechsjährigen Mädchen sagen, dass sie Kopftücher tragen sollen.

Was in Österreich passiert, wo jede Frau Entscheidungsfreiheit hat, ist schrecklich. Musliminnen müssen sich verstecken, um vor männlichen Blicken geschützt zu sein. Wenn der Imam sagt, dass man das für Allah tut, gibt es keine Diskussion. Es wird so gemacht, obwohl das reine Manipulation ist!“