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REPORTAGE

Zeugen Jehovas: „Wir verbreiten Liebe unter den Menschen“

(FOTO: Diva Shukoor)

„Jeder Zeuge Jehovas hat das Recht, in die Öffentlichkeit zu gehen und über unseren Glauben zu sprechen. Es gibt keine strikten Regeln über die Länge der Zeit, die sie in unsere Arbeit investieren müssen. Das entscheidet jeder selber. Es gibt keinerlei Zwang. Wir bemühen uns, gute Bürger zu sein, die Menschen zu Güte, Verständnis, Friedfertigkeit und Liebe zu bewegen. Der Wachtturm kommt ansonsten mit einer Auflage von 61.651.000 Exemplaren in 302 Sprachen heraus. Für uns wird er in Deutschland gedruckt und kostenlos verteilt, genau wie die gesamte andere Literatur, einschließlich der Bibel. Unsere Internetseite können Sie in 860 Sprachen lesen“, so lauten die überraschenden Zahlen.

In der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas gilt familiäre Gewalt als großer Verstoß. In den seltenen Fällen, in denen sie dennoch vorkommt, wird mit dem Täter geredet und dieses Verhalten bringt auch Konsequenzen für den Status in der Versammlung. Uns hat ihr Verhältnis zur Homosexualität interessiert.

„Homosexualität ist nichts, was uns schockiert, und wir verurteilen Homosexuelle nicht, solange sie ihre Homosexualität nicht mit Personen desselben Geschlechts ausleben. Wenn diese Person ihr Leben dennoch so weiterleben will, dann dringt unser Wort nicht in ihr Herz vor und wir weisen sie darauf hin, dass sie so nicht Zeuge Jehovas sein kann, denn unsere Wege haben sich getrennt“, ist Zoran kategorisch.

Die Gründe für einen Ausschluss aus der Gemeinschaft sind klar definiert, aber das wird nie übers Knie gebrochen, sondern es wird immer mit den Menschen geredet.

DER WACHTTURM. 61.651.000 Exemplare in 302 Sprachen.

„Ein Grund für den Ausschluss aus der Gemeinschaft ist Unmoral, und darunter verstehen wir: vorehelichen Sex, ehelichen und jeden sonstigen Betrug, Lügen, Diebstahl und Verleumdung. Das sind Dinge, die nach göttlichem Wort verboten sind. Wenn so etwas herauskommt, sprechen wir mit den Menschen, versuchen, zu ihren Herzen vorzudringen und ihnen zu helfen, ihre Fehler zu korrigieren. Wenn jemand es ablehnt, sich mit seinen Fehlern auseinanderzusetzen und sie zu bereuen, haben die Älteren der Versammlung die Autorität, ihn aus der Gemeinschaft auszuschließen und ihm zu verbieten, sich als Zeuge Jehovas zu bezeichnen“, ist eine Regel, von der nicht abgegangen wird, sagt Herr Milovanović.

Viele Menschen haben den Begriff Armageddon gehört, den sie mit dem Weltuntergang gleichsetzen. Weil das Teil der Lehre der Zeugen Jehovas ist, haben wir Zoran Milovanović gebeten, ihn uns zu erklären.
„Armageddon ist die göttliche Entscheidungsschlacht, die in der Bibel im Buch der Offenbarung beschrieben ist. Da heißt es, dass Gott, wenn es ihm einmal zu viel wird, was er auf der Erde sieht, das satanische System vernichten wird, und dieses besteht aus drei Teilen: Handel, Politik und falscher Religion. Die Bibel sagt, dass dann, wenn dieser Moment kommt, die ganze Welt von Jehova hören wird. Die Heilige Schrift führt an, dass niemand außer dem Gott Jehova weiß, wann dieser Tag kommt. Es gibt eine genaue Beschreibung der Situation, die dann eintreten wird.“

Fazit
Die Zeugen Jehovas sind unwahrscheinlich freundlich, höflich, elegant und ordentlich. Aber so sehr sie sich auch bemühen, die unsichtbaren Barrieren einzureißen, bleiben doch eine Distanz und eine gewisse Verschlossenheit, die fast fühlbar sind. Sie sagen nur das, was sie für nötig oder erlaubt halten. Sie sind fantastisch in der Vermeidung direkter und konkreter Antworten auf Fragen, die bestimmte Verbote bzw. feste religiöse Regeln betreffen. In jeden Satz wird in geradezu antrainierter Manier eine Dosis Religiosität hineingelegt und offene, freie Antworten werden vermieden. Am Ende des Interviews verlässt die Journalistin die Zeugen Jehovas ein wenig enttäuscht, denn es ist ihr nicht gelungen, irgendjemanden mit den vielleicht sogar etwas zu direkten Fragen zu provozieren, auch sein anderes, weniger glattes Gesicht zu zeigen. Keine Spur!

Vera Marjnaovic
Meine Berufung zur Journalistin entdeckte ich bereits als Sechzehnjährige während meiner Gymnasialzeit in Montenegro. Diesem Berufszweig bin ich seither treu geblieben. Nach meiner Ankunft in Wien widmete ich mich der Arbeit mit Mitgliedern der BKS-Gemeinschaft, wodurch ich tiefgreifende Einblicke in die Lebensgeschichten und sowohl die Triumphe als auch die Herausforderungen verschiedener Generationen gewann. Diese vielfältige Palette an Persönlichkeiten prägte meinen journalistischen Weg und festigte mein Engagement für soziale Themen.